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Pantheon — 2.1928 = Jg 1.1928

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Bachhofer, Ludwig: Ein Jugendwerk Kano Motonobus
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https://doi.org/10.11588/diglit.57095#0100

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JAPANISCHES TRIPTYCHON. ENDE 14. JAHRHUNDERT
MÜNCHEN, VÖLKERKUNDE-MUSEUM

EIN JUGENDWERK KANO MO TONOBUS

VON LUDWIG BACH HOFER

Die Landschaftsmalerei galt von jeher als die schönste
Blüte der chinesischen und japanischen Kunst. Ost-
asiatische Landschaften wirken so stark und un-
mittelbar, weil die Natur darin ganz rein und unver-
fälscht gegeben ist, ohne Unterstellung menschlicher
Empfindung und ohne Anregung für die menschliche
Phantasie. Eine heroische Landschaft gibt es im fer-
nen Osten nicht, der Gedanke, das Menschliche über
die Natur zu stellen, konnte dort gar nicht gefaßt
werden. Die Idee, daß der Mensch sich völlig der
Natur einzufügen habe, um frei und glücklich zu sein,
bestimmt auf lange Strecken die Weltanschauung des
Ostens.
Diese eingeborene Naturverbundenheit des Ostasia-
ten findet in der Landschaftsmalerei ihren edelsten
Ausdruck. Eine Landschaft soll nicht nur das Auge
erfreuen, sie soll vor allem den Beschauer aus der End-
lichkeit seiner alltäglichen Existenz befreien und ihn
hinüberfiihren ins unendliche Reich der Natur. Diese
Idee war in China wohl von Anfang an da, aber erst
in der Sung-Zeit (10.—13. Jahrhundert) waren die

Ausdrucksmittel herangereift, um sie bildhaft zu ge-
stalten. Damals gelangte das monochrome Tuschbild
zu höchstem Ansehen; in ihm binden sich die Ele-
mente zu einer vorher unbekannten Einheit der Wir-
kung dadurch, daß sie prinzipiell auf den gleichen Farb-
nenner gebracht und nur durch Valeurs voneinander
unterschieden werden. Dazu kommt, daß der Raum
als ein allumfassendes Kontinuum empfunden und in
der Form einer alles umhüllenden Atmosphäre sicht-
bar gemacht wird. Ohne teilweise Verschleierung der
Objekte, ohneAuflösungderFarbedurchDunst,Nebel
und Regen geht es nie ab, so daß auch von der Seite
des Inhaltlichen dem groß zusammenfassenden Sehen
der Weg bereitet ist. Nicht weniger wichtig ist das
neue Bildformat: man übernimmt von der religiösen
Malerei die mit einem Blick zu umfassende Bildfläche,
an Stelle der überlangen kontinuierlichen Bildrolle.
Japan empfing diese neue Anschauung und ihre Aus-
drucksmittel in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhun-
derts. Man geht am Entscheidenden vorüber, wenn
man die Ursache in dem stärkeren Verkehr zwischen

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