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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 1
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Orlik, Emil: Ueber den Farbenholzschnitt in Japan
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Ratzka, Arthur: Vermeiden des Abfallens der Farben bei der Pastellmalerei
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Berger, Ernst: Neue Malerfarben, [13]: V. Die Temperafarben des Handels
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0007

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Nr.!.

Münchner kunsttechnische Blätter.

3

Wesenheit ein wundersames Werkzeug graphi-
scher Kunstübung.
Denn in ihr finden wir eine Kunst, weiche
den Bestrebungen der Guten in unserer Zeit ent-
gegenkommt: einfach zu sein! Das Einfache in
höchstem Masse entwickelt und verfeinert in seiner
— Einfachheit!
Vermeiden des Abfallens der Farben
bei der Pastellmalerei.
Von Arthur Ratzka-Beriin.
Auf verschiedene Anfragen inbetreff meiner
Ausführungen über dieses Thema in Nr. ßQ des
III. Jahrg. dieser Biätter wiii ich noch in folgen-
dem antworten.
Der Kern meiner Dariegungen ist, dass man
in Pasteii nie auf Papier oder Leinwand malen
darf, die iose gespannt, oder überhaupt unauf-
gezogen sind, sondern nur auf Pappe, oder soiches
Papier (oder Leinwand), weiches durchgehend
— aiso nicht bloss auf den Rändern — auf Pappe,
Hoiz, oder irgend etwas Hartes, Dickes aufgekiebt
ist, da es sich -- wie ich dariegte, und wovon
sich jeder Koiiege leicht überzeugen kann —
beim Festhalten oder Abwerfen der Pasteiifarbe
nicht, wie man ailgemein annahm, um die Ober-
flächenstruktur des Papiers, oder — allgemeiner
ausgedrückt — des Mediums handelt, auf welches
gemalt wird, sondern um seine Schwingungsform,
denn auf Pappe gemaltes Pastell ist durch keinerlei
Erschütterung abzuschütteln, während ein ganz
leises Antippen einer hochgespannten Pastellein-
wand die Farbe oft bis auf die reine Leinwand
hin entfernt. Es ist also absolut unrichtig, ob
man auf blosse Pappe malt, oder diese mit Papier
oder Leinwand bespannt; auf das Festhalten der
Farbe hat das keinerlei Einfluss und jeder kann
sich das wählen, was ihm am besten dünkt, oder
für sein Darstellungsgebiet geeignet scheint. Ganz
nebenbei habe ich erwähnt, dass ich persönlich
die Pappe mit Kamerunpapier bespannen lasse.
Früher malte ich auf eine bestimmte Pastellpappe,
in deren Fabrikation aber plötzlich eine Aenderung
eintrat, so dass die neue Lieferung mir nicht mehr
entsprach. Da ich schon längst die Beobachtung
gemacht hatte, dass gewisse Papiere sich für
Pastell besser eignen, als irgend eine Pappe, auch
wenn diese mit einem gutklingenden Künstler-
namen behaftet ist, so machte ich Versuche mit
Rollenpapiersorten, weil nur dieses grössere Formate
zulässt. Ich kam dabei auf das Kamerunpapier.
Ich bekam zu meinem Erstaunen mehrere An-
fragen, was eigentlich Kamerunpapier ist? Ich
habe dieses Papier seinerzeit in München kennen
gelernt und hier in Berlin in fast jedem Maluten-
silien-Geschäft bekommen, kann also nicht an-
nehmen, dass es nicht in ganz Deutschland zu
haben sein sollte. Das Aufkleben besorgt am
besten der Buchbinder, doch muss er gleichzeitig

auf die Rückseite der Pappe irgend ein dünnes
Papier aufkleben, damit diese eben bleibt. Kamerun-
papier ist Rollenpapier von etwa 150 cm Breite,
lässt also ganz ansehnliche Formate zu; so habe
ich mir erst kürzlich eine Pappe von 2 Meter
Höhe bespannen lassen. -—
Ich rate ganz entschieden von den sogenannten
„Pastell-Papieren" ab, an denen man infolge ihrer
haarigen Oberfläche im Laufe einer grösseren
Arbeit ausschliesslich Nachteile entdeckt,
ohne einen einzigen Vorteil zu finden.
Man fabrizierte und verwendete sie ja auch
eigentlich nur in dem Glauben an ihre Fähigkeit,
die Farbe festzuhalten. Da wir hierfür aber eine
untrügliche Methode haben und da sich jeder
Kollege überzeugen kann, dass haarige Oberfläche
die Farbe viel leichter abwirft, als glatte, so ist
dieses Papier für uns absolut wertlos!
Neue Malerfarben.
V. Die Temperafarben des Handels.
(Schluss.)
Aus dem Verhalten der Temperafarben, je
nachdem sie auf getrocknetem oder ungetrock-
netem Oelgrund hafteten, in dickerer Schicht ab-
platzten, sich glatt vermalen Hessen usw., konnten
demnach bestimmte Schlüsse auf die Zusammen-
setzung des Bindemittels gezogen werden. Ich
besitze diese Versuchstafel noch und sie bietet
eine treffliche Uebersicht über die Verwendbarkeit
der käuflichen Temperafarben. Zur leichteren
Kontrolle nahm ich je die weissen Farben (Kremser-
weiss oder Zinkweiss), trug sie mit dem Pinsel
auf eine gut geleimte Pappe
1. ohne Bindemittel, pastös und dünner,
2. mit dem dazu gehörigen Bindemittel,
ß. mit Wasser verdünnt,
4. auf getrockneter, mit Oel eingeriebener
Fläche,
$. auf frisch mit Oel eingeriebener Fläche.
Aehnlich verfuhr ich auf gesondertem Unter-
grund, um die Veränderungen durch das Firnissen
kennen zu lernen; endlich als letztes versuchte
ich die Geschmeidigkeit der Tempera dadurch
zu prüfen, dass ich die Farbe auf einem Aufstrich
von Kopaivabalsam auftrug. Diese Prüfung be-
standen die Farben am schwersten, und nur dann,
wenn durch inniges Verreiben der Farbe mit dem
feuchten Grund eine Emulsion selbst entstand,
die gleichzeitig auftrocknete, zeigte die Probe
nach dem Trocknen keine Sprünge.*)
*) Mancher Kollege aus dem Freundeskreis von
Lenbach wird sich daran erinnern, wie er auf seinen
Probiertafeln in eine nasse Firnisschichte hinein mit
Eitempera malte, dann die Stelle solange verrieb, bis
die Emulsion gebildet war, Lichter und Schatten ein-
setzte und das Ganze trocknen liess Lenbach hatte
somit, ohne sich jemals um die Theorie der Emulsion
gekümmert zu haben, rein empirisch den Weg gefunden.
 
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