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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 5
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Bakenhus, Gerhard: Ist tatsächlich das Oel den Farben so schädlich, wie man gewöhnlich annimmt?
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München, 2. Dez. 1907.
Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.
IY.Jahrg. Nr. 5.

Inhalt: Ist tatsächlich das Oe! den Farben so schädlich, wie man gewöhnlich annimmt? Von G. Bakenhus-
Kreyenbrück. — Der Farbenholzstich. Von Josef Reinhart. (Schluss.) — Unser Farben-Babel. Von
Ernst Berger-München. — Literaturübersicht.

Ist tatsächlich das Oel den Farben so schädlich, wie man gewöhnlich annimmt?

Von G.Bakenh
Franz X. Fernbach sagt 1843 in seinem Lehr-
und Handbuch der Oelmalerei auf Seite 73 - „Das
Oel ist in der Oelmalerei ein notwendiges Uebel.
Könnte man das Oel nach der Vollendung des
Gemäldes wieder aus den Farben oder vom Ge-
mälde bringen, und nur so viel dabei lassen, als
zur Bindung der Farben höchst nötig ist, so würden
die Bilder in der Farbenreinheit unverändert
bleiben oder nur sehr wenig leiden. Das Oel
allein ist die Ursache an der Veränderung der
Farben, um so mehr, wenn auf fettem und noch un-
getrocknetem Oelgrund gemalt wird, was aus
allem dem allein hervorgeht, dass bei keiner andern
Malerei die Farben so bald und so auffallend sich
verändern als bei der Oelmalerei" usw. Ist nun
tatsächlich das Oel so gefährlich, wie Fernbach
und noch andere mehr es hinstellen? Ich kann
mit gutem Gewissen nein sagen, wenn man nur
besondere Eigentümlichkeiten nicht ausser acht
lässt. Wenn wir uns viele Gemälde aus den
letzten drei Jahrhunderten ansehen, die zweifellos
zum grossen Teil mit reiner Oelfarbe gemalt sind
und die von geradezu wundervoller Erhaltung sind,
so muss man auch diesem Ausspruch Fernbachs
etwas skeptisch gegenüberstehen. Abgesehen da-
von, dass uns viele Aussprüche von alten Meistern
überliefert sind, nach denen sie mit Oelfarbe
gemalt haben, zeigen auch die Bilder ein Aus-
sehen, welches sich so mit keiner andern Farbe
erreichen lässt. Es ist wohl nicht nötig, dass ich
die verschiedenen Aussprüche von van Mander,
van Dyck, Pernety und noch verschiedenen andern
anführe, da ich solche schon teils in einem früheren
Artikel erwähnt habe.
Durch verschiedene Versuche kam ich zu
dem Schluss, dass es tatsächlich gar nicht das Oel

us- Kreyenbrück.
ist, welches die Farben verändert, sondern dass
manche Farben eine üble Einwirkung auf das Oel
haben und wohl eine chemische Veränderung
desselben bewirken; wie käme es sonst wohl, dass
manche Farben, die viel weniger Oel gebrauchen,
stärker nachdunkeln wie andere! Ein Aufstrich
von Zinkweiss mit 3$"^ Oel angerieben ist in
einem dunkeln Raum nicht so gelb geworden wie
Kremserweifs, welches nur mit 18% Oel angerieben
wurde. Die Farben wurden erst der Dunkelheit
ausgesetzt, nachdem sie gut getrocknet waren.
Das Nachgilben in der Dunkelheit ist nun
in vielen Fällen absolut harmlos, da die Farben,
dem Licht ausgesetzt, ihre gewöhnliche Helligkeit
wieder erhalten, jedoch ist bei manchen Farben
dieses nicht der Fall, dieselben dunkeln sogar
im hellsten Licht nach. Ich besitze einen prächtig
gefärbten dunkeln Ocker, der aber leider als
Malerfarbe absolut nicht zu gebrauchen ist, da er
in ein paar Tagen, selbst während des Trocknens,
dem Licht ausgesetzt, schmutzig dunkelbraun wird!
Schon Tolomei sagt in seiner vorzüglichen
kleinen Schrift (Die dauerhaften Farben für die
Oelmalerei), dass durchaus nicht alle Ocker den
guten Ruf verdienen, den sie haben; er warnt
dann vor säure- und kalkhaltigen Ockern. Nach
Untersuchungen, die ich anstellte, ist mein Ocker
säure- und kalkfrei, jedoch strömen beim Glühen
unangenehm riechende Dämpfe aus und ändert
er sich in Dunkelbraunrot von nicht besonders
schönem Ton; das lässt darauf schliessen, dass
andere Stoffe vorhanden sind, von wahrschein-
lich humusartigem Charakter. Sowohl die übel-
riechenden Dämpfe wie auch die Veränderung
zum Stumpfen nach dem Brennen lässt darauf
schliessen, ebenso dass sich die trockene Farbe
 
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