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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 3
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Linde, Hermann: Ueber das Restaurieren alter Kunstwerke, [2]
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Laar, Conrad: Bemerkung zur Geschichte der Galvanographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0014

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:o

Münchner kunsttechnsche Blätter.

Nr. 3.

vergeblich sucht. Was würde wohl aus diesen
alten Porträts und Kirchenbildern werden, wenn
ihnen die Patina genommen würde! Ebenso ist
die Sorge nicht unberechtigt, dass es den Mün-
chener Kirchen, die restauriert werden sollen,
nicht besser ergehen wird, wenn sie denselben
Unternehmern übertragen werden, die die Restau-
ration der bisher restaurierten unter ihrer Leitung
hatten. *)
Es scheint beinahe, als wenn diejenigen
Männer, die zu Hütern der Kunstschätze bestellt
sind, gar nicht wissen, dass dasjenige, was neben
dem inhaltlichen Gedanken, der Komposition und
den einzelnen Farben einem Gemälde in letzter
Linie seinen Wert verleiht, das Zusammenklingen
des Ganzen ist — ich möchte es die Psyche des
Bildes nennen — und dass dieser zarte Zusammmen-
klang durch das brutale Lackabnehmen bis auf
den Grund und gar erst durch das Hineinmalen
und teilweise Ueberlasieren völlig zerstört und
damit das Bild in einen Leichnam verwandelt
wird. Um des glänzenden salonmässigen
Aussehens willen wird neben der Echt-
heit auch meist die Dauerhaftigkeit des
Bildes preisgegeben; Denn, dass die restau-
rierten Bilder nun für weitere Jahrhunderte lebens-
fähig seien, ist ein Irrtum; man kann sich leicht
überzeugen, dass die restaurierten Bilder mit
wenigen Ausnahmen in schlechterer Verfassung
sind wie die unberührten, und dass sie bald
wieder einer Reparatur bedürfen. Sonst müsste
ja der Restaurator nun für Jahrhunderte entbehr-
lich sein! Ebenso ist das Bestreben, ältere Re-
touchen oder Uebermalungen zu beseitigen, fast
immer mit Angreifen der Farbschicht verknüpft
und ausserdem werden die Retouchen ja in
reichem Masse durch neue ersetzt, wie die Er-
fahrung lehrt. Derartige Eingriffe geschehen nur
zum Nachteil der Bilder.
Um nach Möglichkeit die unberührten Werke
zu bewahren, rufe ich die Kollegen zur Mit-
wirkung auf. Der einzige Weg scheint mir die
öffentliche Besprechung, wie es auch bei Archi-
tekturdenkmälern mit Erfolg geschieht, in einem
Kunstblatt, namentlich der „Werkstatt der Kunst"
oder in einer Tageszeitung zu sein.
Wenn alle Kollegen, denen die alten Sachen
am Herzen liegen, sich der kleinen Mühe unter-
ziehen, jeden Fall brutaler Restauration zur all-
gemeinen Kenntnis zu bringen, werden die Be-
sitzer alter Kunstwerke doch allmählich zu der
Ueberzeugung kommen, dass ihr Besitz durch
Restaurationen nicht verbessert wird.

*) Nach der letzten Kundgebung des General-
konservatoriums der Kunstdenkmäler Bayerns, auf die
wir noch zurückkommen werden, ist dies nun wohl
ausgeschlossen. Die Red.

Bemerkung zur Geschichte der
Gal vano graphie.
Von Dr. Conrad Laar, Bonn a. Rh.
Die in diesen Blättern kürzlich (III. Jahrg.
Nr. 18 bis 20) aus der „Kunst unserer Zeit" ab-
gedruckte Besprechung von Hubert v. Her-
komers Vorlesungen über „Radieren und
Schwarzkunst" durch Helen Zimmern enthält
auch die — übrigens wohl kaum ganz klare —
Beschreibung des von Herkomer in Gemeinschaft
mit Henry Thomas Cox ausgearbeiteten Ver-
fahrens zurHerstellung von (Original-) Kupfer-
druckplatten auf galvanoplastischem Wege.
Dieses Referat war, wie vorbemerkt werden muss,
noch in demselben Jahre wie die Vorlesungen
selbst, 1892 erschienen.*) Als Anfang 1896
Herkomer jenes inzwischen noch etwas abge-
änderte Verfahren durch einen darüber in London
gehaltenen Vortrag allgemeiner bekannt machte
und ziemlich gleichzeitig die ersten von ihm derart
hergestellten Blätter in Deutschland zur Aus-
stellung gelangten, wurde von verschiedenen Seiten
darauf aufmerksam gemacht, dass das Verfahren
in seinen wesentlichen Teilen keineswegs neu sei.**)
Da nun der betreffende Abschnitt des Artikels
von Helen Zimmern ohne den sonach eigentlich
wünschenswert gewesenen Kommentar zum Ab-
druck gekommen ist, möge es mir gestattet sein,
hier nochmals daran zu erinnern, dass Franz v.
Ko bell in München (1803 —1882), ein Mann von
ebenso grosser, wenn auch anders gearteter, Viel-
seitigkeit wie Herkomer, das in Rede stehende
Verfahren schon 1840 erfunden und 1842 in einem
Werkchen „Die Galvanographie, eine Methode,
gemalte Tuschbilder durch galvanische Kupfer-
platten im Druck zu vervielfältigen", beschrieben
hat.***) Die Galvanographie ist also nur wenig
jünger als die Photographie. Sie wurde um die
Mitte des vergangenen Jahrhunderts in München,
namentlich von Franz Hanfstängl sen. praktisch
ausgeübt, dem Begründer eben der Kunstanstalt,
welche später die Zeitschrift ins Leben rief, in
welcher der Aufsatz von Helen Zimmern ur-
sprünglich erschienen ist. In Wien wurde die
Galvanographie ebenfalls aufgenommen, indessen
hier wie in München wohl vorzugsweise als re-
produzierende Kunst, als welche sie sich aber auf
die Dauer den mehr und mehr an Bedeutung

*) Die Kunst unserer Zeit 3, I, ti2 — wie ich
einer freundüchen Mitteilung von Franz Hanfstängls
Kunstverlag entnehme; der betretende Band war mir
hier leider unzugänglich.
**) Man vergl. Die Kunst für Alte, 1895—96, 102,
198, 244; dann insbesondere Eders Jahrb. für Photo-
graphie und Reproduktionstechnik 1897, 479-
***) Auch andere Experimentatoren scheinen
gleichzeitig ähnliche Ideen verfolgt zu haben, so nament-
!ich der Erfinder der Galvanoplastik, Jacobi in St.
Petersburg, selbst.
 
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