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Pantheon — 2.1928 = Jg 1.1928

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Wertheimer, Otto: Zum Werke Heinrich Douwermanns
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https://doi.org/10.11588/diglit.57095#0233

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ZUM WERKE HEINRICH DOUWERMANNS

VON OTTO WERTHEIMER

Die niederrheinische und niederländische Plastik
des ausgehenden Mittelalters konnte nicht in glei-
chem Maße wie die gleichzeitige Plastik in Ober-
deutschland das Interesse der Forschung auf sich
lenken. Das hat seinen Grund; die spätgotische
Epoche bedeutet für den Niederrhein keinen Höhe-
punkt der Entwicklung. Der Tatsache, daß die
Höhepunkte der künstlerischen Kulturin Ober-und
Niederdeutschland nicht zusammenfallen, ist bisher
die entscheidende Bedeutung nicht zuerkannt wor-
den. Sie besagt, daß die Mainlinie mehr als nur
eine Scheidung der Stämme bedeutet. Von Anfang
an gehen Ober- und Niederdeutschland kulturell
völlig getrennte Wege. Die künstlerische Formvor-
stellung ist in Epochen, in denen sie sich in beiden
Gebieten unabhängig voneinander gestaltet, generell
fast ebenso verschieden, wie nordische und südliche
Gestaltung überhaupt.
Die Bildwerke der Spätgotik am Niederrhein sind
zwar keine Massenarbeiten wie die der Niederlande,
sie verkörpern trotzdem nur eine „Niveaukunst“.
Die Entwicklung wird nicht, wie in Oberdeutsch-
land, bestimmt durch das echt nordische Kräftespiel
von Aktion und Reaktion kräftiger und eigenwilli-
ger Persönlichkeiten, die Individualität ist vielmehr
getragen von einer schwer fließenden Oberfläche —
Niveau—,aus der sie sich lediglich durch einen Grad
der Qualität heraushebt. Diese Konstanz der Ent-
wicklung, die im Norden selten ist, zeigt die Ten-
denz unverwischter, als das abrupte Vorwärts-
schreiten in Oberdeutschland; das gilt vor allem für
das frühe 16. Jahrhundert, wo sich selbständig
und ohne direkten künstlerischen Einfluß von Sei-
ten Italiens, getragen lediglich von der durch den
Humanismus bereiteten Kulturschicht, eine Renais-
sancegestaltung kristallisierte. Als ein wichtiges
Glied in der Entwicklungsreihe des frühen 16. Jahr-
hunderts erscheint mir die Verkündigungsgruppe
im Berliner Kunsthandel, in der ich ein Werk des
Kalkarer Meisters Heinrich Douwermann erkenne.
Die Entwicklung Douwermanns ist durch folgende
drei Werke eindeutig festgelegt: den südlichen Sei-
tenaltar von 1515 in der Stiftskirche in Kleve, den
Altar der sieben Schmerzen Mariae von 1518—21
in der Nikolaikirche zu Kalkar und den Marienaltar

um 1536 in der St.-Viktor-Kirche in Xanten. Im
Klever Altar, zweifellos seinem ersten größeren selb-
ständigen Werk, unterscheidet er sich kaum von der
Durchschnittsproduktion der Niederlande, aus der
er herausgewachsen ist. Die Komposition soll
durch Kleinteiligkeit, Fläufung und Drängung der


H. DOUWERMANN. HL. MARGARETE
BERLIN, DEUTSCHES MUSEUM

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