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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 11
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Berger, Ernst: Antike Maltechnik [2]: altägyptische Mumiensargmalereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0050

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46

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 11.

und des darauffolgenden Abschleifens resp.gleich-
massigen Ebnens der Flächen mittels des Schab-
messers, Bimssteins oder dergl. Auf diesem
Grund erfolgte dann wenn nötig eine nochma-
lige Leimung, hierauf die Aufzeichnung der all-
gemeinen Anlage, die Ausführung der feineren
Details und das Ausfüllen der Konturen in der
üblichen Weise.
Die besten Beispiele dieser Periode stammen
aus der XIX. und XX. Dynastie (1400—1050
V. Chr.). Die Farben sind lebhaft und leuchtend,


yoo V. Chr. (XXV. Dynastie.) Ori-



gleichzeitig ist die gelbe Farbe vorherrschend,
verursacht durch die goldfarbigen Firnisse,
mit welchen die Malereien ganz oder teilweise
überzogen wurden.
3. Periode der Entwicklung.
Reicher Stil.
Als besondere Neuerung dieser Periode sind
die zur Hebung des reicheren Eindrucks ange-
brachten plastischen Auszierungen zu be-
zeichnen, die technisch als direkte Folge der

Gips- und Kreidegrundierung angesehen werden
müssen. Solche plastische Verzierungen dienen
dazu, einzelne Teile der Ausschmückung besser
hervortreten zu lassen ; sie erscheinen beim ersten
Anblick wie aus dem Holz herausgearbeitet und
bemalt, sind aber bei näherer Untersuchung nichts
anderes als dick aufgelegte Schichten von Grun-
dierungsmasse.
In fast allen grösseren Museen finden sich
derartig ausgezierte Mumienkästen (vermutlich
noch aus der Zeit der XXII. Dynastie, um 800
V. Chr. stammend), auch im Münchener Anti-
quarium sind zwei Exemplare gleicher Art auf-
gestellt, wonach das in Figur 2 (zweite Figur
von unten) gegebene Detail nachgebildet ist.
Interessant ist es, an dem Original zu verfolgen,
in welcher Reihenfolge die Arbeit vor sich ge-
gangen sein musste; dies wird durch einige schad-
hafte Stellen erleichtert: I. Auf dem weissen
Gips- oder Kreidegrund ist 2. eine gleichmässige
Lage von gelber (heller) Ockerfarbe aufgetragen
(diese gelbe Farbe rührt also nicht etwa von
einem gelben Firnis her, wie dies bei der vorigen
Periode der Fall ist). Darauf stehen 3. in roter
Farbe (rotem Eisenoxyd) die Einteilungslinien
nebst den Konturen der Figuren und Hiero-
glyphen. 4. Wurden die plastischen Ornamente
und Figuren mit Gips erhöht; denn wo diese
Gipserhöhung abgesprungen war, zeigte sich die
darunter befindliche gelbe Ockerfarbe nebst der
roten Vorzeichnung.
Die erhöhten Ornamente Hessen sich fol-
gendermassen leicht herstellen: Feiner Gips mit
wenig Schlemmkreide oder Bologneser Kreide
(Flugkreide) wird in ziemlich starkem Leimwasser
eingerührt und die Mischung im heissen Wasser-
bad warm gehalten, damit die Masse nicht zu
schnell erhärtet. Auf die vorher leicht befeuch-
teten Stellen, die erhöht werden sollen, wird
mittels eines langhaarigen Pinsels (sogenannter
Schlepper) soviel Gips aufgetragen, als die Kon-
sistenz des Gipsbreies gestattet. Selbstverständ-
lich muss die zu behandelnde Fläche wagrecht
liegen, und deshalb nehmen diese erhöhten Gips-
verzierungen nach den abgerundeten Seiten des
Mumiendeckels hin stetig an Dicke ab. Die Fort-
setzung der Arbeit bestand nach dem völligen
Trocknen der Gipsornamentation 5. in der Be-
malung der weissen Gipsmasse sowie aller übrig
gebliebenen Figuren mit blauer, roter, grüner
und schwarzer Farbe. Zum Schluss folgt 6. der
Firnisüberzug.
Auf diese Weise wurden sehr reich deko-
rierte, mitunter sogar überladen erscheinende
Arbeiten ausgeführt. In dem für die Entwick-
lung der altägyptischen Malerei besonders lehr-
reichen archäologischen Museum zu Florenz
befindet sich ein ähnlich verzierter Sarg, bei dem
die zahlreichen reliefierten Figuren vergoldet
 
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