Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bölling, Jörg; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Zwischen Regnum und Sacerdotium: Historiographie, Hagiographie und Liturgie der Petrus-Patrozinien im Sachsen der Salierzeit (1024-1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 52: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51257#0078

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8. Kathedralen - Kirchen - Kapellen. Petrus-Patrozinien außerhalb Roms

77

doch auch um eine Steigerung der Individualität. Wie in anderen Bereichen342 so
war auch hier die persönliche Entscheidung des Einzelnen und der Einzelnen
gefragt.
Auch wenn es keine sächsische Pataria nach Mailänder Vorbild gegeben hat,
so zeigt sich doch deutlich, dass eine Wechselwirkung zwischen regionaler und
kurialer Ebene zu verzeichnen ist.

8. Kathedralen - Kirchen - Kapellen. Petrus-Patrozinien
außerhalb Roms
Die von Alters her bedeutendste Petrus-Kathedrale außerhalb Roms fand sich,
auch mittelalterlichem Verständnis nach, in Antiochia. In dieser Metropole des
antiken Mittelmeerraumes soll der erstberufene Jünger Jesu noch vor seinem
Wirken in Rom einen Bischofssitz begründet haben - ein Ereignis, das der ka-
rolingische Reichskalender - im Unterschied zu römischen Kalendaren - mit
einem eigenen Festtermin feierte.343 Die Stadt Antiochia führte Petrus im Siegel,
ebenso die von den Kreuzfahrern errichtete, einem lateinischen Patriarchen
unterstehende Kommune.344 Nach ihrer Eroberung richteten die Kreuzfahrer
sogar einen Appell an Papst Urban II., er möge als rechtmäßiger Nachfolger und
Stellvertreter des Apostelfürsten dessen erste Cathedra in Besitz nehmen und,
seinem persönlichen Kreuzzugsaufruf mm selbst folgend, mit ihnen gen Jeru-
salem ziehen.345 Eine nachhaltigere Rezeption scheint dieser Brief jedoch nicht
erfahren zu haben - weder von Seiten des Papstes und der Kurie, noch auf
anderem, indirektem Wege.
Große Verehrung kam dem Apostelfürsten in ganz Europa zu, besonders
etwa auch in England. Dort spielte die Betonung der römischen, von Papst
Gregor dem Großen initierten Mission in den Werken des Beda venerabilis eine
ebenso entscheidende Rolle wie die dauerhafte Bedeutung des päpstlichen
Missionsauftrags an Augustinus als den ersten Erzbischof von Canterbury, in
dessen Nachfolge sich alle englischen Erzbischöfe als Stellvertreter des Papstes
verstehen konnten, von dem sie das Pallium erhielten.346

342 Vgl. Keller, Die persönliche Entscheidung; Schneidmüller/Weinfurter, Ordnungskonfiguratio-
nen; Weinfurter, Die Macht der Reformidee; ders., Das Ende Heinrichs IV., ferner Weltecke,
Atheismus, Unglauben und Glaubenszweifel.
343 Borst, Der karolingische Reichskalender, Bd. 2, S. 484 f. mit Anm. 4 (zum 18. Januar).
344 Vgl. Münter, Sinnbilder und Kunstvorstelhmgen, Heft 2, 36 mit Anm. 36 f. und Kupfertafeln zu
Heft 2, VI Abb. 25. Der Avers zeigt eine durch diee Umschrift verdeutlichte halbfigürliche
Darstellung des Apostels Petrus mit Schlüssel und Kreuz.
345 Vgl. Hagenmeyer (Hg.), Epistulae et chartae, S. 161-165 (Nr. XVI), hier S. 164, Abschnitt 13. Diesen
Quellenhinweis verdanke ich Timo Kirschberger, M.A. (Göttingen), der mich im Rahmen der
gemeinsamen Vorbereitung des von uns gehaltenen Aufbauseminars „Papal and Patriarchal
Policy in the Crusader States" an der Universität Göttingen darauf aufmerksam gemacht hat.
Zum Kreuzzugsaufruf Urbans II s. Strack, The Sermon of Urban II.
346 Vollrath, Der Investiturstreit, S. 221 f.
 
Annotationen