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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 11
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Vermischte Nachrichten / Anfragen und Beantwortungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0056

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52

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 11.

„Royal Academy" in London soll das sonderbare Expe-
riment beaufsichtigen. (Die Sache klingt sehr reklame-
haft, und doch ist nichts dahinter!) (Leipz. Malerztg.)
Wieder eine neue Temperatechnik! Von
einer neuen Temperatechnik berichtete der Maler
Ernst Würtenberger kürzlich in der Stadler'schen
Kunstschule in Zürich. Dr. Buss (in Rüschlikon)
hat, wie die „Neue Züricher Zeitung" mitteilt, nach
langen, sorgfältigen Versuchen, die von Malern wie
Fritz Widmann und Ernst Würtenberger genau nach-
geprüft wurden, neue Temperafarben hergestellt,
die mit Wasser allein verwendet werden können,
die aber ihre vollen Qualitäten erst entfalten durch
ihre Mischung auf der Palette mit den neuen Binde-
mitteln. Es sind deren drei, die überdies noch mit
Wachs verbunden hergestellt werden und dann zu
Wachstemperamalerei dienen. Was E. Würtenberger,
an der Hand einiger Malproben an dieser Buss-
schen Tempera vor allem hervorhob, ist, dass sie
die Eigenschaften gestattet, die wir an der Technik
van Eycks bewundern: die Leuchtkraft, das kör-
nige und doch verschmolzene Impasto (beim pa-
stosen Auftrag), die starke Ausgiebigkeit des Pig-
ments (bei dünnem Auftrag), ferner das absolute
Stehenbleiben des Zeichnerischen. (Allg. Ztg.)
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn A.B.,München. Um alte, verschmutzte
Oelstudien gründlich zureinigen, empfehlen wir
Ihnen, dieselben mit lauwarmem Wasser, in dem
etwas Kernseife aufgelöst ist, abzuwaschen und die
Waschung zu wiederholen, bis aller Schmutz abge-
gangen ist. Nach der Waschung spülen Sie mit
reinem Wasser nach und lassen vor dem Firnissen
gut trocknen. Wir setzen voraus, dass die Studien
genügend Zeit zum völligen Trockenwerden der
Oelfarben gehabt hatten, bevor der Schmutz sich
darauf festsetzen konnte.
Herrn J. H. St., Holland. Ueber die Technik
der (Jelfarben-Stifte Raffaëlli Anden Sie einen
instruktiven Artikel in der 4. Auflage von Raupps
Handbuch der Malerei (Webers illustr. Katechismen,
Leipzig 1904) S. 128, der auf Ihre Fragen Auf-
schluss gibt. Eine vollständige Revolution auf ma-
lerisch-technischem Gebiete, wie solche mit diesen
Stiften angekündigt ward, ist auch unserer Ansicht
nach schwerlich zu erwarten.
Herrn H. Z., München-Gern. Damit auch die
Leser dieser Blätter davon unterrichtet sind, was
Ihnen alles an Ihrem Bilde passierte, wollen wir
vorerst den Sachverhalt nach Ihrer Erzählung hier
voranstellen. Sie schrieben unterm 5. ds.:
„Ich hatte ein rotes Gewand mit Zinnober
und Bleiweiss untermalt (in Tempera von Gunder-
mann). Nach einem Tage, als ich weiter arbeiten
wollte, fand ich zu meinem Erstaunen die ganze
Fläche, wo nur Zinnober mit Bleiweiss verwandt
wurde, mit kleinen schwarzen Punkten übersät,

dicker und dünner, in Gruppen verteilt und ein-
zeln, und machten die Punkte den Eindruck, als
lägen sie unter der Farbschicht, die, da sie sehr
dünn aufgetragen, von grosser Durchsichtigkeit
war. Später habe ich das ganze mit Zinkweiss,
Zinnober und Englischrot übermalt und der Scha-
den stellte sich nicht wieder ein. Merkwürdig war
mir, dass in den Schattenpartien, wo doch auch
Zinnober mit Bleiweiss gemischt, jedoch noch mit
Zusätzen von Krapp und Mumie, versetzt war,
ich nicht das geringste entdecken konnte. Führen
Sie diese Erscheinung vielleicht nicht doch auf
Mischung der beiden Farben zusammen? An der-
selben Arbeit trug sich folgendes zu: Ich hatte
in den kalten Tagen des Dezember an dem Bilde
gemalt und eines Tages gleich nach der Arbeit
das Brett in einen nie geheizten, sehr kalten
Raum gebracht. Nach drei Tagen nahm ich sie
wieder vor und eine Stelle, die ich zuletzt ge-
malt, war vollständig losgelöst und die anderen
Teile waren total zerrissen, mit einem Netz von
Sprüngen wie übersät. Der Teil der Arbeit aber,
der meines Erachtens ganz trocken war, weil ich
einige Tage nicht daran gearbeitet, war ganz un-
berührt und wies nicht einen Sprung auf. Ich
habe den Schaden leicht geheilt, indem ich die
ganze Arbeit mit Mussinimalmittel III einrieb, und
sah in aller Kürze den Erfolg, da sich die Risse
fast ganz zusammenzogen und das losgelöste Stück
wieder festhaftete und keine Spur von Rissen zeigte.
Nur in den Tiefen sind letztere nicht ganz ge-
schwunden."
Zur Erklärung der Vorgänge diene folgendes:
i. Es ist möglich, dass die Bildung der schwarzen
Punkte durch die Mischung von Zinnober mit Blei-
weiss verursacht war. In diesem Falle ist der Zin-
nober nicht chemisch rein gewesen, und um dies
zu konstatieren, würden wir um geh. Uebersendung
der Tube bitten, damit wir eine chemische Analyse
vornehmen können. Aber möglicherweise ist auch
die Tempera Gundermann mit daran schuld, weil
sich beim Zersetzen des organischen Bindemittels
auch Schwefelwasserstoff bilden kann. Wir glauben
aber, dass in Ihrem Falle nur der Zinnober die Ur-
sache war, weil sonst auch bei anderen Mischungen
mit Bleiweiss schwarze Punkte sich hätten zeigen
müssen. Im Schatten, wo Sie gewiss wenig Blei-
weiss nahmen, ist folgerichtig auch weniger zu be-
merken gewesen. Nur noch eines: An Ihrer Stelle
hätte ich die beanstandete Partie so gründlich
als möglich weggekratzt, bevor ich zur Ueber-
malung geschritten wäre. 2. Die Sprünge entstan-
den jedenfalls durch die grosse Temperaturdifferenz
zwischen dem Atelier und dem sehr kalten Raum.
Dabei musste sich die nicht trockene Farbschicht
stark zusammenziehen und zum Teil ablösen. Die
Gundermann'sche Tempera besteht, wie uns von
anderer Seite bestätigt wurde, aus Harzen, und diese
neigen ohnehin leicht zum Sprüngigwerden.

Verlag der Werkstatt der Kunst, Ernst Closs, München.
 
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