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IV. Nebenpatronate und Heiligenkulte der sächsischen Petrus-Kathedralen
Kanoniker sterben müsse. Wiederum fügt Tribbe eine illustrierende Geschichte
an: Von „Hermann Scoseker" sei ihm mehrfach zugetragen worden, dass dieser
einmal nach der Vesper im Chor gewesen sei und ein Geräusch gehört habe, als
wenn jemand mit einem Stein werfe. Daraufhin habe er jemanden nach draußen
vor die Kirche geschickt, um zu sehen, ob dort ein Mann sei. In der Zwischenzeit,
als der Beauftragte draußen vor der Kirche war, hörte er es angeblich ein zweites
Mal aufschlagen, und als er zurückkehrte, vernahmen sie beide einen dritten
Schlag. Und nach etwas mehr als vierzehn Tagen sei „H(ennygus) de Bodendike"
(Bodenteich) verstorben.1582 Carporphorus und Theodorus hingegen werden von
Tribbe nur aufgelistet.
Bereits Hermann von Lerbeck nennt eine theca argentea, allerdings nicht für
den heiligen Felicianus, sondern als Reliquiar des heiligen Timotheus, von dem
man in Minden immerhin eine magna pars habe. Da die Ankunft seiner Reliquien
in Minden am 5. März gefeiert wurde,1583 mag diese ältere Zuordnung die rich-
tige sein. Während Timotheus in beiden Reliquienverzeichnissen des Domes,
dem hierarchisch-qualitativen wie dem materiell-quantitativen, zusammen mit
Gorgonius noch vor den corpora integra auf gelistet wird,1584 präsentiert Hermann
von Lerbeck zunächst die erwähnten Heiligen mit ganzen Gebeinen: Felicianus,
Carpophorus, Abundus, Theodorus und Sophia, angeblich die vidua, gemeint
aber laut Reliquienliste hier c’zrgo.1585 Die prominente Stellung des Timotheus in
den beiden älteren, liturgisch relevanten Listen mag daher rühren, dass er in
ähnlicher Weise mit Paulus in Verbindung stand wie Gorgonius mit Petrus. Hatte
Petrus den Gorgonius nach Minden gesandt, so wurde Timotheus als apostel-
gleicher Schüler des Völkerapostels verehrt (Timothei apostoli et martyris atcpie
discipuli Pauli).1586 Erst Herrmann von Lerbeck spricht verkürzend vom „Apo-
stel".1587 Tribbe interessiert sich dann offenbar mehr für Felicianus. Bemerkens-
wert ist dabei, dass Timotheus und Felicianus bereits 1064 gemeinsam in der
Weihe des Oratoriums und Alatres zu Ehren der Trinität erscheinen, während
der liturgisch wie historiographisch durchweg lediglich gelistete Theodorus
dem einen der beiden Kreuzpatrozinium zugeordnet ist, und zwar jenem ohne
Passionsbezug.1588 Offenbar bildeten Felicianus und Timotheus Ergänzungen zu
Petrus und Paulus. Theodorus hingegen, zumindest im Jahre 1064 wohl mit
Bischof Theoderich identifiziert, stand mithin als dritter Mindener Bischof un-
1582 Heinrich Tribbe, Beschreibung von Stadt und Stift Minden (hg. von Löffler), S. 76 (S. 88 der
transkribierten Handschrift); Signori, Reliquien-Geschichten, S. 68 mit Angaben zu den beiden
genannten Personen in Anm. 79.
1583 Rasche (Hg.), Necrologien, S. 81 (zusammen mit denen des Theodorus; vgL oben bei Anm. 1557);
Grotefend, Taschenbuch der Zeitrechnung, S. 102. Löffler, in: Hermann von Lerbeck, Catalogus
episcoporum Mindensium (hg. von Löffler), S. 57 mit Anm. 2, gibt irrtümlich den 1. März an.
1584 Vgl. oben Anm. 581 f.
1585 Hermann von Lerbeck, Catalogus episcoporum Mindensium (hg. von Löffler), S. 55 f. mit
Anm. 1.
