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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 6
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Berger, Ernst: Unser Farben-Babel, [2]
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Eine merkwürdige Eigenschaft von Zinkweiss
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0028

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Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr 6.

in den einschlägigen Werken von Bersch, Mier-
zinski, Linke, Zerr und Rübenkamp u. a. unter-
richten will, dem schwirrt es von all den Namen
für Farben, um so mehr, wenn man gleichzeitig
die französischen und englischen Bezeichnungen in
acht behalten will.
So führt z. B. Kobaltblau auch die Namen:
Thenards Blau, Azurblau, Kaiserblau (Königsblau),
Kobaltultramarin, Gahns Ultramarin. Für Berliner-
blau werden angeführt: Pariserblau, Preussisch-
blau, Sächsischblau, Stahlblau, Miloriblau, Neublau,
Oelblau, Wasserblau, Mineralblau, Erlangerblau,
Zwickauerblau, Waschblau, Raymondblau, Louisen-
blau, Braunschweigerblau. Ultramarin blaue
führen auch die Namen: Permanentblau, Neublau,
Orientalisch Blau, Azurblau, Lasurblau, French blue.
Bei Schweinfurtergrün und ähnlichen, aus
arseniksaurem und essigsaurem Kupferoxyd ge-
bildeten Farben haben sich eine ganze Reihe von
Namen „eingebürgert". Mierzinski (Handbuch d.
Farbenfabrikat. II, S. 709) führt 50 (!) solcher Be-
zeichnungen an, wovon hier nur die gebräuchlichen
angeführt seien, und zwar: Scheelsches Grün,
Mitisgrün, Deckgrün, Mineralgrün, Neuwiedergrün,
Bremergrün, Kupfergrün, Jasnigergrün, Patentgrün,
Kaiser-Grün, Königs-Grün, Wiesengrün, Wiener,
Kirchberger, Leipziger, Pariser, Hörmanns Grün,
Englisch Grün, Papageiengrün.
Unter den Benennungen für blaue Farben
sind oben (bei Berlinerblau) Oelblau und Mineral-
blau erwähnt, die gleichen Bezeichnungen gelten
aber auch für Kupferkarbonat, also für eine Farbe
ganz anderer Zusammensetzung (s. Bersch, S. 617).
Ist hier schon durch die Unmasse von Namen
für dieselbe Farbe einerseits Anlass zu Verwirrung
gegeben, so führt dieser Umstand in noch be-
klagenswerterer Weise zu Verwechslungen, wenn
die nämliche Bezeichnung in einer anderen
Sprache für eine andere Farbe im Gebrauche ist.
Diese Tatsache ist für viele Kollegen von Wichtig-
keit, weil sie ihre Farben vielfach von englischen
oder französischen und holländischen Farbenfabri-
kanten beziehen, oder auf Studienreisen im Aus-
land oftmals in die Lage kommen, ihren Bedarf
unterwegs zu decken. Gerade bei den grünen
Farben ist das der Fall: so heisst Smaragdgrün
in der französischen Sprache Vert emeraude, eng-
lisch Emeraldgreen. Während unter dem deutschen
Smaragdgrün eine Art Schweinfurtergrün ver-
standen wird, bedeutet Vert emeraude bei fran-
zösischen und belgischen Fabrikanten Chrom-
oxydgrün. Dieses darf nicht mit Emeraldgreen
(arsenig-essigsaures Kupferoxyd), dem Vert Paul
Veronese oder Vert de Paris der französischen
Benennung, verwechselt werden. Dabei heisst
„Veronese Green" im Englischen auch die beste
Sorte von Chromoxydgrün oder Viridian (s. Ein-
leitung der engl. Ausgabe vonBlockx' Compendium).
Deutsche Fabriken führen in ihren Listen aber

