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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 25
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Vorsatzpapier nach alter Art [1]
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Anfragen und Beantwortungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0116

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112

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 25.

Vorsatzpapier nach alter Art.
Mitgeteilt von C. F.
Man sieht in jüngster Zeit vielfach sehr künst-
lerisch ausgeführte sogen. Vorsatzpapiere, wie sie
an den Innenseiten guter Einbände des XVII. und
XVIII. Jahrhunderts allgemein gebräuchlich waren.
Zumeist waren marmorierte Papiere, die mit dem
Namen „Türkisch Papier" bezeichnet wurden, oder
gewellte Muster beliebt; die Technik gestattet aber
auch allerlei Abwechselung, die je nach dem Ge-
schmack oder der Geschicklichkeit des Ausführen-
den zu gewisser künstlerischer Vollendung gebracht
werden kann. So sahen wir in einer Ausstellung
der Sezession (Wien) Muster mit Fischmotiven und
allerlei Blumenformen von ganz vortrefflicher Wir-
kung. Vielleicht der erste Künstler, der die Tech-
nik nach den alten Anweisungen wieder ins Leben
gerufen hat, war der bekannte Neuerer auf kunst-
gewerblichem Gebiet, der früh verstorbene Otto
Eckmann (zuletzt Professor an der Kunstgewerbe-
schule zu Berlin). Die Technik, um die es sich hier
handelt, mag ziemlich alt sein; sie stammt wahr-
scheinlich aus dem Orient, der in Sachen der Papier-
fabrikation und Buntpapierherstellung dem Oceident
weit voraus war. In alten Rezeptenbüchern, wie in
Krökers wohlanführendem Maler, in den „raren
Kunst-Kabinetten" und ähnlichen Kompilatorien
aller möglichen Kunsttechniken finden wir Anwei-
sungen, derlei „Türckisch Papier" zu bereiten, und
in dem bekannten „Kunst- und Werck-Schul" be-
titelten Sammelwerk vom Jahre 1707 (Nürnberg, in
Verlegung Johann Ziegers) sind mehrere solche An-
weisungen enthalten. Wir bringen die interessan-
testen hier zum Abdruck, mit Beibehaltung der alten
Schreibweise und des mitunter krausen Stiles.
I. Türckisch Papier zu machen.*)
Nimm 6 Loth Traganth / darzu 2 Maass Was-
ser / dann lässet man es ein 3 Stunde stehen / dann
offt umgerührt / dass die Knöllein wohl zergehen /
den andern Tag thut man ungefehr noch r Maass
Wasser daran / rühret es wohl um / den 3. Tag
wieder ein wenig Wasser und wohl umgerühret /
dass also das Wasser ein Tage 4 oder g alt seye /
darnach nim ein Tuch und drücke den Tragant da-
durch / alsdann nimmt man das Gummi-Wasser wel-
ches von 3 Loth angemachet ist / und macht das
Tragant-Wasser damit an / das nicht zu dick noch
zu dünne seye / sondern fein zähe / so man es mit
der Hand aufhebet. Der Trog von Holtz oder Kupfer
gemacht / solle 3 Zoll hoch seyn und in der Läng
und Breite als einen Bogen Papier / die Farben als-
dann sind Lack / Indigo und Rauschgelb / so mit
gutem Brandwein abgerieben worden / dass es fein
zart / wie zarter / wie besser / und je schöner das
Papier wird / doch wann man Zeit hat / kan man
die Farben alle zuvor in Wasser wohl abreiben und

*) Kunst- und Werck-Schul S. Iot2.

hernach trocken lassen werden / darnach mit Spi-
ritu Vini abgerieben / und unter jeder Farbe 3 oder
4 Tropfen Fisch-Gallen gethan / dass ohngefähr in
der Grössen eines halben Reichs-Thalers sich auf
das Wasser ausbreite / wann aber solches kleiner
ob den Wasser wird / so ist nicht genug Gallen da-
runter / so muss man alsdann mehr darzu thun /
ist aber zuviel Gallen darunter das gar grosse Flecken
giebt / so setzet man mehr Farben zu / so nicht mit
Gallen vermischet ist / man kan auch schön grün
machen; als man nehme ein wenig Schüttgelb unter
Brandwein gerieben und thut einen Tropffen ge-
riebenen Indig darein wohl umgerieben / so giebt
es eine schöne grüne Farbe / allen muss man den
lautern Indig darein nehmen / so noch nicht mit
Bleyweiss vermischet ist / so man will / kan man
das Schiedgelb auch brauchen / ist gar schön / dess-
gleichen den Zinnober auch allein / so giebt es
schöne Feuer-Farben.
Unter 2 Loth Kugel-Lack reibe ein halb Loth
Zinnober / und unter ein halb Loth Indig / ein und
ein halb Loth Bleyweiss.
Das Rauschgelb wird zuvor mit Wasser abge-
rieben / dann wann es zuvor nicht mit Wasser ab-
gerieben / so verbrennet der Brandwein das Rausch-
gelb und verderbt es / also werden dann die Far-
ben dick unter wehrenden Gebrauch / so können
sie mit Spiritu Vini wiederum dünn gemachet werden.
Wann die Farben dann auf das Wasser ge-
sprenget seyn / so fährt man mit einem Holtz ohn-
gefehr also (in Schlangenlinie) auf den Wasser hin
und wieder und dann mit den dazugehörigen Rechen
hindurch/mit einen Höltzlein darein gewiss*) was
man haben will / und dann das Papier darauf ge-
legt / so hebt es alle Farbe auf.
(Schluss folgt.)

Anfragen und Beantwortungen.
Herrn H. Z. in Marienwerder (Westpr.). Was
die Literatur über Restaurierung alter Bilder
betrifft, so finden Sie das meiste vereinigt in Th.
V. Frimmel, Handbuch der Gemäldekunde, Ver-
lag von J. J. Weber, Leipzig. Um den „Lack von
den Bildern der Ahnengalerie, die von einem An-
streicher im vergangenen Frühjahr lackiert worden
ist, dass sie glänzt wie Gelatine" zu entfernen, raten
wir Ihnen zu dem von Pettenkofer empfohlenen
Mittel. Es besteht aus gleichen Teilen Kopaiva-
balsam und Ammoniak (Salmiakgeist), welche zu-
sammengeschüttelt und einige Zeit stehen gelassen
eine klare Flüssigkeit bilden. Man tränkt Watte-
bäuschchen mit dieser Flüssigkeit und reibt vorsich-
tig über die Oberfläche des Gemäldes, bis die Lack-
schichte sich löst. Ich setze voraus, dass es ein
Oellack ist, den der Herr Kollege vom vorigen Jahr
genommen hat.
*) Die Anweisung ist hier, wie es scheint, lückenhaft.

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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