1586 Vgl. ebd. S. 55, Anm. 1.
1587 Ebd. S. 57 mit Anm. 2.
1588 Vgl. oben Anm. 579.
IV. Nebenpatronate und Heiligenkulte der sächsischen Petrus-Kathedralen
Kanoniker sterben müsse. Wiederum fügt Tribbe eine illustrierende Geschichte
an: Von „Hermann Scoseker" sei ihm mehrfach zugetragen worden, dass dieser
einmal nach der Vesper im Chor gewesen sei und ein Geräusch gehört habe, als
wenn jemand mit einem Stein werfe. Daraufhin habe er jemanden nach draußen
vor die Kirche geschickt, um zu sehen, ob dort ein Mann sei. In der Zwischenzeit,
als der Beauftragte draußen vor der Kirche war, hörte er es angeblich ein zweites
Mal aufschlagen, und als er zurückkehrte, vernahmen sie beide einen dritten
Schlag. Und nach etwas mehr als vierzehn Tagen sei „H(ennygus) de Bodendike"
(Bodenteich) verstorben.1582 Carporphorus und Theodorus hingegen werden von
Tribbe nur aufgelistet.
Bereits Hermann von Lerbeck nennt eine theca argentea, allerdings nicht für
den heiligen Felicianus, sondern als Reliquiar des heiligen Timotheus, von dem
man in Minden immerhin eine magna pars habe. Da die Ankunft seiner Reliquien
in Minden am 5. März gefeiert wurde,1583 mag diese ältere Zuordnung die rich-
tige sein. Während Timotheus in beiden Reliquienverzeichnissen des Domes,
dem hierarchisch-qualitativen wie dem materiell-quantitativen, zusammen mit
Gorgonius noch vor den corpora integra auf gelistet wird,1584 präsentiert Hermann
von Lerbeck zunächst die erwähnten Heiligen mit ganzen Gebeinen: Felicianus,
Carpophorus, Abundus, Theodorus und Sophia, angeblich die vidua, gemeint
aber laut Reliquienliste hier c’zrgo.1585 Die prominente Stellung des Timotheus in
den beiden älteren, liturgisch relevanten Listen mag daher rühren, dass er in
ähnlicher Weise mit Paulus in Verbindung stand wie Gorgonius mit Petrus. Hatte
Petrus den Gorgonius nach Minden gesandt, so wurde Timotheus als apostel-
gleicher Schüler des Völkerapostels verehrt (Timothei apostoli et martyris atcpie
discipuli Pauli).1586 Erst Herrmann von Lerbeck spricht verkürzend vom „Apo-
stel".1587 Tribbe interessiert sich dann offenbar mehr für Felicianus. Bemerkens-
wert ist dabei, dass Timotheus und Felicianus bereits 1064 gemeinsam in der
Weihe des Oratoriums und Alatres zu Ehren der Trinität erscheinen, während
der liturgisch wie historiographisch durchweg lediglich gelistete Theodorus
dem einen der beiden Kreuzpatrozinium zugeordnet ist, und zwar jenem ohne
Passionsbezug.1588 Offenbar bildeten Felicianus und Timotheus Ergänzungen zu
Petrus und Paulus. Theodorus hingegen, zumindest im Jahre 1064 wohl mit
Bischof Theoderich identifiziert, stand mithin als dritter Mindener Bischof un-
1582 Heinrich Tribbe, Beschreibung von Stadt und Stift Minden (hg. von Löffler), S. 76 (S. 88 der
transkribierten Handschrift); Signori, Reliquien-Geschichten, S. 68 mit Angaben zu den beiden
genannten Personen in Anm. 79.
1583 Rasche (Hg.), Necrologien, S. 81 (zusammen mit denen des Theodorus; vgL oben bei Anm. 1557);
Grotefend, Taschenbuch der Zeitrechnung, S. 102. Löffler, in: Hermann von Lerbeck, Catalogus
episcoporum Mindensium (hg. von Löffler), S. 57 mit Anm. 2, gibt irrtümlich den 1. März an.
1584 Vgl. oben Anm. 581 f.
1585 Hermann von Lerbeck, Catalogus episcoporum Mindensium (hg. von Löffler), S. 55 f. mit
Anm. 1.
1586 Vgl. ebd. S. 55, Anm. 1.
1587 Ebd. S. 57 mit Anm. 2.
1588 Vgl. oben Anm. 579.