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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

DOI issue:
Nr. 24
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Kiesling, Ernst: Erwiderung auf "Makarts Maltechnik"
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0097

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Mönchen, 21. Sept. 1908.
Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.
IV. jahrg. Nr. 24.
Inhalt: Erwiderung auf
1. Zuschrift von
Neue Literatur.
„Makarts Maltechnik". Von Ernst Kiesling. — Das Klebrigbleiben der Oelfarben.
Hugo Struck, 11. Zuschrift von Finster & Meisner, 111. Zuschrift von Fritz Schütt. —
— Inhaltsverzeichnis des IV. Jahrganges.
Erwiderung aut „Makarts Maitechnik."

Im Hinblick auf den Aufsatz „Makarts Mal-
technik" (Von einem ehemaligen Schüler,) worin
der ungenannte Verfasser auf eine Stelle der
Einführung zu meinem Buche: „Wesen und Tech-
nik der Malerei" hinweist, sehe ich mich genötigt
den Vorwurf, dass ich mich zu Uebertreibungen
verleiten liess, entschieden zurückzuweisen. Wohl
weiss ich, dass einem bei aller Vorsicht Irrtümer
unterlaufen können, jedoch in diesem Fall sehe
ich mich veranlasst nichts zurückzunehmen und
meine Behauptungen in ihrem vollen Umfang
aufrecht zu erhalten.
Dass der ehemalige Schüler für seinen Lehrer,
den auch ich als einen grossen Meister verehre,
eine Lanze bricht, ist menschlich und ehrenvoll.
Wenn ausser mir auch andere auf den allzu früh-
zeitigen Verfall der Makartschen Schöpfungen
hingewiesen haben, so geschah dies — nach
meinem Empfinden —gewiss nicht, um den Meister
herabzusetzen, sondern lediglich um der Sache
willen, weil tatsächlich mit der unaufhaltsamen
Vernichtung dieser ursprünglich so wundersamen
koloristischen Schöpfungen, ebenso bedeutsame
und eigenartige künstlerische Werte zugrunde ge-
gangen sind. Daher die Klage über den schnellen
Untergang der Makartbilder — deshalb die Kritik
über die Malweise des bei alledem grossen
Künstlers. —
Ueber die Tatsache des vorzeitigen Schwindens
der berückenden Farbenreize in Makarts Gemälden,
ist der Herr Verfasser mit mir völlig einig, denn
er sagt wörtlich: „Die Zeit eilt. Bald werden
2$ Jahre verflossen sein, dass den frühverstorbenen
Meister der Grabhügel bedeckt, und was von seinen
Werken uns zurückgeblieben ist, trägt auch schon
den Stempel des Verwelkens an sich." Sodann
wirft der Verfasser weiter die Frage auf: „Woran

liegt das? Wen trifft die Schuld an dem Ver-
blassen und Dunkelwerden seiner Farben? Makarts
Zeitgenossen haben doch auch mit dem gleichen
Material gemalt?" Nun zweifellos trifft Makart
allein die Schuld an dem in der Geschichte der
Malerei beispiellosen frühzeitigen Schwinden der
Farbenwerte. Doch nur seine unzweckmässige,
allen technischen Erfahrungen Hohn sprechende
Art zu malen war es, die diesen frühen Verfall
herbeigeführt hat. Mag auch das Farbenmaterial —
welches in letzter Zeit, besonders durch das Ein-
greifen der Münchener Gesellschaft für rationelles
Malverfahren, wesentlich besser geworden ist —
zu Markarts Zeit manches zu wünschen übrig ge-
lassen haben, so war es dennoch, wie viele Werke
seiner Zeitgenossen bestätigen, keineswegs so
minderwertig, dass sich mit ihm nicht technisch
reife und auch dauerhafte Malereien ausführen
Hessen.
Der eigentliche Grund des Vergehens der
koloristischen Schönheiten in Makarts Gemälden
beruht darin, dass er den Farben solche Gewalt
angetan und derartige Forderungen an sie gestellt
hatte, denen sie nicht gewachsen sind und die
sie nicht erfüllen können. Sagt doch der ehe-
malige Makartschüler selbst: „Es war mehr ein
Hinzaubern und in einem Zuge Vollenden, indem
in dicke Grundschichten von transparenten
Mischungen sofort mit Deckfarben weiterge-
arbeitet wurde." Dies ist ja eben des Pudels
Kern, und die Antwort auf seine Frage erteilt
der Herr Verfasser sich eigentlich doch selbst.
Denn jeder Maler — und sei sein Genie auch
noch so gross — muss doch so viel von der Tech-
nik wissen, dass Lasurfarben niemals pastös auf-
getragen werden dürfen, sondern, ihrem eigent-
lichen Charakter entsprechend, in möglichst dünnen
 
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