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II. Petrus-Patrozinien in Sachsen
c) Osnabrück
Petrus gilt in Osnabrück sämtlichen einschlägigen Diplomen zufolge als zen-
traler Dom- und Bistumspatron.654 Die Urkundenfälschungen Bennos II. aus den
Jahren 1077-1079, angeblich 803 und 804 von Karl dem Großen ausgestellt,
mögen hier als unzureichende Nachweise erscheinen. Doch nicht Petrus ist hier
das Problem, sondern die Nebenpatrone Crispin und Crispinian: Um den An-
spruch einer frühen Bischofsgründung mit besonderen, im 11. Jahrhundert
strittigen Rechten auf den Zehnten zu untermauern, ließ Bischof Benno II. die
Reliquien der zu seiner Zeit in Osnbrück besonders verehrten Heiligen Crispin
und Crispinian zum Gründungsgeschenk Karls des Großen werden.655 Auffällig
ist dabei zudem, dass ihre Namen gleich nach dem des Apostelfürsten erschei-
nen und wie bei der Bremer Fälschung auch hier der Gründerbischof Wiho nicht
unberücksichtigt bleibt. So heißt es in dem auf den 19. Dezember 803 datierten
Diplom:
donamus ad basilicam sancti Petri principis apostolorum et sanctorum
martirum Crispini et Crispiniani, quam nos construximus in loco Osna-
brugki et corpora illorum illuc transtulimus, ubi praeest vir venerabilis Vuiho
episcopus 656
Im angeblichen Diplom vom 19. Dezember 804, das die Gründung des Ca-
rolinum als einer bischöflichen Schule für Latein und - für diese frühe Zeit
äußerst fraglich - Griechisch suggeriert, finden sich ganz ähnliche Formulie-
rungen. Es wird aber noch ein zusätzlicher Aspekt hervorgehoben: Die Bischof
Wiho unterstehende Osnabrücker ecclesia des Apostelfürsten Petrus und der
Märtyrer Crispin und Crispinian sei die älteste von ganz Sachsen:
[ecclesia], quam nos primam omnium in Saxonia in honore sancti Petri
principis apostolorum et sanctorum martirum Crispini et Crispiniani con-
struximus.657
Damit sagen diese Urkunden weit mehr über das späte 11. als über das frühe
9. Jahrhundert aus: Crispin und Crispinian sind geradezu gleichberechtigte
Nebenpatrone geworden und Gründerbischof Wiho erhält ein - womöglich am
Bremer Vorbild Willehad orientiertes - eigenes Gedenken, da es sich angeblich
um den ersten Bischof ganz Sachsens handelt.
Generelle Glaubwürdigkeit dürfen hingegen echte Bischofsurkunden be-
anspruchen, in denen es um andere Rechtsinhalte geht. In einigen dieser Ur-
kunden begegnet Petrus explizit als Rechtssubjekt der Kathedralkirche. So er-
654 S. zusammenfassend Streich, Klöster, Stifte und Kommenden, S. 106f.
655 Vgl. MGH D KdGr +271 und +273, die Petrus als Patron bezeichnen und zugleich das Grün-
dungsgeschenk der Reliquien von Crispin und Crispinian erwähnen; s. dazu Vogtherr, Die
Osnabrücker Kaiserurkunden, S. 124-131 und ausführlich unten Kapitel III.3b. Zur Stadttopo-
graphie s. Hirschmann, Die Anfänge des Städtewesens, S. 754-768 (Lit.).
656 MGH D KdGr +271, S. 401, Z. 37-39.
657 MGH D KdGr +273, S. 404, Z. 42 f.
II. Petrus-Patrozinien in Sachsen
c) Osnabrück
Petrus gilt in Osnabrück sämtlichen einschlägigen Diplomen zufolge als zen-
traler Dom- und Bistumspatron.654 Die Urkundenfälschungen Bennos II. aus den
Jahren 1077-1079, angeblich 803 und 804 von Karl dem Großen ausgestellt,
mögen hier als unzureichende Nachweise erscheinen. Doch nicht Petrus ist hier
das Problem, sondern die Nebenpatrone Crispin und Crispinian: Um den An-
spruch einer frühen Bischofsgründung mit besonderen, im 11. Jahrhundert
strittigen Rechten auf den Zehnten zu untermauern, ließ Bischof Benno II. die
Reliquien der zu seiner Zeit in Osnbrück besonders verehrten Heiligen Crispin
und Crispinian zum Gründungsgeschenk Karls des Großen werden.655 Auffällig
ist dabei zudem, dass ihre Namen gleich nach dem des Apostelfürsten erschei-
nen und wie bei der Bremer Fälschung auch hier der Gründerbischof Wiho nicht
unberücksichtigt bleibt. So heißt es in dem auf den 19. Dezember 803 datierten
Diplom:
donamus ad basilicam sancti Petri principis apostolorum et sanctorum
martirum Crispini et Crispiniani, quam nos construximus in loco Osna-
brugki et corpora illorum illuc transtulimus, ubi praeest vir venerabilis Vuiho
episcopus 656
Im angeblichen Diplom vom 19. Dezember 804, das die Gründung des Ca-
rolinum als einer bischöflichen Schule für Latein und - für diese frühe Zeit
äußerst fraglich - Griechisch suggeriert, finden sich ganz ähnliche Formulie-
rungen. Es wird aber noch ein zusätzlicher Aspekt hervorgehoben: Die Bischof
Wiho unterstehende Osnabrücker ecclesia des Apostelfürsten Petrus und der
Märtyrer Crispin und Crispinian sei die älteste von ganz Sachsen:
[ecclesia], quam nos primam omnium in Saxonia in honore sancti Petri
principis apostolorum et sanctorum martirum Crispini et Crispiniani con-
struximus.657
Damit sagen diese Urkunden weit mehr über das späte 11. als über das frühe
9. Jahrhundert aus: Crispin und Crispinian sind geradezu gleichberechtigte
Nebenpatrone geworden und Gründerbischof Wiho erhält ein - womöglich am
Bremer Vorbild Willehad orientiertes - eigenes Gedenken, da es sich angeblich
um den ersten Bischof ganz Sachsens handelt.
Generelle Glaubwürdigkeit dürfen hingegen echte Bischofsurkunden be-
anspruchen, in denen es um andere Rechtsinhalte geht. In einigen dieser Ur-
kunden begegnet Petrus explizit als Rechtssubjekt der Kathedralkirche. So er-
654 S. zusammenfassend Streich, Klöster, Stifte und Kommenden, S. 106f.
655 Vgl. MGH D KdGr +271 und +273, die Petrus als Patron bezeichnen und zugleich das Grün-
dungsgeschenk der Reliquien von Crispin und Crispinian erwähnen; s. dazu Vogtherr, Die
Osnabrücker Kaiserurkunden, S. 124-131 und ausführlich unten Kapitel III.3b. Zur Stadttopo-
graphie s. Hirschmann, Die Anfänge des Städtewesens, S. 754-768 (Lit.).
656 MGH D KdGr +271, S. 401, Z. 37-39.
657 MGH D KdGr +273, S. 404, Z. 42 f.