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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 5
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Bakenhus, Gerhard: Ist tatsächlich das Oel den Farben so schädlich, wie man gewöhnlich annimmt?
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Reinhart, Josef: Der Farbenholzstich, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0022

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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr 5-

u8

mit Wasser schiecht mischt. Casseierbraun hat
bekanntlich dieselbe Eigenschaft, indem es immer
obenauf schwimmt. Der Glaserkitt besteht aus
Leinöi und Kreide; der Leinöizusatz ist natur-
gemäss sehr gering und trotzdem dunkeit die
Masse selbst im zerstreuten Licht fürchterlich
nach. Kreide ist bekanntlich kohlensaurer Kalk.
Alle kalkhaltigen Ocker dunkeln so stark, dass
sie für die Oelmalerei nicht in Betracht kommen,
trotzdem diese Ocker nicht mehr Oel gebrauchen
wie die kalkfreien.
Gebrannte Terra di Sienna dunkelt bei
deckendem Aufstrich auch im vollen Licht sehr
stark, und zwar so, dass man den ursprünglichen
Ton nicht mehr erkennen kann. Man kann hellem
Ocker, vorausgesetzt, dass er kalk- und säure-
frei ist, ruhig ebensoviel Oel zusetzen, dass derselbe
Prozentsatz erreicht wird wie bei gebrannter Sienna,
und er dunkelt im Verhältnis doch nicht so nach.
Aus obengesagtem lässt sich ersehen, dass doch
wohl andere Faktoren in Frage kommen, d. h., dass
manche Farben eher dem Oel übel mitspielen wie
umgekehrt.
In meinem Besitz ist ein altes Stilleben vom
Jahre 1762; dasselbe ist auf ölgrundierter Lein-
wand gemalt und ist diese vollständig brüchig
geworden. Die Farbe ist teilweise so stark mit
mit Oel versetzt, dass sie vollständig runzelig
aufgetrocknet ist. Merkwürdigerweise sind aber
gerade diese Stellen durchaus nicht sehr nach-
gedunkelt; es sind nur solche, wo eine zweifel-
hafte Farbe gebraucht ist, z. B. ist das Grün und
Gelb vollständig braun geworden, vielleicht Schütt-
gelb und Auripigment mit Berggrün und Grünspan
in Oel. Der Zinnober hat sich auf dem Bilde
vorzüglich gehalten.
Auf Porträten von Anton Graff, die in der
Farbe sehr frisch erhalten sind, findet man Stellen,
die auch vollständig runzelig aufgetrocknet sind,
ohne dass die Farbe dort nachgedunkelt wäre.
Alle Manganverbindungen dunkeln stark, eben-
so ein Oel, welches mit Mangan gekocht oder
damit versetzt ist.
Eigentümlich verhält sich Pariserblau. Wenn
man dasselbe gut mit kochendem Wasser aus-
wäscht und ohne Bindemittel auf Papier aufträgt
(es haftet sehr fest), ist es absolut haltbar, es hat
jsich in s/^ Jahren im Sonnenlicht nicht im geringsten
geändert. Mit Oel angerieben ist es jedoch in
zwei Monaten ganz grün geworden und sehr stark
verblasst.
Wir haben hundert Jahre alte Gemälde, die
zweifellos mit reiner Oelfarbe gemalt und dabei
von einer Frische der Erhaltung sind, die nichts
zu wünschen übrig lässt. Wenn also neuere Ge-
mälde in kurzer Zeit verderben, so liegt das nicht
an der Oelfarbe, sondern daran, dass die be-
treffenden Künstler die Eigenschaften ihres Materials
nicht kannten und infolgedessen nicht richtig an-

wandten. Ist es mir doch neuerdings vorgekommen,
dass eine junge Dame, die Schülerin einer königl.
Schule war, Schweinfurter Grün und Kadmium
mischte, und zwar auf Anraten ihres Professors!
Das sind dann doch so grobe Fehler, dass
man sich nicht wundern darf, wenn noch viel mehr
derartiges vorkommt und dass sich die Bilder noch
tatsächlich so halten, wie sie es tun.
Der Farbenholzstich.
Von Josef Reinhart. (Schluss.)
Ist der erste Probedruck fertig, so müssen
sämtliche Platten mit Zuhilfenahme der Skalen
genau durchgesehen und korrigiert werden. Nach-
dem nun diese Platten sorgfältigst auf ihre Ton-
werte gestimmt, korrigiert worden sind, wird als
letzte Platte die Hauptplatte in die Reihe der
Farbenteilplatten mit einbezogen. Die lichtesten
Stellen werden entfernt, alles andere richtig ge-
stimmt, kurzum die richtige Korrektur vor-
genommen. Beherrscht der Xylograph mit Meister-
schaft den Stichel, so ist unter Umständen ein
Entfernen der lichtesten Stellen vielleicht auch
überflüssig, da ihn seine Technik in den Stand
setzt, Töne zu erzielen, die wie ein Hauch wirken,
dem Farbenbilde eine angenehme, weiche Ver-
bindung geben, — ja, da es doch notwendig ist,
dass bei jedem Farbenholzstich eine führende
Farbe durchs ganze Bild geht — sei es nun
bräunlich, grünlich, gräulich usw. — denn Bilder
mit scharf abgegrenzten Farbenumrissen und auf-
dringlich hervortretenden Farben gleichen mehr
Bilderbogen und verlieren ihren Wert durch den
Mangel des Ineinanderfliessens der einen Farbe
in die andere, weil Farben, die ihrer Natur nach
nicht miteinander verschmolzen werden können,
dennoch sich unmerklich sanft ineinander ver-
lieren sollen, um dem Auge wohl zu tun.
Sind nach dem ersten Probedruck sämtliche
Platten korrigiert und auf ihre Tonwerte vor-
läufig gestimmt worden, so wird mit dem zweiten
Probedruck begonnen.
Das Ergebnis wird schon ein den Wünschen
entgegenkommendes sein. Diese Probedrucke
müssen so oft angefertigt und die Platten korri-
giert werden, als es die Notwendigkeit erfordert.
Bei kleinen, einfacheren Bildern ist es möglich,
dass man mit zwei Probedrucken sein Ziel erreichen
kann — bei Arbeiten grossen Formats, ja viel-
leicht ganz aussergewöhnlichen Grössen, werden
im mindesten doch drei Probedrucke zu machen
sein, in der Regel aber mehr, weil es bei Kolossal-
arbeiten nicht möglich ist, nach einer Schablone
arbeiten zu können; denn eine der ersten Be-
dingungen für den selbständigen Stecher ist, dass
er frei und ohne jedweden Einfluss ganz nach
seiner eigenen Idee schaffen kann. Jede Beein-
trächtigung wirkt mehr störend als fordernd auf
 
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