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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 10
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Kainzbauer, Ludwig: Physikalische Bedingung der Gemäldeerhaltung
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Buchner, Georg: Ueber Wismutmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0043

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Nr. io.

Münchner kunsttechnische Biätter.

39

Um näher unterrichtet zu werden, habe ich
am physikalischen Institut der Universität an-
gefragt, ob über das Adhäsionsverhältnis zwischen
zwei Körpern auf ihre gegenseitige Masse Beob-
achtungen oder von Gelehrten gemachte Arbeiten
vorliegen, man hat mir diese Frage verneint, je-
doch meine Meinung bestätigt.
Nach diesen Betrachtungen will ich nun aus
meiner Erfahrung mitteilen, wie ich vor etwa
2$ Jahren gemalt habe. Ich habe immer dicke
Leinwänden gekauft, keinen Palettstecher ge-
braucht, die besten Oelfarben (seit 20 Jahren
Mussinifarbe) verwendet. Die Untermalung, wie
es bei Prof. F. Keller-Karlsruhe Gebrauch ist,
aquarellartig dünn gemacht. Wenn nun diese
Unterlage auch nicht ganz trocken war, habe
ich selbe mit Vernis frangais Söhnee freres ge-
firnisst und wieder darauf gemalt. So mache
ich es heute noch, da ich sehe, dass sich diese
Methode bewährt hat. Alles muss natürlich mög-
lichst dünn geschehen, jedoch können schadlos
dicke Stellen gemacht werden, wo die dünne
Farbe nicht genügend wirkt.
Ferner habe ich vor IO Jahren meine Wand
hinter dem Balkon, also im Freien, mit einer Land-
schaft bemalt. Es bildete nur der blosse Mörtel,
gar nicht präpariert, den Malgrund.
(Schluss folgt.)
Ueber Wismutmalerei.
Von Georg Büchner, Chemiker in München.
Im 1$. und 16. Jahrhundert wurde unter dem
Namen der Wismutmalerei insbesondere in Nürn-
berg und anderen süddeutschen Städten eine
kunstgewerbliche Technik ausgeführt, von welcher
in Museen und in Privatbesitz noch manche
hübsche Stücke erhalten sind. Es sind das
meistens kleinere oder grössere Kästchen oder
Truhen aus hartem Holz mit bunten Ornamenten
und Blumen bemalt, in deren Zwischenräumen
metallisch glänzender, meist bunt, bläulichgrau
bis rötlich angelaufener Grund durchscheint und
einen hübschen Farbeneffekt mit der Malerei
bildet. Es handelt sich hier um eine verloren
gegangene und seit oben angeführter Zeit nicht
mehr ausgeführte Technik. Dr. F. Wibel hat in
seinen „Beiträgen zur Geschichte, Etymologie und
Technik des Wismuts und der Wismutmalerei"
(Hamburg 1891, Verlag von Lucas Gräfe & Sillem)
eingehende Studien über diese Technik und ihre
Geschichte ausgeführt. Nach ihm bestehen in der
Tat, öfteren Anzweiflungen gegenüber, die glän-
zenden Stellen der Wismutmalereien in auf einem
Leimkreidegrund aufgebrachten Wismutmetall. An
dem dem Verfasser (Wibel) zur chemischen Prü-
fung übergebenen, die Jahreszahl 1557 tragenden
Kasten ist der metalische Malgrund als reines
und jedenfalls unlegiertes Wismut nachgewiesen.

Bestätigt sich diese Tatsache für alle anderen
Fabrikate dieser sogenannten „Wismutmalerei", so
hat dieselbe allgemein das reine unlegierte Wis-
mut zur Grundierung benutzt. Man dürfte in der
Weise gearbeitet haben, dass ein harter Kreide-
. grund mit Metallpulver überzogen und dieses
mittels des Polierstahles oder -Steines geglättet
wurde.
Wibel versuchte die Technik nachzubilden,
was ihm, da sich Wismutfolie infolge der Sprödig-
keit dieses Metalls nicht hersteilen lässt, dadurch
gelang, dass er einen Leimkreidegrund mit ge-
pulvertem Wismut bestreute und mit dem Polier-
stahl bearbeitete. Die Art, wie Wibel diese
Technik nachahmte, ist sehr mühevoll.
Auf Veranlassung von Fräulein Thea Witt-
mann, Lehrerin an der Kunstgewerbeschule in
München, hat sich Verf. mit dieser Technik ein-
gehend befasst und gelang es demselben, ein
Verfahren ausfindig zu machen, nach welchem es
auf leichte Weise gelingt, das Wismut vollständig
homogen auf den Leimgrund aufzutragen.
Nach dem Polieren wird auf den glänzenden
Grund entweder mit Deck- oder Lasurfarben (Tem-
pera) gemalt. Dieser Wismutgrund ist einer sehr
vielseitigen Verwendung im Kunstgewerbe fähig.*)
Als Ursprungsort und Heimatland dieser
Technik ist zweifellos Deutschland anzunehmen,
da ja das Wismut selbst seinem Vorkommen und
seiner Geschichte nach als ein spezifisch deut-
sches Metall gelten darf. Natürlich schliesst dies
nicht aus, dass sie durch Deutsche auch ins Aus-
land verpflanzt und dann wieder von diesem
zurückimportiert sei. So bedarf es z. B. der
Prüfung, ob mit der von Mathesius erwähnten
„Meilendischen arbeit, welche man Conterfey
nennt" unsere „Wismutmalerei" gemeint ist, die
sehr wohl durch Agricola in Oberitalien ein-
geführt sein könnte.
Der Name für diese Technik erklärt sich
dann von selbst durch die Verwendung des ge-
nannten Metalles; aber auch eine schon frühe
übliche und verbreitete Zurückführung auf „Wiesen-
matten"**) würde nur die Anknüpfung an die
andere Schreibweise des Metalles, nicht aber eine
Beziehung zu den in den Malereien auftretenden
Wiesenblumen usw. andeuten.
Das Alter der Technik ist an dasjenige des
Wismuts geknüpft und würde somit etwa bis
1480 zurückgehen können. Sollten dagegen
sichere Fabrikate dieser Technik von unzweifel-
haft höherem Alter nachgewiesen werden, so
*) Näheres teilt aufAnfragen Herr Georg Büchner,
Rottmannstr. 9/0, der auch der Schriftleitung ein
Muster zur Verfügung gestellt hat, mit.
**) Ursprünglich ein Grubenname (Zeche); es wurde
in der im Schneeberger Revier gelegenen Zeche
„Wiesen" — gemutet, daher Wiesemutung, oder Wiese-
mut — dann Wismutzeche. Hüttenmännisch im grossen
wurde das Wismut erst im 19. Jahrhundert gewonnen.
 
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