Einleitung
Regnum und Sacerdotium.
Forschungsstand und offene Fragen
Die rund hundert Jahre vom zweiten Viertel des 11. bis zum ersten Viertel des
12. Jahrhunderts bilden in der geschichtswissenschaftlichen Forschung und
Lehre eine vielfach behandelte Epoche, die in der Regel nach drei zeittypischen
Phänomenen bezeichnet wird: nach dem Geschlecht der Salier, nach den Re-
formanliegen der Päpste oder nach der Auseinandersetzung zwischen beiden
Polen - wegen der neben Nikolaitismus und Simonie besonders schwerwie-
genden Frage der Bischofseinsetzungen auch „Investiturstreit" genannt. Die
Beschäftigung mit den Saliern steht in der Tradition eines traditionell nationalen,
in der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts aufkeimenden Interesses, das
jüngst jedoch neue wegweisende Impulse erhalten hat.1 Das quellenmäßig
ebenfalls gut greifbare Reformpapsttum war schon früh Gegenstand kanonisti-
scher und kirchengeschichtlicher Untersuchungen, erfährt aber seit Beginn des
20. Jahrhunderts auch von historischer Seite zunehmende Beachtung, insbe-
sondere mit Blick auf das Konzept der „Liberias ecclesiae".2 Dabei gelten spe-
zifischere Interessen etwa auch dem innerkirchlichen Verhältnis von geistlicher
und weltlicher Macht, Religion und Gewalt (vor allem Gottesfriede und
Kreuzzug), Papstprimat und Synodalstrukturen sowie Zentrum und Peripherie.3
1 VgL dazu etwa den Ausstellungsband von Heeg (Hg.), Die Salier; Schneidmüller/Weinfurter
(Hgg.): Salisches Kaisertum und neues Europa (Lit.) sowie nach wie vor Weinfurter (Hg.), Die
Salier und das Reich; ferner ders., Herrschaft und Reich; ders., Das Jahrhundert der Salier; ders.,
Idee und Funktion; ders., Das Reich im Mittelalter, S. 82-112; Keller, Deutschland, S. 57-216;
Struve, Salierzeit im Wandel; Boshof, Die Salier; Petersohn, Kaisertum und Rom; Schwarzmaier,
Von Speyer nach Rom; Oesterle, Kalifat und Königtum; Bihrer, Begegnungen; Clauss, Die Salier.
S. auch neuere Biographien und Sammelbände zu einzelnen Herrschern, etwa Erkens, Konrad II.,
und Wolfram, Konrad II., sowie Althoff (Hg.), Heinrich IV., und Lubich (Hg.), Heinrich V.
2 Tellenbach, Libertas ecclesiae; Szabö-Bechstein, Libertas ecclesiae; vgL demgegenüber für Formen
von „libertas" in der römischen Antike etwa Behrends, Das Vindikationsmodell. Zur besonders
dichten Überlieferung einschlägiger Quellen aus der Amtszeit Gregors VII. vgL bereits Esch,
Überlieferungs-Chance und Überlieferungs-Zufall, S. 540 mit Anm. 18, zu den unterschiedlichen
Epochenjahren des kaiserlichen „Dynastiewechsels von 1024" und des päpstlichen „Genera-
tionenwechsel[s] von 1039" auch ders., Zeitalter und Menschenalter, S. 330 mit Verweis in
Anm. 46 auf Schieffer, Heinrich II. und Konrad II.
3 Jakobs, Kirchenreform und Hochmittelalter; Althoff, Libertas ecclesiae; Hoffmann, Gottesfriede
und Treuga Dei, S. 217-228 und 231; Erdmann, Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens;
Robinson, The Papacy; Suchan, Macht verschafft sich Moral?; Althoff, Päpste und Gewalt, mit
neuen Hinweisen auf alttestamentliche Referenztexte Gregors VII.; ders., Das Amtsverständnis
Gregors VII. Zum Verhältnis Gregors VII. zur Gewalt s. auch Angenendt, Toleranz und Gewalt,
S. 421 f., zu Gregors innerkirchlichem Leitungsanspruch ebd. S. 360 f., zum Eintreten dieses
Regnum und Sacerdotium.
