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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 4
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Wolter, Franz: Franz v. Lenbachs Maltechnik [2]
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Trillich, Heinrich: Die roten Farben [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0018

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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 4.

ganzen Malerei auf den heilen Grund an und
dessen geschickter Benützung. Mit diesem
und der Temperafarbe kann man selbst den bril-
lantesten Schmetterlingsflügel malen, man unter-
legt entweder mit der Farbe recht hell, und das
ist das Bequemste und Natürlichste, oder wenn
man Witze machen will, benützt man Gold, Sil-
ber, Staniol etc. und malt leicht darüber. Am
besten ist freilich, wenn man, wie viele Bilder
von Rubens es aufweisen, prima ein Werk vol-
lenden kann. Eine Malerei, die, wenn auch in
Oelfarbe allein, prima vollendet wird, ist halt-
bar, auch wenn das Material nicht gerade be-
sonders gut ist. Ausserdem dunkelt ein prima
vollendetes Bild nicht nach, ich habe das öfters
erfahren. Aber heutzutage kann man nur selten
ein Werk auf einem Sitz vollenden."
Ein anderes Mal Hess Lenbach seinen Zorn
über die moderne Malweise aus: „Heute ist die
Maltechnik ganz zerfahren, da wird einfach ohne
Kenntnis von Material und Farbgrund durch-
und übereinander gepatzt, ganz sinnlos. Bei den
Alten hatten selbst diejenigen, welche handwerks-
mässig ihren Beruf ausübten, so viel Tradition
in ihren Knochen, dass ihre Werke durch die
Technik allein schon künstlerischen Gehalt be-
kamen. Wenn ich Akademien einzurichten hätte,
dann müssten grosse Gebäudekomplexe gebaut
werden, in welchen Werkstätten zur Präparierung
von Oel-, Casein-, Temperafarben u. s. w. herge-
stellt werden sollten und Leute Anstellung fänden,
die noch etwas von maltechnischer Tradition
kennen, um die Grundelemente der technischen
Seite der Malerei zu lehren; denn man darf nicht
verkennen, dass das Handwerkliche in der Kunst
einen ganz wesentlichen Teil der Kunst selbst
bedeutet. Auf diese Art würde einmal der Zer-
fahrenheit, Wildheit und dem Missbrauch der
Technik gesteuert werden."
Die roten Farben.*)
Von Heinrich Trillich in Rüppurr (Baden).
Die roten Farbstoffe, aus denen rote Farben
gemacht werden, liefert uns teils die Natur in dem
reinen Mineralvorkommen wie Eisenoxyd (Blutstein),
Zinnober, als tierischen Farbstoff (Carmin) oder als
pflanzlichen Farbstoff (Heidelbeeren, rote Trauben,
Rotholz, Krappwurzel), teils der Chemiker als künst-
lich hergestelltes Eisenoxyd, Schwefelquecksilber,
Schwefelantimon, Chromrot, Bleimennige oder künst-

'*') Mit Einwilligung des Verfassers und der Deutschen
Malerzeitung „Die Mappe" (München, Verlag von Georg D.
W. Callwey) bringen wir eine Artikelserie über die Hersteilung
der Malerfarben zum Abdruck, in der Ueberzeugung, dass es
auch für unsere Leser von Interesse sein mag, über den gegen-
wärtigen Stand der Farbenfabrikation unterrichtet zu werden.
Die Artikel werden in kurzer Aufeinanderfolge ausser den roten
Farben auch die gelben, blauen, grünen u. a. behandeln.

liehe Teerfarbstoffe, die Anilin, die Eosin-, die Azo-,
die Krappfarbstoffe. Mutter Natur hat in ihrem un-
erschöpflichen Laboratorium aus Eisenoxyd auch
gleich rote Farben, Gemenge von Farbstoff mit
Deckstoff gemacht, so Bolus, Eisenmennig, Rötel,
teils erlaubt sie durch einfaches Brennen eisenhal-
tiger Ocker, Sienaerde und Umbras rote bis rot-
braune Erdfarben zu machen.
So finden wir denn auch unter den roten Far-
ben die Gruppen der Erd- und Mineralfarben, der
chemischen Farben, der Lackfarben und schliess-
lich der löslichen Farbstoffe vertreten und zwar in
einer Tonskala, die vom hellsten Orange bis in das
tiefe Braun und Violett geht. Die billigsten und am
meisten gebrauchten roten Farben, d. h. wenn wir ge-
recht sein wollen, braunroten Farben liefert das
Eisenoxyd, das natürlich und künstlich wohl stets
ein Kind des Feuers ist, ob wir es nun aus Eisen-
stein bergen, als Glaskopf oder Blutstein beziehen
oder aus dem Schwefelofen als caput mortuum er-
halten. Dieser Herstellungsweise verdankt es seine
Beständigkeit, für die aber auch die Tatsache ent-
scheidet, dass es als Oxyd oder Eisenasche das End-
produkt des Zerstörungsprozesses ist, den die Atmo-
sphärilien auf das Eisen und seine anderen Verbin-
dungen üben können.
Das wichtigste in der chemischen Industrie ver-
wendete Eisenerz ist der Eisen- oder Schwefelkies,
dessen Abröstrückstände aus der Schwefelsäure-Her-
stellung das caput mortuum, Totenkopf, Mo-
rellensalz oder Mumie geben; das von hellrot
bis beinahe schwarz geliefert wird. Wesentlich hellere
Sorten liefert die Abröstung von Eisenvitriol, doch
gelingt es durch richtige Feuerführung, Kochsalz-
zuschläge u. s. w. auch caput mortuum auf hellere
Farbentöne zu bringen, weitere Quellen dafür sind
Alaunrückstände, ausgebrauchte Gasmassen. Die
natürlichen Roteisensteine geben die bekannten
Eisenoxydrote, Mischungen von Bolus, von ge-
brannten Eisenoxyden, Ockern, Sienaerde,
Umbraun, Raseneisenerz, Vitriolocker, dann
alle die Rot, die als Hausrot, Nürnbergerrot,
Venetianer-, Pompejaner-, Antik-, Veranda-
rot u. s. w. ziemlich willkürlich benannt werden,
während die vielen Sorten Englischrot Verdün-
nungen von Eisenoxydrot mit Kalk, Schwer- und
Leicht-Spat, Ton u. s. w. sind.
Da das Eisenoxyd selbst ein basischer Stoft
ist, kann es durch Alkalien wie Kalk nicht weiter
verändert werden, alle diese eisenoxydhaltigen Far-
ben sind also auch kalkecht und zementecht. Für
den letzteren Verwendungsfall können allerdings nur
reine Eisenoxydrote in Frage kommen, weil spat-
oder kalkhaltige auswittern, während die berühmte
„Säurefreiheit", mit der manche Verkäufer prunken,
zum Kapitel der Unkenntnis der Farbenchemie ge-
hört, ja ein geringer Säuregehalt, wo er wirklich
wäre, durch die scharfe Alkalität der Zemente reich-
lich aufgehoben wird.
 
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