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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 7
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Berger, Ernst: Unser Farben-Babel, [3]
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Neue archäologisch-keramische Untersuchungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0032

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28

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 7.

den, dass die Besserung von den Farbenfabri-
kanten selbst ausgehen müsste. Sie haben das
grösste Interesse daran, dass wieder Vertrauen
herrsche zwischen den Abnehmern und Produzenten,
sie könnten die Missstände beseitigen, wo sie
wirklich vorhanden sind; sie müssten die Farben
mit dem richtigen Namen bezeichnen, der ihnen
gebührt; sie müssten darauf sehen, dass Namens-
verwechseiungen oder Zweideutigkeiten vermieden
werden; sie müssten nur jene Farben in ihren
Listen führen, für deren Echtheit und Verlässlichkeit
jede Garantie übernommen werden kann; sie
müssten alle zweifelhaften und unhaltbaren Farben
als solche bezeichnen oder ganz meiden; sie sollten
die Namen der Farben genau festhalten und nicht
bald so bald so bezeichnen; sie müssten die Anzahl
der Farben vor allem verringern, statt sie jedes
Jahr durch neue zu vermehren; sie dürften keine
Anilinfarben unter allerlei Namen wie Magenta,
Solferino, Mauve, Geraniumlack u. dgl. ein-
schmuggeln, so dass es eine Kunst für sich ist, eine
richtige Auswahl zu treffen. Wenn dies alles geschehen
ist, dann wird der Maler dem Fabrikanten gewiss
dafür Dank wissen, dass er ihm einen Teil seiner
Bürde abgenommen hat und die Beruhigung wird
wieder Platz greifen, die für das freie Schaffen
so nötig ist. —
Nachschrift. Die obigen Sätze sind schon
vor einigen Jahren niedergeschrieben. Inzwischen
können wir nach den Versicherungen unserer
ersten Tubenfarben-Fabrikanten (vgl. den Aufsatz
„Düsseldorfer Interview", I. Jahrg., Nr. $, 6 und 8)
annehmen, dass alle wünschenswerten Garantien
geboten werden und für künstlerische Zwecke
nur das reinste Material, das zu haben ist,
Verwendung findet.
Neue archäologisch-keramische
Untersuchungen
wurden von Prof. H. Le Chatelier ausgeführt, und
zwar Analysen von griechischen Tonwaren,
ägyptischenPorzellanerzeugnissen, schwarzen
Töpferwaren, emaillierten ägyptischen
Steinen, ägyptischen Statuetten ausSandstein
mit blauer Glasur.
Ganz besonders interessieren auch die' Unter-
suchungen („Ztschr. f. angew. Chem.", 1907, Nr. 13)
des genannten Autors über das antike Blau, dessen
Herstellungsweise bisher unbekannt war. Wir teilen
hierüber das Wichtigste unseren Lesern mit: die Alten
erzeugten mit Kupfer einen blauen Stoff, den man gewöhn-
lich in Kügelchen von der Grösse eines Taubeneies
antrifft. Proben dieses Stoffes von gleichem Aussehen
sind in Aegypten bei Suse, in Italien und in Frankreich
gefunden worden.
Die Analysen ergaben, abgesehen von 1 Eisen-
oxyd und Ton, folgende Formeln:
1. Dunkelblaue Kugel 3,tSiOg (o,48CuO, o,46CaO,
0,06 NajO).
2. Blassblaue Kugel 2,04SiOg (o,42CuO, 0,31 CaO,
0,07 Na^O).
3. Künstliche Lapis, intensiv blau, 2,3 SiO.^ (0,36CuO,
0,34CaO, o.ioNagO).

