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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 13
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Berger, Ernst: Allerlei Fragen, Wünsche und Beschwerden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0053

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Inhalt: Allerlei Fragen, Wünsche und Beschwerden. Von E. B. (Fortsetzung.) — Ueber Tempera, Gummi,
Leim und Kasein. Aus dem Nachlass von Dr. Otto Buss j-- — Uebelstände bei mit Zentralheizung
versehenen Ateliers.

Allerlei Fragen, Wünsche und Beschwerden.

Von
2. Ist Pappendeckel ein geeigneter
Untergrund für Gemälde, Pastelle usw.?
Erst kürzlich ist in einer Kunstzeitschrift die
Befürchtung ausgesprochen worden, dass von
Lenbachs Kunst in wenigen Dezennien nicht mehr
viel übrigbleiben werde, weil seine Bilder zu-
meist auf Pappendeckel gemalt seien. Meines
Erachtens ist diese Befürchtung grundlos oder
zum mindesten sehr übertriebener Natur. Es
gibt gewiss Pappen, deren Herstellung mehr oder
weniger die Gefahren des Zerfalles in sich tragen,
aber dies ist doch nicht bei allen der Fall. Um
sich über diesen Punkt Klarheit zu verschaffen,
ist es wichtig, vor allem die Grundmaterialien zu
kennen, aus denen Pappen zumeist hergestellt
werden, dann die Art von deren Herstellung selbst.
Das Grundmaterial ist das nämliche wie für
Papier, nur dienen dazu die weniger feinen Ge-
websfasern von Lumpen, Hadern, also die nach
der Sortierung übrigbleibenden Reste des Papier-
gutes. Es wird auch auf die Reinigung und
Bleiche keine grosse Sorgfalt verwendet, sondern
die Masse vielmehr im Naturzustände, mit dem
nötigen Füllmaterial (Gips, Ton u. a.) und Klebe-
stoff vermischt verarbeitet. Meist wird Pappen-
deckel durch „Gautschen" hergestellt, indem man
die in üblicher Art geschöpften Bogen überein-
anderlegt, über Filz von dem überschüssigen
Wasser befreit und sie dann durch Pressen laufen
lässt; auch werden mehrere Lagen solcher Bogen
übereinander geschichtet und mittels Stärkekleisters
und Leims unter Druck verbunden.
Die Festigkeit der Pappen hängt von deren
Dicke ab und von dem Druck der Pressen, durch
die sie hindurchgetrieben werden. Zwischen ganz
feinen Pappen und den ordinären, für Packzwecke

E. B (Fortsetzung.)
gibt es alle möglichen Zwischenstufen, auch ver-
schiedener Farbe, von dem Naturton ungebleichten
Leinens bis brauner (mit Farbstoff gefärbt) und
ganz heller Farbe. Das letzte, unter dem Namen
Strohpappe bekannt, ist aus Zellulose und Stroh-
abfällen hergestelltes Gut. Während die aus
Gewebsfaserabfällen hergestellten Pappen elastisch
sind, ist die Strohpappe spröd, sie bricht leicht
und wird, der Luft längere Zeit ausgesetzt,
gelblich.
Eine üble Eigenschaft der Pappen ist, dass
sie leicht wellig werden oder sich biegen; beim
Grundieren mit Leim ist es nötig, stets beide
Seiten gleichzeitig einzustreichen. Auch dickere
Pappen zeigen diesen in der Natur der Masse
begründeten Uebelstand. Aber man kann, wenn
man geeignet vorgeht, die Pappen mit irgend-
einem beliebigen Grund versehen. So habe ich
wiederholt durch Aufeinanderkleben zweier mittel-
starker Pappen das Werfen verhindert, ich habe
ziemlich dicken Kreide- und Gipsgrund aufgetragen,
indem die Rückseite bei jedem neuen Auftrag
mit Wasser benetzt wurde, oder ich habe die
Pappe auf einen Spannrahmen mit starkem Leim
resp. Käse-Kalk festgeklebt und darauf einen be-
liebigen Grund aufgestrichen. Auch fester Oel-
grund Hess sich gut auf Pappe anbringen, indem
ich (nach Angaben des Kollegen S. L. in München)
gewöhnliches, in Mohnöl geriebenes Anstrich-
Zinkweiss mit der Spatel gleichmässig aufstrich
und trocknen Hess. Das überschüssige Oel dringt
ziemlich tief in die Poren der Pappe und verhütet
dadurch die Feuchtigkeitsaufnahme von der Rück-
seite. Wird nun zur grösseren Vorsicht auch
diese Rückseite mit einer Oelfarbe oder einem
dichten Firnis geschützt, dann kann die Feuchtig-
 
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