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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 26
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Vorsatzpapier nach alter Art [2]
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Professor Ph. Fleischers "Meisterfarben der Renaissance"
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0119

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Nr. 26.

Münchner kunsttechnische Blätter.

115

solche Zähne sollen auch in gleicher Weite stehen /
doch nach Belieben. Wann du nun diese zwey
Stücke in Bereitschaft hast / so nim
Zum dritten / Gummi Tragant / giesse darüber
ein gut Theil reines Wasser / lasse es weichen;
dieses muss man so dünne machen / dass man es
gar wohl durch ein rein leinen Tuch drücken kann /
also dass es nur wie ein starkes Gummi-Wasser ist /
damit dienachfolgendenFarben darauf stehenkönnen.
Zum vierten geust man dieses Wasser in die
höltzerne Form / und tröpfelt hin und wieder die
bereiteten Farben darauf. Wann nun die gantze
Form über und über mit Farben versehen / so
nimt man /
Zum fünfften den obgemeldeten Kamm / streichet
mit solchem von oben bis zum Ende hinunter / so
ziehen sich die Farben zusammen / und stehen ganz
ordentlich; will man aber etwas Gedrehtes darauf
haben / so nimt man eine Feder / und rundiert dar-
mit / oder ziehet einen Zirckel / oder machet Fi-
guren / wie es einem jeden seine Phantasie giebt /
die man niemand vorschreiben kan. Will man aber
die Züge an beyden Seiten spitzig zu / oder auf
und nieder fahren / so fahre ich nur mit dem Kamm
wieder in die Höhe / und also fort / wie ein jeder
selbsten will.
Zum sechsten / was für Farben darzu gebrauchet
werden: Nim schönes Auripigment und Rauschgelb
untereinander / das gibt Gelbe. Indig mit Kreiden
abgerieben / gibt hell Blau ; bloss Indig / gibt dunckel
Blau ; Blau und Gelb untereinander gerieben / gibt
Grüne. Du kannst / nachdeme du des einen oder
des andern mehr oder weniger nimst / allerhand
Grüne machen. Florentiner-Lac wird zum Rothen
genommen; Schwartz wird nicht darzu gebraucht /
und Weiss ist nicht vonnöthen / weil das Papier
solches hin und her selber gibt.
Zum siebenden / wie die Farben bereitet wer-
den: Alle diese Farben werden aufs subtileste mit
dem stärkesten Brantewein abgerieben / und in eine
jede etwas Fisch-Galle gethan; darbey is aber dieses
zu observieren / dass offtmals entweder die Farben
gar zu weit auseinander gehen / oder aber manch-
mal gar in Tropffen wollen stehen bleiben; hieran
ist die Galle Ursach / dass etwan zu wenig oder
zu viel dabey ist. Denn wenn zu viel darbey ist /
so bleibt es gerne stehen; ist zu wenig darbey /
so fleusts zu sehr. Das rechte Tempo aber kann
man nicht vorschreiben / sondern es muss solches
ein jeder aus Uebung erlernen. Wann nun dieses
alles gethan / und die Farben / nach Gebühr / auf
dem Gummi- oder Tragant-Wasser stehen / auch
gehörig gezogen seyn / so nimt man /
Zum achten / gemein Druck-Papier / feuchtet
solches auf die Art und Weise / wie die Buchdrucker
solches zum Drucken gebrauchen / und legt es auf
die Farbe / drückts auch mit den Fingern fein an /
damit das Papier die Farbe wohl an sich ziehe.
Wann es nun solches gethan / wie es dann thut /

so ziehet man es am untersten Rand heraus / hän-
gets erstlich auf / über eine untergesetzte Multe /
lasset das Wasser abrinnen / alsdann hänget man
es auf Stricke / damit sich das Gummi-Wasser ab-
streiche / und hänget es auf / Bogen vor Bogen /
damit es trocken werde.
Wann es nun wohl getrocknet / so nimt man
zum neundten solches herab / streichet es ein wenig
mit Seyffen / hernach glättet oder planiret man es
mit einem Glättstein / oder was ein jeder für ein
Compendium hat / denn der Glantz muss fast die
schönste Zierde geben.
Zum zehenden / kann auch gemahltes Muschel-
oder Schiffgen-Gold / Silber / Metall / oder Aurum
Musicum / oder Argentum Musicumt / darunter ge-
braucht werden / man darf solches nur mit Gummi
Arabicum / dass es nicht zu dicke oder zu dünne
werden möge / anmachen; auch kann man sonst
allerlei Zierlichkeiten anstellen / nach eines jeden
Belieben.
So man nun diesem / wie es bishero Kunckel*)
beschrieben / üeissig folget / so kann man nicht irren /
denn er hat es (wie er schreibet) öffters so schön
gemacht / sonderlich wenn er Gold darzu genommen /
dass es sey eine Lust anzusehen gewesen. Dass aber
solches von vielen für eine so grosse Kunst gehalten
wird / mag der glauben / der keinen Verstand hat.
Professor Ph. Fleischers „Meister-
farben der Renaissance".
Einer an die Redaktion der „Werkstatt der
Kunst" gerichteten Zuschrift entnehmen wir mit Ver-
gnügen, dass Herr Prof. Fleischer der in unserer
vorigen Nummer enthaltenen Anregung Folge zu
leisten gedenkt und für nächsten Monat eine be-
sondere Ausstellung von mit seinen „Meisterfarben"
gemalten Bildern veranstalten wird. Auch andere
bedeutende Maler werden sich an dieser Ausstel-
lung — das Lokal ist nicht genannt — beteiligen.
Bei seiner Erfindung handelt es sich, wie Herr Prof.
Fleischer besonders hervorhebt, um die Erfolge seiner
langjährigen praktischen und künstlerischen Erfah-
rungen, und, um diese zu würdigen, wendet er sich
in erster Linie an Künstler, die die nötigen
wissenschaftlichen Kenntnisse besitzen, um
seine „Entdeckungen" würdigen zu können 1 Er ver-
weist ausser auf die schon erwähnten in der inter-
nationalen Kunstausstellung befindlichen Bilder von
F. A. V. Kaulbach noch auf ein „wunderbares Por-
trät des kleinen Prinzen Ruprecht bei Heinemann,
bei dem verschiedene Techniken (Prima-Malerei,
trockene und glänzende Erscheinung) mit seinen
Farben ersichtlich sind" und auf einige vortreffliche
Bilder von F. Stuck im gleichen Besitz. Dass Künst-
ler wie Kaulbach und Stuck vortreffliche Bilder mit
den „Meisterfarben" gemalt haben, daran zweifeln
*) Der bekannte Verfasser von Ars vitraria.
 
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