4. Vase, schmutzig blau-grün, 3Si02(o,42CuO, o,3oCaO,
o^NasO).
Das mit dem Polarisationsmikroskop untersuchte
Blassblau Nr. 2 weist keinen Quarz auf, während die
anderen Proben solchen enthalten.
Es folgen nun Versuche zur Herstellung des an-
tiken Blaus auf Grund der Analysen und einer aus-
führlichen Darstellung.*)
Zum Schlüsse teilt Verfasser fofgendes
Endergebnis mit:
Um Kalziumblau zu erhalten, tut man am besten,
von einer Mischung auszugehen, welche folgender Zu-
sammensetzung entspricht.
2,5 SiO^ (0,33 CuO, 0,33 CaO, opoNa^O).
Das Siliziumoxyd muss sehr fein zermahlener
Quarz sein, wie er in der Keramik verwendet wird.
Wenn man von natürlichem, nicht zerriebenem Sand
ausgeht, muss man die Kieselsäuremenge verdoppeln;
man erhält dann einen Körper, welcher, trotz des im
Ueberschuss vorhandenen Siliziumoxyds, doch noch
eine genügend tiefe Färbung aufweist. Will man hin-
gegen präzipitiertes Kalziumsilikat verwenden, so kann
man fast genau zu der theoretischen Menge von zwei
Aequivalenten Kieselsäure für ein Aequivalent Basen
herabgehen, zu gleicher Zeit kann die Menge des
Kupferoxyds erhöht werden, weil bei der feinen Ver-
teilung die Reaktion sehr erleichtert wird. Die beste
Mischung entspricht folgender Zusammensetzung:
2,20 SiOg (0,48 CuO, 0,30 CaO, 0,02 Na^O).

Um die beiden Arten Blau von
den
oben an-
geführten Zusammensetzungen zu erhalten,
muss man
die folgenden Mischungen herstellen:
(1)
(2)
Kieselsäure, SiO„.
75
66
Kupferoxyd, CuO.
14
*9
Kalziumkarbonat, CaO ....
28
25
Natriumkarbonat (trocken), Na^O
5
1

Dieses gewöhnliche Kalziumblau ist immer ziem-
lich blass. Seine Intensität erhöht sich, wenn man es
mehrere Male brennt, nachdem man es vorher immer
wieder gerieben hat. Die Erhöhung der Färbung
beruht einzig auf der Vergrösserung der Kristalle, sie
ist bei dem zerriebenen Pulver der Masse nicht mehr
bemerkbar.
Um mit Kalk ein intensives Blau zu erhalten, muss
man einen Ueberschuss von Kupferoxyd in die Mischung
geben. Es ist vorzuziehen, dasselbe in zwei Portionen
einzuführen, um eine vollständige Bindung zu erwirken,,
denn im anderen Falle kann das im Ueberschuss vor-
handene Kupferoxyd die ganze Masse schwarz färben.
Man geht von dem einen oder anderen angeführten
Blau aus und setzt ihm eine wechselnde Menge
blauen Glases zu, welches der Formel entspricht:
4SiOg (0,33 CuO, 0,67Na^O).
Man erhält dann durch Brennen einen sehr harten
Körper, der dem echten künstlichen Lapis der Ae-
gypter vollständig vergleichbar ist. Doch muss man
in diesem Falle bei dem letzten Brand dafür sorgen,
dass die günstigste Temperatur von 900 bis iooo"'
nicht überschritten wird; denn es ist sehr schwer, die
einmal zerstörte blaue Verbindung wieder herzustellen.
Um Barytblau zu erhalten, verwendet man dieselbe
Komposition wie für das Kalziumblau, wobei es nicht
nötig ist, die Temperatur des Brennens zu begrenzen.
Es ist im Gegenteil sogar vorzuziehen, die Masse zu
schmelzen, um die Reaktion vollkommen werden zu
lassen; das Blau kann dann durch ein einstündiges er-
neutes Brennen bei 900" hervorgebracht werden. G. B.
*) Aehnliche Versuche hat der franz. Mineraloge
Prof. Fouque im Jahre 1889 gemacht, um die antike
blaue Glasfritte zu bereiten.
 
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