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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 22
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Täuber, Ernst: Ueber Retouchierfirnis
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Anfragen und Beantwortungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0104

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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 22.

Diese Bedingungen scheint bisher am vollstän-
digsten Viberts vernis à retoucher, welcher von
Lefranc in Paris hergestellt und vertrieben wird,
erfüllt zu haben. Seiner allgemeinen Anwendung
aber stand der hohe Preis des Präparates im Wege.
Ich wurde daher vor einigen Jahren von befreun-
deter Seite dazu veranlasst die Herstellung eines
billigen gleichwertigen Ersatzproduktes anzustreben.
Als Vorbild diente mir natürlich der Vibert'sche
Firnis, den ich einer möglichst genauen Unter-
suchung unterzog. Sie ergab als wesentlichen Be-
standteil eine bestimmte Fraktion des Damarharzes
und zwar den in Alkohol unlöslichen Teil desselben.
Dieser stellt ein vollständig weisses, unveränder-
liches hochschmelzendes Harz dar, das in Kohlen-
wasserstoffen leicht und vollkommen wasserhell lös-
lich ist. Da es etwas spröde ist, so muss man der
Lösung, um sie als Retouchierßrnis geeignet zu
machen, kleine Mengen anderer, geschmeidig machen-
der Harze und Oele zufügen, sonst würde es nicht
möglich sein, eine zusammenhängende, glänzende
Schicht damit zu erzeugen.
Da die in Alkohol unlösliche Fraktion des
Damarharzes nur etwa 15 "/0 des Gesamtharzes aus-
macht, und die übrigen 8g°/o als wertloses Weich-
harz verloren gehen, da ferner die notwendige voll-
kommene Reindarstellung sehr grosse Mengen Alkohol
erfordert, deren Rückgewinnung im Kleinbetrieb
nicht lohnend ist, so würde der Zweck, ein billiges
Ersatzprodukt zu schaffen, nicht erreicht worden
sein, wenn nicht von seiten der Beteiligten auf einen
materiellen Gewinn im wesentlichen verzichtet wor-
den wäre. Das ausgearbeitete Rezept wurde daher,
um einen ständigen EinRuss auf den Handelspreis
und die Qualität ausüben zu können, der Firma
G. B. Moewes in Berlin von der hiesigen Hoch-
schule für die bildenden Künste, in deren Labo-
ratorium ich die Untersuchung ausgeführt hatte,
kostenlos überlassen.
Das Präparat befindet sich seit Anfang 1904
im Handel und hat zu Beanstandungen irgend wel-
cher Art bisher keinen Anlass gegeben. Als erfreu-
licher Erfolg darf es bezeichnet werden, dass es
auch in Paris, der Heimat des Vibert'sehen Vor-
bildes, bereits Abnehmer findet.
Ich habe mich zu vorstehender Mitteilung ent-
schlossen, weil mir die bisherige Unterlassung einer
solchen in Künstlerkreisen übel vermerkt wurde.
Dass die Bekanntgabe der Zusammensetzung
meines Retouchierßrnisses bisher unterblieb, geschah
aber nur, um überhaupt einen Fabrikanten für die
wenig lohnende und mühsame Herstellung des Prä-
parates zu interessieren und eine wirksame Kon-
trolle ausüben zu können. Juni 1905.
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn B. Sch. in Meissen. Das Verlangen,
die Trocknung der Oelfarben zu verzögern,

um ein Bild alla prima, sozusagen nass in nass fertig-
malen zu können, ist eigentlich ziemlich jungen Da-
tums. Früher klagte man, dass die Oelfarben zu
langsam trocknen und man beförderte die Trocken-
kraft durch allerlei Siccative. Jetzt verlangt man
das Gegenteil. Ein Kollege forderte kürzlich von
uns, wir sollten ihm ein Mittel raten, durch das die
Malerei so lange nass blieb, als er wollte und
wiederum trocknen sollte, sobald er es wünschte!
Ein anderer besprengte das ganze Bild mit Nelkenöl,
um die Farben möglichst lange nass zu erhalten;
aber „die Geister, die er rief", wurde er nicht wieder
los, und sein Bild blieb nass und ist es vielleicht
heute noch.
In Ihrer Zuschrift heisst es:
„Seit, langem schon nach einem Mittel aus-
schauend, welches das allzuschnelle Auftrocknen
der Oelfarben aufhält, wurde ich durch Professor
Linkes Buch: ,Die Malerfarben, Mal- und Binde-
mittel' auf die ätherischen Oele aufmerksam ge-
macht. Ich probierte demnach drei in diesem
Buche genannte Oele und fand im Nelkenöl ein
Produkt, das meiner Absicht in fast zu aus-
giebigem Masse nachkam. Lawendel- und Co-
paivaöl hatten zwar eine ähnliche Eigenschaft,
konnten das Nelkenöl jedoch nicht erreichen.
Wenn dieses Oel den Trockenprozess zu lange
hinzögert, was ja grosse Nachteile mit sich bringt,
als Verschleppung der Arbeit und Ablagerung
von Staub, so hat man in dem Grade der Bei-
gabe gewiss einen Regulator in der Hand.
Ob aber das mir wertvolle Mittel auch ganz
unschädlich sei, war die sich unmittelbar daran
anschliessende und mich seither beschäftigende
Frage. In allen mir erreichbaren maltechnischen
Werken nachschlagend, habe ich bis jetzt noch
in keinem einzigen irgendwelche Erfahrungen
niedergelegt gefunden. Die .Gesellschaft für ra-
tionelles Malverfahren in München' stellte in ihren
.Mitteilungen' meine Frage zur Diskussion, aber
meine daran geknüpften Hoffnungen sind noch
nicht belohnt worden. Auch Moewes in Berlin,
der solches Nelkenöl verkauft, schrieb mir, dass
es seit 20 Jahren nur wenig gekauft werde und
er andere Erfahrungen als die, dass es schwer
trockne, nicht besitze. Wo kann ich nun darüber
etwas erfahren? . . . ."
Wir erwidern, dass unsere eigenen Beobach-
tungen über nasshaltende Mittel für Oelmalerei noch
lange nicht abgeschlossen sind. Soviel scheint übri-
gens festzustehen, dass hier wie fast allgemein in
der Maltechnik ein Vorteil einerseits stets Nachteile
auf der anderen Seite im Gefolge hat. Bevor wir
unsere Meinung bekannt geben, möchten wir hier-
durch Kollegen, die sich mit dem gleichen Pro-
blem beschäftigt haben, um freundliche Mitteilung
ihrer Erfahrungen bitten.

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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