Abb.3. FAENZA UM 1500
Abb. 4. FLORENZ UM 1460
WIEN, SAMMLUNG A. FIGDOR
BERLIN, SCHLOSSMUSEUM
„Oime ogni la canela“ dient zur Erläuterung der Si-
tuation. Das Gegenstück in der Sammlung Alfred
Pringsheim (Katalog 1914,1 Nr. 36, Taf. 21) hat den-
selben Rand und im Mittelfeld eine Darstellung des
Fuchses in Mönchskutte, der den Gänsen predigt,
mit der Beischrift „Jacto Margaritas inter Apros“auf
dem ebenfalls an den Rand gerückten Spruchband
mit eingerollten Endungen. Eine dritte Schüssel dieser
Gattung besitzt die Sammlung Albert Figdor in Wien
(Abb. 3); den Rand ziert hier zwar bereits eine
Renaissanceranke, aber das satyrische Bild ehelicher
Disziplin mit dem Spruchband (die Aufschrift ist
durch starke Kürzungen undeutlich) kann als das
Pendant zur Schüssel Abb. 2 bezeichnet werden.
Den Übergang von der gotischen Schüssel mit dem
Bären zu den drei letztgenannten Faentiner Stücken
vermittelt eine zeitlich dazwischen stehende Schüssel
derselben Werkstatt, die aus der Sammlung S.Bardac
(Kat. 1913, Farbentafel 8) in die Majolikasammlung
Mortimer L. Schiff in New-York (KatalogvonSeymour
de Ricci, 1927, T. 83) übergegangen ist. Hier ist das
Pfaufedermuster des Randes noch spitzbogig; nach der
archaischen Zeichnung eines liegenden Hirsches im
Mittelfeld ist die Schüssel um 1480 anzusetzen. Die-
ser Zusammenhang der frühen mit den vier jüngeren
Schüsseln ist eng und klar genug, um das Becken
mit der Bärenjagd und damit ein Hauptstück der
archaischen Majoliken für Faenza fcstzulegen.
Obwohl sich seit W. von Bodes Buch über die Anfänge
der Majolikakunst in Toskana das Sammlerinteresse
besonders den Florentiner Majoliken des 15. Jahr-
hunderts zugewendet hat, ist auch aus diesem Kreis
eine der feinsten Schöpfungen im Schloßmuseum der
Veröffentlichung bis jetzt entgangen. Das Becken
(Abb. 4) mit einer Reiterin, die mit dem Falken
auf der Rechten zur Jagd auszieht, ist graublau ge-
malt mit Manganbraun und wenig Grün'; gotische
Ranken verbinden auf dem Rand die vier Felder mit
Hase, Hunden und Wildschwein. Die Mittelfigur
erinnert noch an den Reiter des oft abgebildeten
großen Waschbeckens, das jetzt in der Sammlung
M. L. Schiff ist (Farbentafel 1 im Kat. Bardac; Kat.
Schiff T. 8; Bode a. a. O. T. 5); die Tiere finden sich
ähnlich auf dem Rand einer noch älteren Florentiner
Schüssel im Museum von Rouen (Delange, Faiences
ital. T. 9) mit einem Liebespaar in der Tracht vom
Beginn des 15. Jahrhunderts. Es gibt von derselben
Hand wie die Falkenreiterin noch eine Schüssel im
Louvre (Portefeuille des arts decor. PI. 915) mit
einem Jüngling in eleganter Kleidung der Mitte des
15. Jahrhunderts; hier wie bei der Reiterin sind
innerhalb der fest und schwungvoll gezogenen Kon-
turen die Flächen in weichen Übergängen abschat-
tiert, eine Malwcise, die bei mehreren florentini-
schcn Majolikagefäßen (Bode a. a. O. T. 22, 23,34) zu
sehen ist. Falke
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