IV. Nebenpatronate und Heiligenkulte der
sächsischen Petrus-Kathedralen
Historiographie, Hagiographie und Liturgie der sächsischen Petrus-Kathedralen
lassen weit weniger über die lokale Bedeutung des Apostelfürsten selbst er-
kennen als über die Rolle der jeweiligen Nebenpatronate. Nicht nur Petrus selbst,
sondern auch die Patroninnen und Patrone, die unter seiner Ägide in den Domen
verehrt wurden, forderten zur eigenen Positionierung im Spannungsfeld von
Regnum und Sacerdotium heraus. Daher sind die historiographischen, hagio-
graphischen und liturgischen Texte zu diesen Heiligen erneut zu betrachten und
die bereits gewonnenen Ergebnisse mit Blick auf die Auseinandersetzungen der
beiden Sphären zu ergänzen und gesondert auszuwerten. Es stellt sich dabei
insbesondere die Frage, ob die Ortsheiligen den Apostelfürsten verdrängten,
sich auf gleicher Augenhöhe dazugesellten oder ihn ergänzten. Auch ist zu
untersuchen, ob Unterschiede zwischen alten und neuen Heiligen festzustellen
sind, insbesondere zwischen den einst zu Lebzeiten in der Ortskirche selbst
wirkenden Heiligen, etwa den Bremer Bischöfen, und den postum von außen
hinzugekommenen, transferierten, wie Gorgonius in Minden und die beiden
Gefährten Crispin und Crispinian in Osnabrück. Schließlich ist zu bedenken,
welche Rolle persönliche Vorlieben einzelner Bischöfe spielten, etwa die des
Naumburger Oberhirten Walram für den von ihm eigens als Pilger auf gesuchten
heiligen Leonhard von Noblat.
1. Bremen
a) Willehad - Ansgar - Rimbert. Missionsbischöfe der Gründerzeit
Petrus blieb offenbar das gesamte Mittelalter hindurch der eigentliche Patron des
Bremer Domes.1378 Gleichwohl bildeten die als Heilige verehrten Bremer Bischöfe
eine besondere „einheitsstiftende Klammer" für die Diözese.1379 Willehad er-
reichte als erster Bischof des Bistums im Laufe des 11. Jahrhunderts eine Popu-
larität, die ihn zumindest aus der Perspektive seiner Nachfolger und wohl auch
weiter Teile der Bevölkerung als heimlichen Patron der ersten Bistumskirche
erscheinen ließen. Dies zeigt sich vor allem in liturgischer und hagiographischer
Hinsicht, und zwar am deutlichsten im Codex Vicelinus. Die darin überlieferten
einschlägigen Antiphonen bilden ein geschlossenes Willehad-Officium,1380 und
die einleitende Übersicht zu den Viten Willehads, Ansgars und Rimberts hebt
1378 S. oben Kapitel Il.la.
1379 Zur einheitsstiftenden Bedeutung heiliger Bischöfe „als einheitsstiftende Klammer" für die ei-
gene Diözese vgL Flachenecker, Heilige Bischöfe.
1380 Münster, Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Westfalen, Msc. I, 228, foL 21 v- 24r. S.
dazu ausführlich oben Kapitel III.la.
sächsischen Petrus-Kathedralen
Historiographie, Hagiographie und Liturgie der sächsischen Petrus-Kathedralen
lassen weit weniger über die lokale Bedeutung des Apostelfürsten selbst er-
kennen als über die Rolle der jeweiligen Nebenpatronate. Nicht nur Petrus selbst,
sondern auch die Patroninnen und Patrone, die unter seiner Ägide in den Domen
verehrt wurden, forderten zur eigenen Positionierung im Spannungsfeld von
Regnum und Sacerdotium heraus. Daher sind die historiographischen, hagio-
graphischen und liturgischen Texte zu diesen Heiligen erneut zu betrachten und
die bereits gewonnenen Ergebnisse mit Blick auf die Auseinandersetzungen der
beiden Sphären zu ergänzen und gesondert auszuwerten. Es stellt sich dabei
insbesondere die Frage, ob die Ortsheiligen den Apostelfürsten verdrängten,
sich auf gleicher Augenhöhe dazugesellten oder ihn ergänzten. Auch ist zu
untersuchen, ob Unterschiede zwischen alten und neuen Heiligen festzustellen
sind, insbesondere zwischen den einst zu Lebzeiten in der Ortskirche selbst
wirkenden Heiligen, etwa den Bremer Bischöfen, und den postum von außen
hinzugekommenen, transferierten, wie Gorgonius in Minden und die beiden
Gefährten Crispin und Crispinian in Osnabrück. Schließlich ist zu bedenken,
welche Rolle persönliche Vorlieben einzelner Bischöfe spielten, etwa die des
Naumburger Oberhirten Walram für den von ihm eigens als Pilger auf gesuchten
heiligen Leonhard von Noblat.
1. Bremen
a) Willehad - Ansgar - Rimbert. Missionsbischöfe der Gründerzeit
Petrus blieb offenbar das gesamte Mittelalter hindurch der eigentliche Patron des
Bremer Domes.1378 Gleichwohl bildeten die als Heilige verehrten Bremer Bischöfe
eine besondere „einheitsstiftende Klammer" für die Diözese.1379 Willehad er-
reichte als erster Bischof des Bistums im Laufe des 11. Jahrhunderts eine Popu-
larität, die ihn zumindest aus der Perspektive seiner Nachfolger und wohl auch
weiter Teile der Bevölkerung als heimlichen Patron der ersten Bistumskirche
erscheinen ließen. Dies zeigt sich vor allem in liturgischer und hagiographischer
Hinsicht, und zwar am deutlichsten im Codex Vicelinus. Die darin überlieferten
einschlägigen Antiphonen bilden ein geschlossenes Willehad-Officium,1380 und
die einleitende Übersicht zu den Viten Willehads, Ansgars und Rimberts hebt
1378 S. oben Kapitel Il.la.
1379 Zur einheitsstiftenden Bedeutung heiliger Bischöfe „als einheitsstiftende Klammer" für die ei-
gene Diözese vgL Flachenecker, Heilige Bischöfe.
1380 Münster, Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Westfalen, Msc. I, 228, foL 21 v- 24r. S.
dazu ausführlich oben Kapitel III.la.