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Pantheon — 2.1928 = Jg 1.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.57095#0104

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BERLIN


J A C O B E L S N E R (?). BILDNIS AUF PERGAMENT
BERLIN, PAUL G R A U P E. (BERICHT S. 4’16)

BERLIN
Der Bestand der Gemäldegalerie im Kaiser-Friedrich-Museum
an Werken der bayrischen Schule wurde um ein bisher unbe-
kanntes eindrucksvolles Tafelbild des uns hauptsächlich als
Stecher geläufigen Mair von Landshut vermehrt. Seitdem
FL Voß (in Zeitschr. für bildende Kunst 1908 und Archiv für
Kunstwissenschaft, Tafel 38) zuerst die Aufmerksamkeit der
Forschung auch auf die malerische Tätigkeit dieses Künstlers
lenkte, sind etwa vier Tafelbilder seiner Hand (in Trient, Mai-
land, München, Wien) bekannt geworden. Das neue Werk,
dessen richtige Benennung meines Wissens ebenfalls auf Voß
zurückgeht, stellt eine figurenreiche Kreuzigung im Hoch-
format dar und ist farbig besonders durch ein sattes Hinter-
grundblau bestimmt, dem ein Zinnoberrot und Weiß in den
Gewändern kräftige Akkorde geben. Die eigentümlich un-
vertriebene, flüssige und doch feste Malweise mit den zeich-
nerisch aufgetragenen Lichthöhungen ist in allen Bildern
Mairs zu beobachten. Um dieselbe Zeit wie das datierte

Eccehomo-Bild in Trient, d. h. um 1502 mag auch
die Kreuzigung entstanden sein, so altertümlich
die Komposition im ganzen scheint. Als einer der
letzten reinen Gotiker ragt Mair von Landshut
damit in die Renaissancegeneration hinein. Ich
möchte hier noch auf eine andere Tafel hin-
weisen, die niemals richtig benannt wurde und
die dem Landshuter Meister jedenfalls sehr nahe-
steht: einen großen Altarflügel der ehemaligen
Sammlung Wedewer mit sechs Aposteln, abge-
bildet im Auktionskatalog der Sammlung 1913
(Nr. 101) als schwäbische Schule. Zumal mit den
Stichen zeigen die hier vorkommenden Figuren
größte Verwandtschaft und große Altartafeln von
dieser Art wurden von Mair bisher nicht bekannt.
Von bemerkenswerten frühen deutschen Skulp-
turen, die in letzter Zeit im Flandel anzutreffen
waren, steht eine mittelrheinische Madonna aus
der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (etwa
1420—30), die Dr. Burg aus kirchlichem, rheini-
schem Besitz erwarb, an künstlerischem Gehalt
besonders hoch (Abb. S. 415). Obwohl im Umriß
viel einfacher erinnert sie am meisten an jene
Madonna aus Caub in Frankfurter Privatbesitz,
die als ein hervorragendes Beispiel des schönen
Madonnentypus der mittelrheinischen Skulptur
vielfach besprochen und abgebildet wurde (vgl.
Schmitt und Swarzenski, Bildwerke, Bd. I, Taf.49).
Die Nachwirkungen des sogenannten weichen
Stils sind hier allerdings weit weniger spürbar
als dort, in der leichten Bewegung und Rundung
der Gestalt wie vor allem in der Behandlung
der am Boden aufliegenden Falten, und es ergibt
sich der Fall, daß im Ausdruck äußerst Ähn-
liches und Verwandtes liegt, daß aber gleich-
zeitig der gewandelte Formgeschmack äußerlich
verschiedene Lösungen suchte. Obwohl der Be-
griff der mittelrheinischen Kunst immer faßbarer
wird, sind die einzelnen Beispiele doch so singu-
lär, daß eine genauere Lokalisierung vorläufig
nicht möglich ist. — Eine in ihrer Art ebenso
seltene Madonnenstatue italienischen Ursprungs
hat die Kunsthandlung Goldschmidt-Wallerstein in einer etwas
unterlebensgroßen bemalten Tonskulptur (Abb. S. 389), die
angeblich aus einer Kapelle in der Nähe Ferraras stammt und
die von Bode als Arbeit des ferraresischen Bildhauers Dome-
nico de Paris erkannt wurde, von dem beglaubigte Stuckreliefs
im Palazzo Schifanoja in Ferrara von 1467 erhalten sind. Das
Kaiser-Friedrich-Museum besitzt seit den achtziger Jahren
eine Madonna dieses Meisters in Hochrelief, die einige Ver-
gleichsmöglichkeiten bietet.
Eine frühe Madonna mit dem Johannesknaben von Jacopo
Tintoretto (Abb. S. 420) bei Benedict interessiert vor allem
wegen der Vorahnung Grecoscher Ideen. Das Bild steht der
großen Madonna bei Auspitz in Wien am nächsten.
Wie gewöhnlich vor dem Hochsommer fanden die Berliner
Kunstauktionen mit diesem Monat ihr Ende. Bei Paul Graupe
brachte am 17. Juni eine Sammlung französischer und engli-
scher Farbstiche noch größere Preise. Die Serie der bekannten
Gries of London wurde in Braundruck hier mit 4000 Mark, Ja-
mes Wards Livery Stahle in einem besonders schönen farbigen

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