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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 8
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Kleemann, S.: Erlaubte und unerlaubte Farbenmischungen [2]: ueber Malerfarben und über deren Einwirkung aufeinander
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0033

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9.

Jan. 1905.

Herausgegeben von der ,.Werkstatt der Kunst", ERNST CLOSS.
Erscheint 14tägig unter Leitung von ERNST BERGER, München.

Nr. 8.

Inhalt: Erlaubte und unerlaubte Farbenmischungen. I. Ueber Malerfarben und über deren Einwirkung aufeinander. Von Dr.
S. Kleemann (Fortsetzung). — Neue Bücher über Maltechnik. — Nachtrag zum Artikel „Düsseldorfer Interview". —
Vermischte Nachrichten. — Anfragen und Beantwortungen.

Erlaubte und unerlaubte Farbenmischungen.
I.

Ueber Malerfarben und über deren Einwirkung aufeinander.
Von Dr. S. Kleemann, Chemiker. (Fortsetzung.)

Nehmen wir an, ein Maier mische Kremser-
Weiss, d. i. kohiensaures Biei (besser gesagt ba-
sisch kohlensaures Biei) mit Zinkgeib, d. i. im
wesentlichen chromsaures Zink (eigentlich eine
sogen. Doppelverbindung von chromsaurem Zink
und chromsaurem Kalium). Vielleicht nicht so-
fort, aber allmählich, schlägt das zarte grünliche
Gelb in ein mehr rötliches Gelb um. Das Zink
wandert nämlich zur Kohlensäure, das Blei zur
Chromsäure unter Bildung von kohlensaurem
Zink und Bleichromat (Chromgelb). Der Maler
hat also, nachdem die Zersetzung zum Teil vor
sich gegangen ist, vier Farbstoffe statt der ur-
sprünglichen zwei in seiner Mischung: 1. kohlen-
saures Blei (Kremser Weiss), 2. chromsaures Zink
(Zinkgelb), 3. kohlensaures Zink, ein weisser
schlecht deckender Farbstoff, und 4. chromsaures
Blei, eine Art Chromgelb. Die teilweise Zer-
setzung Hesse sich in folgender Gleichung aus-
drücken:
(Blei + Kohlensäure) + (Zink + Chromsäure) -
(Blei -j- Chromsäure) + (Zink -j- Kohlensäure).
Dieser Fall ist besonders lehrreich. Wenn
das Kremser-Weiss und das Oel vollkommen rein
sind, was ja nicht immer der Fall ist, so ist das
Oel-Kremser-Weiss am Licht vollkommen be-
ständig. Das gleiche gilt vom Zinkgelb. Gerade
diesem letzteren wird oft der Vorwurf der Un-
beständigkeit gemacht, aber sehr mit Unrecht.
Beide Farben, getrennt gehalten, sind also licht-
echt; in dem Augenblicke, in dem man sie mischt,
beginnt aber doch die Tätigkeit der Lichtstrahlen.

Dieselben zersetzen dann nicht etwa das Zink-
gelb für sich und das Weiss für sich, sondern
sie unterstützen, wie die Wärmestrahlen, die
chemische Zersetzung der einen durch die an-
dere Verbindung.
Es darf daher Zinkgelb mit Kremser-Weiss
nicht gemischt werden und aus demselben Grund
auch nicht mit anderen bleihaltigen Farben, wie
Chromgelb, Jaune brillant, Neapelgelb. Das Ele-
ment Blei hat eben in diesen Körpern, ebenso
wie im Kremser-Weiss, die Anziehungskraft für
die Chromsäure und die Neigung zur Bildung
von chromsaurem Blei. Ich betone, selbst mit
Chromgelb sollte Zinkgelb nicht in Berührung
kommen; Chromgelb ist nämlich ein Gemenge
von chromsaurem und schwefelsaurem Blei, nicht
reines chromsaures Blei. Aus dem letzteren
kann Zinkgelb natürlich nicht mehr chromsaures
Blei bilden, wohl aber aus dem beigemengten
schwefelsauren Blei, und das würde genügen,
eine Farbenveränderung zu verursachen.
Das chromsaure Baryum spielt zuweilen
unter der Bezeichnung „Gelber Ultramarin" eine
Rolle auf der Palette und darf ebenso wie das
Zinkgelb, das übrigens ebenfalls als gelber Ultra-
marin häufig bezeichnet wird, nicht mit Kremser-
Weiss und den sonstigen Bleifarben in Mischung
treten. Die Gründe sind dieselben, es muss die
Bildung von chromsaurem Blei befürchtet werden.
Die verschiedenen Sorten Zinnober, alle Ver-
bindungen von Quecksilber mit Schwefel, die
sich lediglich durch ihre mechanische Beschaffen-
 
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