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Bölling, Jörg; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Zwischen Regnum und Sacerdotium: Historiographie, Hagiographie und Liturgie der Petrus-Patrozinien im Sachsen der Salierzeit (1024-1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 52: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51257#0135

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134

II. Petrus-Patrozinien in Sachsen

der so genannten Liebfrauen- oder Überwasserkirche.688 In St. Mauritz weisen
von Bischof Erpho gestiftete Reliquien im Kreuz von 1090 auf den Apostelfürsten
hin, ferner ein offenbar von Bischof Friedrich I. (1064-84) eingeführtes Convi-
vium des Stifts am Hochfest Peter und Paul (29. Juni). In der 1040 samt Frau-
enstift errichteten Überwasserkirche, wozu Kaiser Heinrich III. das Weih-
nachtsfest in Münster feierte,689 weihte der Münsteraner Bischof Hermann als der
entscheidende Stifter und Oberhirte im Beisein der ersten Äbtissin, seiner
Schwester Bertheith, persönlich den Westaltar zur Ehre Petri und Pauli sowie
weiterer Heiliger, quorum nomina scripta sunt in caelis.690 Nach einem Brand im
Jahre 1071 heben spätere Weihenotizen zum Westschiff Petrus hervor (1085)691
und ergänzen ihn zusammen mit Paulus nun auch für den Hauptaltar (1086) und
den Nonnenchor (1088).692 Im Bistum selbst sind neben Freckenhorst vor allem
Erwähnungen in Billerbeck (1074), Borghorst und Cappenberg (1122) zu nennen.
Von Vreden aus gab es später regelmäßig am 29. Juni eine Prozession nach
Ammeloe, doch ist diese für die Salierzeit noch nicht greifbar.693
Noch häufiger als im Bistum Münster war Petrus in der Diözese Paderborn
vertreten, obgleich diese statt Paulus Maria (später Liborius) unterstand und
nicht zur Kölner, sondern zur Mainzer Kirchenprovinz gehörte. In der Stadt
finden sich gleich zwei wichtige Kirchen mit Petrus-Patrozinium: die 1015 als
Marienpatrozinium gegründete, 1031/32 dann jedoch Petrus und Paulus ge-
weihte Benediktinerabtei Abdinghof und das 1036 gegründete Busdorfstift. Der
Dom verwahrte in seiner Krypta, die der Aufnahme des 836 aus Le Mans nach
Paderborn transferierten heiligen Liborius diente, ab dem 11. Jahrhundert Reli-
quien von Kette und Bett des Petrus.694 Hier könnte eine Rolle spielen, dass
Bischof Imad die Gebeine des Liborius 1068 in den Westchor umbettete und dort
einen entsprechenden Altar sowie davor seine eigene Memoria stiftete.695 Im
Bistum sind ebenfalls mehrere Patrozinien verbürgt: Corvey, Iburg bei Driburg
(zu Kloster Gehrden), Heepen, Heiden/Lippe, Höxter, Obermarsberg, Scherfede,

688 Ebd. (mit teilweise gegenüber den im Folgenden genannten Quellen abweichenden Jahresan-
gaben). Zum Grundbesitz der Überwasserkirche s. v. a. Balzer, Adel - Kirche - Stiftung, S. 163-
341.
689 Diesen Aufenthalt bezeichnet Leidinger, Die Salier und Westfalen, S. 185, zu Recht als einen „der
glanzvollsten Höhepunkte im Verhältnis der Salier zu Westfalen".
690 Notae Monasterienses, MGH SS 16, S. 439, Z. 15-19.
691 Vgl. ebd. S. 440. Z. 24: et specialiter sancti Petri apostoli.
692 Vgl. ebd. S. 440, Z. 40 und S. 441, Z. 15. Zur Liebfrauenkirche s. auch Hirschmann, Die Anfänge
des Städtewesens, S. 775 f. (Lit.).
693 Über den Liber Ordinarius von Vreden hat die Göttinger Studentin Anna Renziehausen jüngst
eine Bachelor-Arbeit verfasst. Zur Billerbecker Weiheinschrift von 1074 s. zuletzt Neumüllers-
Klauser, Schriftentwicklung, S. 48 f.
694 Ilisch/Kösters (Bearb.), Die Patrozinien Westfalens, S. 592; zu Abdinghof s. auch Balzer, Die
Gründung des Klosters Abdinghof, S. 57 und 60. Liborius wurde im 11. Jahrhundert allerdings
auch im Westen des Domes besonders verehrt, eine Tradition, die möglicherweise sogar schon
auf die Translation unter Bischof Badurad (815-636) zurückgeht; vgl. ebd. S. 414. Zum älteren
Marienpatrozinium der Abdinghofkirche s. Balzer, Die Gründung des Klosters Abdinghof, S. 52
mit Anm. 9 f.
695 Vgl. oben Anm. 524.
 
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