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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 4
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Reinhart, Josef: Der Farbenholzstich
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Erhaltung und Wiederherstellung der Kunstdenkmale
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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 4.

t6

Probedruck lässt man sich gteichzeitig von jeder
Farbenteilplatte, ausser einem guten Abdruck von
jeder einzelnen Farbe, auch noch die verschiedenen
Abstufungen des Zusammendruckes machen und
zwar: die erste und zweite, die erste, zweite und
dritte usw. Farbenfolge bis zur endgiltigen Zu-
sammenstellung sämtlicher Tonwerte. (Schluss folgt.)
Erhaltung und Wiederherstellung der
Kunstdenkmale.*)
Das Generalkonservatorium der Kunst-
denkmale und Altertümer Bayerns hat an die
Verwaltung der städtischen Gewerbeschulen
in München ein Schreiben folgenden Inhalts ge-
richtet:
„Bei den dem Generalkonservatorium zur Begut-
achtung zustehenden Restaurierungsangelegen-
heiten in den älteren Kirchen und Profan-
gebäuden wird stets die unangenehme Wahrnehmung
gemacht, dass bei den Restaurierungsvornahmen die
Marmorierungs-, Fassungs- und Vergoldungsarbeiten
technisch und stilistisch nicht, wie es sein soll, in der
ursprünglichen Art wiederholt werden. Auf Bean-
standung erhält man meist zur Antwort: ,Uns ist es
in der Lehre und in der Fachschule nicht anders ge-
lehrt worden.' Da nun Ew. Hochwohlgeboren," so
fährt das Schreiben des Generalkonservatoriums fort,
„durch Organisierung und Ausbau der städtischen
Fachschulen Ausserordentliches erzielten, so erlauben
wir uns, im Interesse einer sachgemässen Wiederher-
stellung unserer schönen Kunstdenkmale nachträglich
noch mit folgender Anregung zu kommen: Neben der
Erlernung moderner Kunsttechniken und moderner
Malweise wäre hauptsächlich für Maler und Vergolder,
die mit Restaurierungsarbeiten in alten Kirchen usw.
zu tun haben, in den Fachschulen ein Kurs oder eine
Abteilung notwendig, in welcher die alten Kunst- und
Handwerkstechniken erklärt und gezeigt werden. Die
Marmorierer lernen heutzutage nur die in der Natur
vorkommenden Marmorarten nachzumalen. Die meisten
Altäre und sonstigen marmorierten Gegenstände des
17. und 18. Jahrhunderts zeigen aber sehr feingestimmte
Phantasie-Marmorierung, die sich der Farbgebung der
Stuckmarmore nähern. Diese Marmorierungsarten
werden bei Restaurierungen meist durch naturalistische
Marmor-Imitation ersetzt, wodurch die ursprüngliche
originelle und feine Wirkung regelmässig verloren geht.
Auch werden zur Neu-Marmorierung meistens nach-
dunkelnde und schwer wirkende Oelfarben an Stelle
der hellen Tempera-, Kasein- und Leimfarben genommen.
Selbst die Ausbesserungen alter, teilweise mit der
Feder gefertigter Marmor-Imitationen misslingen in
den meisten Fällen. Alte, grosszügig gemachte, in der
Regel Nussbaumwurzelholz imitierende Maserierungen
werden beinahe immer künstlerisch minderwertig mit
in den Fachschulen und Werkstätten erlernten kleinlich

*) Diese bemerkenswerte Kundgebung, auf die
wir in der vorigen Nummer S. :o (Anmerkung) hin-
gewiesen haben, zeigt, wie wuchtig es ist, die Kenntnis
alter Techniken zu pflegen und ihr Studium nicht zu
vernachlässigen. Insbesondere sollten auch Künstler,
die ja vielfach bei Wiederherstellung alter Werke des
Kunstgewerbes herangezogen werden oder ihr Gut-
achten abzugeben haben, sich der in Vergessenheit
geratenden Kunsttechniken annehmen und nicht dulden,
dass moderne Surrogat-Techniken bei alten Kunst-
werken zur Verwendung kommen.