Forschungsstand und offene Fragen
Die rund hundert Jahre vom zweiten Viertel des 11. bis zum ersten Viertel des
12. Jahrhunderts bilden in der geschichtswissenschaftlichen Forschung und
Lehre eine vielfach behandelte Epoche, die in der Regel nach drei zeittypischen
Phänomenen bezeichnet wird: nach dem Geschlecht der Salier, nach den Re-
formanliegen der Päpste oder nach der Auseinandersetzung zwischen beiden
Polen - wegen der neben Nikolaitismus und Simonie besonders schwerwie-
genden Frage der Bischofseinsetzungen auch „Investiturstreit" genannt. Die
Beschäftigung mit den Saliern steht in der Tradition eines traditionell nationalen,
in der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts aufkeimenden Interesses, das
jüngst jedoch neue wegweisende Impulse erhalten hat.1 Das quellenmäßig
ebenfalls gut greifbare Reformpapsttum war schon früh Gegenstand kanonisti-
scher und kirchengeschichtlicher Untersuchungen, erfährt aber seit Beginn des
20. Jahrhunderts auch von historischer Seite zunehmende Beachtung, insbe-
sondere mit Blick auf das Konzept der „Liberias ecclesiae".2 Dabei gelten spe-
zifischere Interessen etwa auch dem innerkirchlichen Verhältnis von geistlicher
und weltlicher Macht, Religion und Gewalt (vor allem Gottesfriede und
Kreuzzug), Papstprimat und Synodalstrukturen sowie Zentrum und Peripherie.3
1 VgL dazu etwa den Ausstellungsband von Heeg (Hg.), Die Salier; Schneidmüller/Weinfurter
(Hgg.): Salisches Kaisertum und neues Europa (Lit.) sowie nach wie vor Weinfurter (Hg.), Die
Salier und das Reich; ferner ders., Herrschaft und Reich; ders., Das Jahrhundert der Salier; ders.,
Idee und Funktion; ders., Das Reich im Mittelalter, S. 82-112; Keller, Deutschland, S. 57-216;
Struve, Salierzeit im Wandel; Boshof, Die Salier; Petersohn, Kaisertum und Rom; Schwarzmaier,
Von Speyer nach Rom; Oesterle, Kalifat und Königtum; Bihrer, Begegnungen; Clauss, Die Salier.
S. auch neuere Biographien und Sammelbände zu einzelnen Herrschern, etwa Erkens, Konrad II.,
und Wolfram, Konrad II., sowie Althoff (Hg.), Heinrich IV., und Lubich (Hg.), Heinrich V.
2 Tellenbach, Libertas ecclesiae; Szabö-Bechstein, Libertas ecclesiae; vgL demgegenüber für Formen
von „libertas" in der römischen Antike etwa Behrends, Das Vindikationsmodell. Zur besonders
dichten Überlieferung einschlägiger Quellen aus der Amtszeit Gregors VII. vgL bereits Esch,
Überlieferungs-Chance und Überlieferungs-Zufall, S. 540 mit Anm. 18, zu den unterschiedlichen
Epochenjahren des kaiserlichen „Dynastiewechsels von 1024" und des päpstlichen „Genera-
tionenwechsel[s] von 1039" auch ders., Zeitalter und Menschenalter, S. 330 mit Verweis in
Anm. 46 auf Schieffer, Heinrich II. und Konrad II.
3 Jakobs, Kirchenreform und Hochmittelalter; Althoff, Libertas ecclesiae; Hoffmann, Gottesfriede
und Treuga Dei, S. 217-228 und 231; Erdmann, Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens;
Robinson, The Papacy; Suchan, Macht verschafft sich Moral?; Althoff, Päpste und Gewalt, mit
neuen Hinweisen auf alttestamentliche Referenztexte Gregors VII.; ders., Das Amtsverständnis
Gregors VII. Zum Verhältnis Gregors VII. zur Gewalt s. auch Angenendt, Toleranz und Gewalt,
S. 421 f., zu Gregors innerkirchlichem Leitungsanspruch ebd. S. 360 f., zum Eintreten dieses