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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 7
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Die Weimar-Farbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0029

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München, 30. Dez. 1907.
Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E.A. Seemann, Leipzig).
Erscheint !4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.
IY.Jahrg. Nr. 7.
Inhalt: Die Weimar-Farbe. — Unser Farben-Babel. Von Ernst Berger. (Schluss.) —
keramische Untersuchungen. Von G. B.
Neue archäologisch-

Die Weimar-Farbe.

Das Laboratorium der grossherzogl. sächs.
Kunstschule zu Weimar hat nunmehr die Her-
stellung und den Vertrieb der in Nr. Iß und iß
des vor. Jahrgs. angezeigten, vom Maier Prof.
Fritz Hasse erfundenen Malerfarben unter der
Bezeichnung „Weimar-Farbe" übernommen.
Das neue Material ist eine Art Harz-Oelfarbe,
die sich mit dem zugehörigen „Harzmalmittel" und
dem „Trockenmittel", ebenso auch eventuell mit
fetten und ätherischen Oelen gleichmässig gut
vermalen lässt, dabei aber noch die Eigenschaft
besitzt, mit der als „Feigenmilch" bezeichneten
Emulsion mischbar zu sein. Im ersten Falle wird
der Effekt einer Firnisfarbe, im zweiten der einer
Temperafarbe erreicht.
Für die Leser dieser Zeitschrift wird es von
Interesse sein, die „Gebrauchsanweisung", welche
den Farben beigegeben ist, sowie die Gutachten
der an der Weimarer Kunstschule tätigen Pro-
fessoren über die Weimar-Farbe kennen zu lernen.
Die Anleitung zum Gebrauch der Farben hat
folgenden Wortlaut:
Ein Hauptvorzug der Weimar-Farbe ist ihre Trakta-
bilität, welche jeder Technik die weitesten Grenzen
gewährieistet. Eine ausführliche Gebrauchsanweisung
ist überflüssig; doch werden einige Fingerzeige immer-
hin willkommen sein.
Man kann mit der Weimar-Farbe malen:
1. Wie sie aus der Tube kommt, also ohne jeg-
liches Malmittel;
2. kann sie mit Terpentinöl oder mit dem Harz-
malmittel gebraucht werden; bei i. und 2. ist
die Wahl des Malgrundes beliebig;
3. kann man die künstliche „Feigenmilch" als
Malmittel in Anwendung bringen; alsdann ver-
wandelt sich die Harzfarbe in eine tempera-
artige Farbe, und man kann, um die Farbe noch
magerer zu erhalten, der „Feigenmilch" einige
Tropfen Wasser und Terpentinöl oder auch
einige Tropfen von beiden allein hinzusetzen.

Ein Vermischen des Harzmalmittels mit der
„Feigenmilch" ist ausgeschlossen.
Der Gebrauch der „Feigenmilch" gestattet ein
rücksichtsloses Weiterarbeiten, gleichviel, ob die untere
Schicht halbtrocken oder ganz trocken ist. Die Farbe
trocknet immer von innen heraus und bildet keine
Haut; die oberen Schichten verbinden sich daher mit
den unteren zu einer homogenen Masse, welche die
Klarheit des Tones immer bewahrt. Folglich kann
man die Arbeit auch jederzeit unterbrechen, dieselbe
wird immer den Charakter der Primamalerei behalten;
auch verändert die Farbe den Ton beim Trocknen nicht.
Nur bei den dunklen Tönen findet eine geringe Ver-
änderung statt, etwa wie beim Einschlagen der Oel-
farbe; wen solches stört, der vermeide bei diesen
Tönen die „Feigenmilch". Sonst male man mit der-
selben weiter und hole die eingeschlagenen Stellen
mit der „Feigenmilch" oder auch mit dem Harzmal-
mittel heraus.
Das fertige Temperabild überziehe man zum vor-
läufigen Schutz gegen Witterungseinflüsse mit einer
Mischung von Mastix und Terpentin, etwa zu gleichen
Teilen.
Auf helle Untermalungen lässt sich vortrefflich
lasieren; die Töne werden immer klar bleiben.
Als Malgrund dürfte hier bei Anwendung der
„Feigenmilch" ein nur schwach saugender weisser
Grund vorzuziehen sein. Saugt die Leinwand stark,
so übergehe man sie mit einer Lösung von Gelatine:
auf eine Tafel Gelatine ca. 60 ccm Wasser. Jede alte
Farbe (auch Oelfarbe) kann mit der Weimar-Farbe
übermalt werden; hierzu benutzt man am besten die
„Feigenmilch". Auf Aquarellpapier malt es sich vor-
züglich; ebenso auf weisse, ungrundierte Leinwand, die
man leicht mit einer Gelatineschicht übergehen kann.
Das Uebergehen der Malerei mit der „Feigenmilch",
sobald die Farbe leicht angetrocknet ist, bietet
grosse Vorteile, ähnlich wie das Abwaschen der
Aquarelle mit Wasser. — Hier ist geleimte Pappe als
Malgrund zu benutzen nicht rätlich. —
Beim Kopieren alter Meister wird es sich in den
meisten Fällen empfehlen, die Malerei mit Anwendung
des Malmittels „Feigenmilch" bis zu einem gewissen
Grad der Vollendung zu bringen, um dann mit Harz-
farbe (Farbe, wie sie aus der Tube kommt, und Harz-
 
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