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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 2
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Linde, Hermann: Ueber das Restaurieren alter Kunstwerke
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Ratzka, Arthur: Vermeiden des Abfallens der Farben bei der Pastellmalerei, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0010

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Münchner kunsttechnsche Blätter.

Nr. 2.

der Bilder nur Untermalungen zu sein scheinen,
so hat das alles seine Ursache in dem gründlichen
Lackabnehmen. Wie die Schildwache von Fabrizius
früher einen blauen Himmel hatte und jetzt einen
fast weissen hat, so sind die Farben der meisten
Bilder dort anders geworden. Auch in der
Braunschweiger Galerie ist vor zwei Jahrzehnten
manchen Bildern die Lackschicht abgerieben.
Ein Vergleich der restaurierten mit den wunder-
voll erhaltenen unrestaurierten ist lehrreich. Vor
allem fällt in dieser Beziehung die abgewaschene
Gewitterlandschaft Rembrandts auf, die in früherem
Zustande bei weitem poetischer war, im Gegen-
satz zu seinem unrestaurierten „Christus als
Gärtner". Ebenso sind im Wallraf-Richartz-Mu-
seum in Köln die altdeutschen Meister trotz des
Protestes Düsseldorfer Künstler in den Jung-
brunnen getaucht und mit neuen Vergoldungen
und vielen Uebermalungen glänzend wieder an
die Oberfläche gekommen. Dieselbe schmerzliche
Ueberraschung erleben wir vielfach bei den
Bildern der Schleissheimer Galerie.
(Schluss folgt.)
Vermeiden des Abfallens der Farben
bei der Pastellmalerei.
Von Arthur Ratzka-Berlin. (Schluss.)
Die Breite der Behandlung des zu malenden
Objektes hat nun meines Erachtens mit der Ober-
flächenstruktur des Papiers nicht viel zu tun. Ist
ein Papier sehr rauh, dann werden alle Vertiefungen
der Oberfläche von der Farbe unberührt bleiben,
wenn man sie nicht mit dem Finger gut hinein-
reibt; da aber, wie ich schon einmal ausführte,
nur diejenigen Farbteile auf dem Papier haften,
die durch direkte Berührung des Farbstiftes
oder durch Anreiben hinkommen, wird bei dem
rauhen Papier so manches unbeabsichtigte Loch
erscheinen, weil da nur loser Farbstaub hinein-
fiel. Das mag nun bei Landschaften eventuell
gerade ein gutes Wirkungsmittel sein, beim Por-
trät ist es gut, wenn nichts zufällig anders
kommt, als man beabsichtigt hat. Im übrigen
weiss jeder, dass das Gekörn der Leinwand mit
der Breite der Malerei in Oel gar nichts zu tun
hat, und genau so steht es beim Pastell auch.
Ich entschied mich für das Kamerun-Papier, weil
es allein die nötigen Eigenschaften — eine ge-
wisse Härte und hinwieder einen bestimmten
Grad von Weichheit — besitzt, um die Farben
alle ziemlich gleichmässig ansprechen zu lassen;
es ist genügend rauh, um die Farbe gut anzu-
nehmen und auch wieder genügend glatt, um ein
Ineinanderwischen der Farben zu gestatten, was
bei haarigen Papieren fast gänzlich ausgeschlossen
ist. Ausserdem ist es sparsam im Farbenver-
brauch, während rauhes Papier in der Arbeit
etwa zweimal soviel Farbe abwirft, als auf dem

Papier selbst haften bleibt, weil das Papier wie
eine Feile arbeitet.
Allgemein gültige, mit der Individualität des
Malenden nicht zusammenhängende technische Er-
fahrungssätze gibt es im Pastell nicht viele. Wer
die Hauptbedingung erfüllt, nämlich eine sichere
Zeichnung besitzt, kann ohne weiteres beginnen,
Pastell zu malen. Zu beachten ist hauptsächlich
der eine Umstand, dass nach einiger Zeit auf der
Pappe (oder dem Papier) soviel Farbe sitzt, dass
ein neuer Farbauftrag nicht mehr haften kann;
man gebrauche recht Heissig einen kräftigen
Borstenpinsel mit kurzen Haaren, mit dem man
am besten nach unten streicht und zwar so, dass
man den Stiel höher hält als das Pinselende.
Merkwürdig ist nämlich, dass die ganze Zeichnung
und zum grossen Teile Farbe und Ton nach dem
Abpinseln klar stehen bleiben. Der neue Farb-
auftrag haftet ganz ausgezeichnet auf der so ab-
gewischten Fläche. Will man aber anstatt des
vorher beabsichtigten Dunkel an einer Stelle hell
oder ganz weiss malen, dann muss man die mit
dem Pinsel abgeriebene Stelle noch mit einem
guten Radiergummi, der keine Spuren hinterlässt,
möglichst von jeder Farbe reinigen; man wird
sich viel Arbeit und Aerger ersparen. Einige
Farben: ein gewisses Dunkelviolett, Dunkelgraugrün
u. a. haben mir zeitweilig sehr unangenehme
Stunden bereitet. So wollte ich u. a. eine grosse
Fläche mit Dunkelviolett ziemlich gleichmässig
bemalen, sah aber zu meinem grossen Schrecken,
dass die Farbe garnicht haften wollte; alle Mühe
war vergeblich: mit dem Pinsel ging die Farbe
bis auf schwache Spuren herunter, mit dem Finger
ebenfalls, und Hess ich sie stehen und arbeitete
mit der Farbe in Strichen hinein, dann waren
anstatt der violetten, dunklen Striche, die ich er-
wartete, helle Streifen zu sehen. Nach einigen
verzweifelten Versuchen merkte ich endlich zu
meiner Freude, dass die Farbe ganz gut haftete,
wenn ich die Stelle mit Dunkelgrau (Serie I, Nr. g
oder 4 der deutschen Farben) untermalte und das
Grau sehr stark verwischte, wobei das Violett durch
das darunterliegende Grau in seinem Farbrecht
gar nicht beeinträchtigt wurde. Einige Farben
haben überhaupt die gute Eigenschaft, die Fläche
rasch und mühelos zu decken: man tut gut, grosse
Flächen mit solchen Farben sozusagen zu grun-
dieren, ohne auf die Zeichnung viel Rücksicht zu
nehmen; auf diesem Grund, der aber von der
überschüssigen Farbe befreit sein muss, arbeitet
sichs nachher doppelt so gut. Alles weitere
in der Behandlung dieses Materials ist persönliche
Sache des Malers, es gibt keine Geheimnisse und
keine Kniffe. — Nun wäre es endlich auch an
der Zeit, mit einem alten Aberglauben aufzu-
räumen, den man — leider nicht nur von Laien —
in folgende Worte gekleidet hört: „Pastell eignet
sich sehr gut für Frauen- und Kinderbilder.'' Der
 
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