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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 20
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Berger, Ernst: Neue Lehrbücher für Malerei
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Zur Nomenklatur der Anstrichfarben, Binde- und Malmittel
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0082

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73

Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. 20.

Kompositionsarten nebst den dazu gegebenen Bild-
beschreibungen gehört zu den besten, was in dem
Buche enthalten ist; auch die Auswahi der Illu-
strationen ist fast ohne Ausnahme sehr glücklich
gewesen.
Der eigentlichen Technik der Malerei sind
nach Zwischenschaltung eines Kapitels über per-
spektivische Konstruktion die weiteren Abschnitte
des Buches gewidmet. Hier begibt sich der Autor
auf den Kampfplatz der modernen Anschauung,
die er mehr beschreibend und in historischer Ent-
wicklung behandelt, ohne sich für die ältere oder die
neuere, impressionistische Richtung zu entscheiden.
Wie grosser Wert auf das rein Materielle
der Malkunst, auf den Malgrund, die Malerfarben,
Oele, Firnisse zu legen ist, finden wir bei Kies-
ling an vielen Beispielen erläutert. Die schnell
entschwundene Pracht der Makartschen Bilder*)
und der Verfall mancher anderer Leistungen unserer
ersten Meister geben dem Autor Anlass, den Ur-
sachen dieser Erscheinungen nachzugehen.
Nach Kieslings Anschauung gilt auch in bezug
auf die Technik der Malerei der bekannte Spruch
„Wissen ist Macht". Mithin sollte auch der Maler
sich alles das zu eigen machen, das ihm bei seiner
schöpferischen Tätigkeit behilflich sein kann.
Auf erheblich anderem Wege versucht der
Verfasser des zweiten Buches, Rud. Czapek, in
seinen „Grundproblemen der Malerei'' die Prin-
zipien zu erfassen, die für die künstlerische Tätig-
keit des Maler nötig sind. Nicht die Wissenschaft
bestimmt den Künstler, sondern das innere Be-
wusstsein, die Begabung des malerischen Sehens.
Für die Bildharmonie hat die Flächenverteilung
grösste Bedeutung. Das Räumliche ist durch
„Farbe, Fleck und Linie" zu bilden, die zum
Schmuck der bestimmten Bildfläche sich harmo-
nisch vereinigen. Diese Linien entstehen aber
naturgemäss nur durch das Aneinanderstossen
von verschiedenfarbigen oder verschieden hellen
Flecken oder räumlich gedachten Flächen. In
Czapeks Ausführungen ist Rücksicht genommen
auf alle Arten der psychischen Betätigung des
Künstlers, und wir finden alle die Begriffe Realis-
mus, Idealismus, Symbolismus usw. anschaulich
und treffend charakterisiert. Nichtsdestoweniger
kann man sich bei der Lektüre des Buches des
Gedankens nicht erwehren, eine Tendenzschrift
für die neue impressionistische Richtung vor sich
zu haben. Unterstützt wird dieser Gedanke durch
die Beispiele modernster Richtung, wodurch eine
Ideenverwandtschaft mit Meier-Graefes bekannten
Schriften deutlich zutage tritt. Dass in diesem
Buche eine Fülle von geistvollen Bemerkungen,
mit tiefgründigem Wissen gepaart, zu finden ist,
*) Ein ehemaliger Makartschüler hat uns einen
Aufsatz übersandt, in dem auf K.s Buch Bezug ge-
nommen wird und manches bis jetzt unbekannte Detail
der Technik Makarts enthalten ist.

macht es für jedermann lesenswert; denn es bietet
eine Menge von Anregungen und veranlasst den
Leser, über alle das künstlerische Schaffen be-
rührenden Dinge nachzudenken, auch wenn er mit
dem Autor nicht gleicher Ansicht sein sollte.
(Schluss folgt.)
Zur Nomenklatur der Anstrichtarben,
Binde- und MalmitteL*)
In No. 22, 2ß und 2$ der „Chemiker-Zeitung"
berichtet Herr Prof. Dr. A. Eibner über die
Nomenklatur der Färb- und Lackwaren, wie sie
dem in Arbeit befindlichen „Deutschen Farben-
buche" zugrunde gelegt werden soll, in eingehen-
der Weise. Die zusammengetretene Unterkommis-
sion, der die Bearbeitung dieses Buches übertragen
wurde, sprach sich am t. Sept. 1907 über Quali-
tätsbegriffe folgendermassen aus:
1. „Rein" ist ein Farbstoff, wenn er keine
unzulässigen Mengen fremder Bestandteile enthält.
Ueber die Zulässigkeit der Mengen von Verun-
reinigungen wird der Abschnitt 3 des ersten
Teiles des Deutschen Farbenbuches näheren Auf-
schluss geben.
2. „Chemische Reinheit", das heisst absolute
Abwesenheit fremder Beimengungen, kann von
keinem fabrikatorisch oder bergmännisch ge-
wonnenen Farbstoff verlangt werden. Alle reinen
Farbstoffe sind technisch rein. Hierzu ist zu be-
merken, dass ein Stoff dann chemisch rein ist,
wenn er keine durch die gegenwärtigen Methoden
der analytischen Chemie nachweisbaren Mengen
fremder Stoffe enthält. Fabrikatorisch hergestellte
Farbstoffe enthalten zumeist geringe Mengen der
bei der Herstellung angewendeten Stoffe als meist
unschädliche**) Beimengungen.
Bei Festlegung des Begriffes „Echtheit" wurde
festgelegt, dass derselbe heutzutage in zweierlei
Bedeutung angewandt wird. Nämlich I. als echt
im wissenschaftlichen oder chemischen Sinne und
2. als echt im technischen Sinne. Es wurden
folgende Beschlüsse gefasst:
3. „Echt" im chemischen Sinne ist ein Farb-
stoff, wenn er aus den Bestandteilen besteht, die
gemäss seiner Bezeichnung als vorhanden voraus-
gesetzt werden müssen.
4. „Echt" im technischen Sinne ist ein Farb-
stoff, wenn er sich den Stoffen gegenüber, mit
welchen er bei seiner Verwendung in Berührung
kommt, als genügend beständig erweist. Der Be-
griff „echt" im technischen Sinne ist daher gleich-
bedeutend mit dem Begriffe „beständig". Unter
den Begriff „Echtheit im technischen Sinne" fallen
*) Nach „Lack- und Farbenindustrie".
**) Als schädliche Beimengungen sind zu be-
trachten: Freier Schwefel oder Schwefelalkalien als
Verunreinigungen der künstlichen Zinnober; Bleizucker
als Begleiter des Bleiweiss. Diese Beimengungen geben
Anlass zur Unhaltbarkeit der Mischtöne aus beiden
Farbstoffen bezw. zum Vergilben des Bleiweiss in Oel.
 
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