alle diese Farben sowohl in der französischen als
auch in der englischen und deutschen Bezeich-
nung lustig nebeneinander, und wer nicht die ge-
naueren Unterschiede kennt, wird enttäuscht sein,
mit dem gleichen Namen verschiedene Produkte
bezeichnet zu sehen.
Was soll man dazu sagen, wenn grosse Fa-
briken, die ausschliesslich für Kunstmaler arbeiten,
in ihren Listen ein und dieselbe Farbe mehr-
mals, und zwar als Mitisgrün, Deckgrün, Pariser-
grün, Vert Paul Veronese, die doch alle Be-
zeichnungen für Schweinfurtergrün sind, anführen,
wodurch der Käufer in den Glauben versetzt ist,
es wären verschiedene Farben? (Schluss folgt.)
Eine merkwürdige Eigenschaft von
Zinkweiss.
Unter diesem Titel berichtet die deutsche Maler-
zeitung „Die Mappe" in Nr. 57 vom 29. Sept. 1907 über
eine bis jetzt kaum beachtete Eigentümlichkeit des
Zinkweiss, sich in Mischung mit Leinölßrnis zu erhitzen.
Ein Malermeister hatte eines Abends Zinkweis (I Schnee-
weiss) in Leinölfirnis eingeweicht, um andern Tages
eine Fassade zu streichen. Am nächsten Morgen sei
die Mischung kochend heiss gewesen. Als er dann
das gleiche Zinkweiss nochmals in den Oelürnis ein-
rührte, konnte er die geschilderte Wahrnehmung nicht
machen. Dagegen wiederholte sich der erst geschilderte
Vorgang, als er nochmals in einen grösseren Topf den
Leinölßrnis gab und darauf soviel Zinkweiss schüttete,
dass das Oel vollständig damit zugedeckt war. Nach
9—io Stunden war die Mischung wieder heiss und
fanden sich zusammengeballte Klumpen von Firnis
und Zinkweiss, die sich elastisch wie Gummi verhielten
und die Farbe unbrauchbar machten.
Diesen merkwürdigen Fall aufzuklären, wurde der
Chemiker G. Büchner von der Redaktion der genannten
Zeitschrift veranlasst und er kam nach eingehender
Prüfung zu folgenden Resultaten: Das Zinkweis ist
ein sehr lockeres, voluminöses Pulver, das viel Luft
enthält. Wird nun Zinkweiss in Leinölßrnis geschüttet
und die Oberßäche mit dem Zinkweiss, welches ein
schlechter Wärmeleiter ist, vollständig bedeckt, so
ßndet eine Oxydation des Leinölßrnis statt, wobei die
entwickelte Wärme durch die Art des Verschlusses
mit Zinkweiss zusammengehalten wird und so zur
Wahrnehmung kommt. Vergleichende Proben mit
anderen sehr lufthaltigen Pulvern, wie Kieselguhr und
technischem Eisenoxyd, ergaben keine Temperatur-
erhöhung. Demnach ist anzunehmen, dass das Zink-
oxyd ganz spezielle katalitische Eigenschaften besitzt,
wodurch die Oxydation des Leinölßrnisses wesentlich
beschleunigt wird.
Die bekannte Erscheinung bei ölgeträngten Woll-
lumpen u. dgl., die sich mitunter selbst entzünden, ist
insofern anders zu erklären, weil hier eine kleine Menge
Oel sehr fein verteilt ist, also der Lufteinwirkung eine
grosse Oberßäche geboten ist. Dagegen hat ein
Abonnent der Malerzeitung eine mit der oben be-
schriebenen, analoge Beobachtung mit in Oel ein-
gerührter Umbra gemacht. Das zur Verwendung ge-
nommene Blechtöpfchen wurde so heiss, dass man es
nicht anfassen konnte. Ein andermal war die Erhitzung
der Masse so gross, dass der hölzerne Kübel, in dem
Umbra unter Oel am Abend vorher eingerührt wurde,
am nächsten Morgen verkohlt und der Fussboden
durchgebrannt war'

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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