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Bölling, Jörg; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Zwischen Regnum und Sacerdotium: Historiographie, Hagiographie und Liturgie der Petrus-Patrozinien im Sachsen der Salierzeit (1024-1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 52: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51257#0353

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352

Zusammenfassung

empfindlich gestörten - corpus incorruptum wieder auf. In Bremen, wo Felicianus
nur in Texten beansprucht und nicht durch Reliquien gezeigt wurde, kam eine
solche, freilich ebenfalls zeitlich begrenzte Dominanz nur dem besagten, sei-
nerseits mit vollständigen Gebeinen verehrten Gründerbischof Willehad zu.
Die Osnabrücker Nebenpatrone erinnern in vielfacher Hinsicht an ihre
Bremer Pendants. Urkundenfälschung durch Bischof Benno II. diente hier nicht
nur dazu, die Gründung des Bischofssitzes zusätzlich zu nobilitieren, sondern
auch Crispin und Crispinian als angeblich schon frühe Patrone und ihren ver-
meintlichen Stifter Karl den Großen als Heiligen zu verehren. Für Bischof Benno
selbst blieb da nur der Rückzug zum römischen Clemens, der als erster bi-
schöflicher Nachfolger Petri in Rom himmlische Bezugsperson des von Heinrich
III. eingesetzten Papstes Clemens II. und des von Heinrich IV. unterstützen Ge-
genpapstes Clemens III. war. Die restlichen Nebenpatrone sorgten ähnlich wie in
Bremen und Minden für ein gewisses weltumspannendes Flair. Dabei ist das
Verhältnis der Nebenpatrozinien untereinander nicht immer eindeutig zu klären
und oft auch Schwankungen unterworfen. So wurden die Nebenpatrone Crispin
und Crispinian am ganz offensichtlich bereits als lokaler Festtag bestehenden
Reginentag transferiert. Reginas Reliquien waren wohl schon vorhanden - es sei
denn, ihre reine Kommemoration wäre dem Reliquienerwerb vorausgegangen.
In jedem Fall verdrängten Crispin und Crispinian Regina nicht, sondern er-
gänzten sie, wobei sie selbst freilich an Bedeutung zunahmen, um dadurch
dauerhaft aber wiederum Reginas gesonderte Verehrung zu beflügeln. Die eta-
blierten Nebenpatrozinien wurden in ihrer eigenen Relevanz jedoch selten ge-
schmälert und niemals ganz verdrängt, sondern lediglich ergänzt - ebenso wie in
letzter Instanz der Hauptpatron Petrus.
In Naumburg steht das Doppelpatrozinium Petrus und Paulus derart im
Vordergrund, dass Nebenpatrone hauptsächlich kalendarische Bedeutung er-
halten zu haben scheinen. Reliquientranslationen sind nicht bekannt, dafür aber
die Übertragung hagiographischer Literatur: der Viten Leonhards. Ausschlag-
gebend hierfür war aber die persönliche Verehrung dieses Heiligen durch Bi-
schof Walram. In der geschichtsträchtigen, unfreiwillig historiographischen
Korrespondenz setzt er ganz auf seinen zweiten Patron, den heiligen Paulus,
ohne Leonhard eines einzigen Wortes zu würdigen. Offenbar war das beide
Apostelfürsten umfassende Patrozinium auch den anderen Bischofssitzen ge-
genüber derart einzigartig, dass es keiner weiteren Distinktionsmerkmale und
keines besonderen regionalen Heiligenschutzes bedurfte.
Ortsansässige und transferierte Heilige
Die zweite systematische Frage nach der Bedeutung der transferierten gegen-
über den ortsansässigen Heiligen lässt sich hinsichtlich der einzelnen Bischofs-
sitze jeweils sehr knapp und bündig beantworten: In Bremen dominierten der
Gründerbischof Willehad und erste Erzbischof Ansgar gegenüber Kosmas und
Damian sowie den anderen von auswärts stammenden Heiligen. In Minden
hingegen wurden ausschließlich transferierte Nebenheilige verehrt, allen voran
 
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