naturalistischen Fichten- oderEichenholz-Maserierungen
in Oelfarben-Ausführungen ersetzt.
Die Wiederholung der Fassung alter Holzplastiken
fällt ebenfalls meist stilistisch unrichtig aus, da Oel-
farben an Stelle der Kreidegrundierungen, Tempera-
und Oeltempera-Fassungen gesetzt werden. Diese
fettig und schwer wirkenden neuen Oelfarben dunkeln
bald nach. Die Fleischfarben werden meistens auch
zu rot gehalten. An Stelle feiner Polier-Weiss-Fassungen
wird ein gewöhnlicher weisser Anstrich oder unschöne
Buntfassung gesetzt, da vielen die Herstellung der
Polier-Weiss-Fassung unbekannt ist. An Altären und
besseren Plastiken wurde bis zum Ende des 18. Jahr-
hunderts stets Glanzvergoldung auf rotem oder
gelbem Bolus-Grunde angewendet. Bei Erneuerungen
der Polychromie wird in vielen Fällen an Stelle des
Glanzgoides die billigere, dafür fettig und unschön
wirkende Vergoldung auf Oelgrund, und ab und zu
auch auf Lackgrund gemacht. Auch Silber mit Gold-
lack-Ueberzug, Metallgold oder Oelbronze anstatt
Gold, dann Aluminium anstatt Silber kommen zur
Verwendung, wodurch die Gegenstände wohl wieder
,neuer' hersehen, aber im Kunstwert Verlust erleiden.
Die vielfach in den Kreidegrund geschnittenen, gra-
vierten und die in dünner Papiermasse aufgelegten
glanzvergoldeten Verzierungen alter Altäre und Plastiken
können nach erfolgter Oelvergoldüng technisch nicht
mehr in Glanzgoldtechnik hergestellt werden. Zu
den Neuvergoldungen wird meistens auch zu dunkles
Orangegold und ferner das billige, unpassende Grau-
Poliment verwendet. Bei der zunehmenden Oelgold-
manie kommen die übrigen Vergoldungsarten in Ver-
gessenheit.
Es wäre empfehlenswert, wenn für die Malerfach-
schulen genaue Kopien in Originalgrösse von allen
guten Marmorierungen und Maserierungen zum Nach-
malen gefertigt würden, ferner dass einige billige, aber
gut alt gefasste und einige alt vergoldete Objekte mit
der Zeit als Lehrmaterial angeschafft würden. Den
Vortragenden Fachlehrern könnten die technischen
Referenten des Generalkonservatoriums, wenn er-
wünscht, obige Bedürfnisse noch eingehender dariegen.
Die Leitung der städtischen Gewerbeschulen könnte
also zur Erhaltung und richtigen Wiederherstellung
vieler unserer Kunstdenkmale und zur Hebung einer
Sparte des Maler- und Vergoldergewerbes ausser-
ordentlich beitragen, wenn bei der Ausbildung der
jungen Leute an der städtischen Fachschule auch die
älteren Techniken und Restaurierungsarten mit in den
Lehrplan aufgenommen würden."
Die Verwaltung der städtischen Gewerbe-
schulen ist, wie Schulrat Dr. Kerschensteiner
in der Sitzung des Verwaltungssenats mitteilte,
gewillt, dieser dankenswerten Anregung Rechnung
zu tragen unter der Voraussetzung, dass der
Staat die hierfür nötigen Mittel zur Verfügung
stellt. Der Verwaltungssenat beschloss, ein dies-
bezügliches Gesuch an das Staatsministerium für
Kirchen- und Schulangelegenheiten zu richten.
Druckfehler-Berichtigung.
Im Artikel „Vermeiden des Abfallens der Farben
bei der Pastellmalerei" von A. Ratzka haben
sich folgende sinnstörende Druckfehler eingeschlichen.
S. 3, 1. Spalte Mitte soll es heissen: Es ist absolut
unwichtig (statt unrichtig); S. 6, 2. Spalte, Zeile 16
von unten soll es heissen: in seinem Farbwert (statt
Farbrecht).
 
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