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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0333

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7. Tod durch Gewalteinwirkung

gefunden werden mussten. Ebenso scheint der Tod Wilhelms IV. von Holland
1345, abermals im Kampf gegen die Friesen, die Überlieferung beeinflusst zu
haben. Die Notizen in der Historiographie belegen, dass der Tod in deutlich
größerem Kreis wahrgenommen wurde. Schilderungen entstanden jedoch
kaum. Trotz der besonderen Umstände des Todes durch Feinde in der Fremde
scheint er außerhalb der Stammlande nahezu keinen Erklärungsbedarf ge-
schaffen zu haben. Lediglich Hermann von Niederaltaich und Matthaeus Pari-
siensis griffen dies auf und betteten das Ableben in ihre Darstellungen ein. Die
Überlieferung zeigt somit eine sehr intensive Diskussion in den Stammlanden,
die jedoch kaum Fernwirkung entfaltete. Der Tod König Wilhelms wurde na-
hezu ausschließlich in seiner Grafschaft diskutiert, im Tod kann er somit als
„Grafenkönig" bezeichnet werden.1952
Zweitens bleibt die Eigenheit, dass selten eine Wertung über den Verstor-
benen selbst getroffen wurde. Lediglich Wilhelm von Egmond und Hermann
von Niederaltaich bezogen den Tod des Königs vollständig auf ihn selbst. In den
übrigen Schilderungen wurde die moralische Last den verschiedensten Perso-
nen(-gruppen) auf gebürdet: Den Friesen, die ihren eigenen König erschlugen,
den Kriegern, die ihrem König nicht beistanden oder dem Papst, der den König
durch das Geld, das ihm am Ende nicht mehr helfen konnte, erst zum König
gemacht hatte. Der Tod König Wilhelms war hier ein Vorwurf, der von ver-
schiedenen Schreibern unabhängig voneinander gebraucht und gegen ver-
schiedene Feinde erhoben wurden. Eine solche Instrumentalisierung des kö-
niglichen Todes ist bei Toden durch Gewalteinwirkung häufig zu finden.1953
Einzigartig ist jedoch, dass in der holländisch-friesischen Überlieferung über
verschiedene Chronisten hinweg starke Anschuldigungen gegen die Krieger des
Königs, die ihn nicht geschützt hätten, erhoben werden. Ausschlaggebender
Punkt scheint hier der Verlust des königlichen Leichnams in der Fremde gewesen
zu sein. Melis Stoke, der als erster Chronist von der Auffindung und Umbettung
berichtet, milderte in der zweiten Redaktion seines Werks die Kritik an den
Kriegern ab und der auf ihn folgende Wilhelm von Egmond stellte den König
selbst in den moralischen Fokus. Der Tod König Wilhelms zeigt somit auch den
Einfluss auf, den die Umbettung des Leichnams auf die Schilderung des Todes
ausüben konnte.
7.2.2. Tod auf dem Schlachtfeld - Zwei Könige und ein Mordvorwurf
Am 2. Juli 1298 starb König Adolf in der Schlacht am Hasenbühl bei Göllheim
gegen den im Streit erhobenen König Albrecht I.1954 In der Geschichte des Reichs

1952 Für Moraw, Verfassung, S. 206 eröffnete König Wilhelm das „Jahrhundert der Grafen-Könige",
das mit Günther von Schwarzburg enden sollte.

1953 Siehe Kapitel 7.

1954 Auf die irreführende Bezeichnung „Adolf von Nassau" wird im Folgenden verzichtet, da sie den
König auf den Rang eines Grafen reduzieren würde. - Zu König Adolf: Gerlich, Adolf. Eine
konzise Zusammenschau bietet Menzel, Zeit, S. 110-121. - Mit weiterführenden Anmerkungen
zur Absetzung Adolfs und der ersten Wahl Albrechts I.: Büttner, Weg, Bd. 1, S. 237-242.
 
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