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Bölling, Jörg; Jan Thorbecke Verlag [Editor]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Zwischen Regnum und Sacerdotium: Historiographie, Hagiographie und Liturgie der Petrus-Patrozinien im Sachsen der Salierzeit (1024-1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 52: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51257#0107

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106

II. Petrus-Patrozinien in Sachsen

bereits im 11. Jahrhundert erworben worden sein.529 Das im spätmittelalterlichen
Domschatzinventar genannte ccipud ist wohl aus dem Kopfreliquiar her zu er-
klären, wo Reliquien des Hauptes, etwa der besagte Zahn und vor allem wohl
nicht weiter zuzuordnende Partikel, synekdochisch nach dem Vorbild der
päpstlichen Kapelle zum Haupt des Petrus erklärt wurden. Woher das Schwert
gestammt haben soll, ist ohne Weiteres nicht mehr nachzuvollziehen. Nicht
einmal in der sonst so ausführlichen St.-Peters-Bruderschaft-Predigt erscheint es.
Johann Hemeling erklärt dieses Schwert in seinem Diplomatarium an zwei
verschiedenen Stellen. In seiner einführenden Auflistung der Heiltümer Bre-
mens weist er mit Bezug auf Johannes 18,10 darauf hin, mit diesem Schwert habe
Petrus dem Knecht Malchus das rechte Ohr abgehauen.530 Im Rahmen seiner
Bemerkungen zu den berühmten Heiltumsweisungen am Festtag Peter und
Paul, dem 29. Juni, weist Hemeling hingegen auf jene Episode hin, die für die
Zwei-Schwerter-Lehre von entscheidender Bedeutung werden sollte: Lukas 22,
36-38. Entgegen der biblischen Vorlage ist es in Hemelings Darstellung nicht ein
größerer Kreis der Jünger Jesu, sondern Petrus persönlich, der Jesus die zwei
Schwerter zeigt.531 Offenbar ließ die dingliche Materialität der Reliquie an das
Ohr des Malchus denken, ihre heilsame Präsentation hingegen an ihre einst
erfolgte Darreichung an den Heiland selbst. Wohl wegen des damit verbundenen
Bezuges zur Zwei-Schwerter-Lehre532 findet sich dieses Schwert in der Hand des
Petrus auf einem der Siegel des Offizials wieder.533 Neben geltenden Rechts-
vorstellungen scheinen hier aber auch Einflüsse von Verehrungsformen eben
jener städtischen Bevölkerung auf die Domkirche zurückgewirkt zu haben, die
ihre eigene petrinische Kultpraxis ursprünglich der Kathedrale und ihrem Ka-
pitel verdankte.
b) Minden
Petrus gilt in der älteren wie neueren Forschung unstrittig als ursprünglicher und
dauerhafter Patron von Dom und Bistum Minden, ergänzt durch den Neben-
patron Gorgonius.534 Schon in einem Diplom Ottos I. vom 7. Juni 961 wird der
Apostelfürst genannt.535 Als Haupt- und Nebenpatron der Mindener Kirche

529 Vgl. oben Kapitel 1.2.
530 Johann Hemeling, Diplomatarium (ed. Klink), HAB, Cod. Guelf. 142 Gud. lat., fol. 7a (S. 65).
531 Vgl. Johann Hemeling, Diplomatarium (ed. Klink), HAB, Cod. Guelf. 142 Gud. lat., fol. 85b
(S. 133 mit Anm. 1, wobei Klink hier den Unterschied zu Lukas 22,36-38 nicht herausstellt und
auf S. 65 Johannes 18,10 unerwähnt lässt).
532 Vgl. oben Kapitel 1.6.
533 Vgl. oben Anm. 505.
534 Brandt, Art. Minden - Domstift, S. 593; Ilisch/Kösters (Bearb.), Die Patrozinien Westfalens, S. 585;
Bölling, Distinktion durch Romrezeption. Zur Stadttopographie s. Hirschmann, Die Anfänge des
Städtewesens, S. 742-754.
535 DO I 227, S. 311 f., hier S. 311, Z. 1-3: qualiter vir venerabilis nomine Landwardus, episcopus scilicet
ecclesiae constructae in honorem sancti Petri principis apostolorum in loco qui dicitur Mindun attulit in
nostram praesentiam piissimi genitoris nostri caeterorumque antecessorum nostrorum regum constructa;
 
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