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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 22
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Berger, Ernst: Unterschiede zwischen Bienenwachs und dem sogen. Punischen Wachs [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0101

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KONSTTEŒMfSœ
ATTFR

24. Juli 1905.

Herausgegeben von der „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
= Erscheint 14tägig unter Leitung von Ernst Berger, München. =-

Nr.

22.

Inhalt: Unterschiede zwischen Bienenwachs und dem sogen. Punischen Wachs. Von Maler E. Berger (Fortsetzung). — Die
weissen Farben. Von Heinrich Trillich, Rüppur (Baden). — Ueber Retouchierhrnis. Von Dr. Ernst Täuber, Berlin. —
Anfragen und Beantwortungen.

Unterschiede zwischen Bienenwachs und dem sogen. Punischen Wachs.*)
Von Maler E. Berger.
(Fortsetzung.)

Trotz der übereinstimmenden Angabe des
Laugenzusatzes ist von vielen das Punische
Wachs nur für ein besonders vorsichtig gereinig-
tes, gebleichtes Wachs gehalten worden. Selbst
der so genaue John glaubt, obwohl ihm der zer-
setzende Einfluss von Lauge auf Wachs bekannt
war, dass diese durch die nachherige Behand-
lung mit Wasser „wahrscheinlich" vollkommen
wieder weggenommen werde.**)
Wieder andere sind sich durch Versuche da-
rüber klar geworden, dass die Kochung mit
Lauge, und wenn auch nur geringe Mengen da-
zu verwendet werden, auf das natürliche Wachs
eine lösende Wirkung ausüben müsste und
haben in den Anweisungen des Plinius und Dios-
korides eine Methode erblickt, aus dem spröden,
nur in Hitze weich und schmiegsam werdenden
Bienenwachs eine Masse zu bilden, die auch
ohne Hitze verwendbar wird. Durch die Eigen-

*) Zum besseren Vergleich und im Nachtrag zu S. 94
lasse ich hier die das Punische Wachs betreffende Stelle des
Plinius im Original-Wortiaut folgen: Plin. XXI, 83: Optima
quae Punica vocatur . . . (S4) Punica At hoc modo : ventilatur
sub diu saepius cera fulva, dein fervet in aqua marina ex alto
petita, addito nitro, inde lingulis hauriunt Horem, id est can-
didissima quaeque, transfunduntque in vas, quod exiguum fri-
gidae habeat, et rursus marina decocunt separating dein vas
ipsum . . . refrigerant, et cum hoc ter fecere, iuncea crate sub
diu siccant sole lunaque : haec enim candorem facit, sol siccat,
et ne liquefaciat, protegunt tenui linteo, candidissima vero
At post insoiationem etiamnum recocta. Punica medi-
cinis utilissima. (85) Nigrescit cera (punica nach Donner) ad-
dito chartarum cinere, sicut anchusa admixta rubet, variosque
in colores pigmentis trahitur ad reddendas similitudines et innu-
meros mortalium usus parietumque etiam et armorum tutelam.
**) John, Malerei der Alten, Berlin 1836, S. 204.

schaff der Lauge entsteht, wie sich jeder
durch Versuche leicht überzeugen kann,
mit dem natürlichen Wachs eine Art Emulsion,
also eine mit Wasser oder anderen wässerigen
Mitteln mischbare Substanz.
Dass im Altertum die Eigenschaft der Lauge,
mit Fetten Seife zu bilden, bekannt war, wird
allgemein anerkannt; wir haben sogar noch eine
direkte Bestätigung, dafür, dass man die Aschen-
lauge, also Potasche, zur Lösung von Wachs
im Altertum kannte, in einer Stelle eines spä-
teren Autors, Q. Serenus Sammonicus, der
in einem Rezept zur Heilung von durch Schläge
entstandenen Wunden auf eine Mischung von in
Lauge gelöstem Wachs mit Ei und Oel auf-
merksam macht (lib. medicinalis v. 795: Tum li-
xivia cinis ceras dissolvit).
Zu den Verfechtern der Ansicht, dass „Pu-
nisches Wachs" durch den Verseifungsprozess
besondere Eigenschaften erhalten hat, gehören
eine ganze Reihe von Männern, die sich mit der
Technik des Altertums befasst haben, von Bache-
lier angefangen bis Calau, Walter, Reiffenstein
u. a.*) und sie glaubten in dem verseiften Wachs
das Malmittel der Alten wiedergefunden zu haben,
weil sie die Beobachtung machten, dass mit dieser
Wachsart gemalte Bilder durch nachheriges Er-
hitzen einen hohen Grad von Widerstandskraft
erreichten. Sie begründeten diese Ansicht mit
dem Hinweis auf die bekannten Stellen bei Vi-

*) Man vergleiche darüber den Abschnitt „Frühere Re-
konstruktionen der Enkaustik" in meiner Technik des Alter-
tums S. 287.
 
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