Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pantheon — 2.1928 = Jg 1.1928

DOI Heft:
Feulner, Adolf: Das Metternichdenkmal in Trier und sein Meister
DOI Heft:
von Falke, Otto: Kentauren- und Reiter-Aquamanilien II.
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.57095#0255

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DAS METTERNICHDENKMAL IN TRIER UND SEIN MEISTER

künstlerische Eigenart desTrierer Denkmals erst ver-
ständlich. Rauchmiller gehört der ersten Generation
von Bildhauern an, die den Spätbarock in Deutschland
begründet haben. Er zählt zu den kleinmeisterlichen
Plastikern, die vor allem für die Kunstkammern
der Fürsten arbeiteten. Der letzte Ausläufer dieser
Richtung ist Permoser. Er gehört zu den Wanderkünst-
lern, die nach dem Niedergang der deutschen Kunst im
Dreißig jährigen Krieg den internationalen Barock in
das Land gebracht haben. Von den deutschen Zeit-
genossen, den Künstlern der Vorschlüterzeit, unter-
scheidet ihn der natürliche Sinn für Monumentalität.
Auch in der Kleinplastik Rauchmillers haben die Ein-
zelfiguren die sichere Stilgröße, die nach monumen-
talem Format verlangt. Trotz der Überfüllung der
Komposition, die wieder Zeitstil ist. Rauchmiller
ist jung gestorben, seine Werke sind selten und
seine Kunst hat deshalb noch nicht die Anerken-
nung gefunden, die ihr gebührt. Er ist ein Künst-
ler von internationalem Format. Seine Elfenbein-
skulpturen sind die besten Schöpfungen des da-
maligen Europa und mit diesem Grabdenkmal in
Trier rückt er auch als Monumentalplastiker in die
vordere Reihe.
Über die Herkunft seines persönlichen Stiles gibt
uns das Trierer Denkmal neue Hinweise. Der Zu-
sammenhang mit der belgischen Skulptur wird da-
durch zur Gewißheit. Auch die Elfenbeinwerke lassen
sich leichter aus der flämischen Tradition ableiten
als aus einer italienischen Schulung. Der Mädchen-
raub des Wiener Kruges erinnert an die bacchanti-
schen Szenen, die mehr als eine Generation vorher
Petel nach Rubensschen Vorbildern geschnitzt hatte
(Wien, Kunsthist. Museum). Ein später Abglanz Ru-
bensscher Sinnlichkeit liegt auf Werken, wie der
Wiener Bacchantengruppe. Selbst für die Art der

Durchziselierung, der kalligraphischen Ausführlich-
keit könnte man flämische Gegenbeispiele finden.
Der Neptunsbrunnen des Grupello im Brüsseler Mu-
seum von 1675 hat ähnliche, kunstgewerbliche Schnör-
kel. Die strikten Beweise für die Abhängigkeit müssen
aber noch gefunden werden. Wahrscheinlich ist, daß
Rauchmiller eine ähnliche Schule durchgemacht hat
wie Grupello, und daß er aus der Richtung kommt,
die im älteren Artus Quellinus und in LucFaidherbe
ihre Führer gehabt hat.
Wann ist das Trierer Denkmal entstanden? Wir
haben ganz wenige Nachrichten über Rauchmillers
Anfänge. Wir wissen nur, daß er 1645 in Radolfzell
geboren wurde. Wo er gelernt hat, glauben wir jetzt
zu wissen. Mit einem Aufenthalt in Belgien scheint
auch die Tatsache am leichtesten zusammenzugehen,
daß er zuerst in Mainz (1669—71) nachweisbar ist.
In die Zeit seiner Wirksamkeit am Rhein, etwa 1675,
dürfen wir auch das Trierer Grabmal setzen. Vor
1678 wurde er nach Wien berufen. Von Wien aus
hat man ihn nach Breslau geholt. Schlesien war da-
mals noch österreichische Provinz. 1678 hat er in
Liegnitz die Alabasterdenkmäler der Piasten ausge-
führt, 1679 hat er die Epitaphien des Adam Caspar
von Arzat und des Oktavio Pestaluzzi gemeißelt.
(W. Nickel, die Breslauer Steinepitaphien aus Re-
naissance und Barock. Straßburg 1924, S. 35.) Die
gemeinsamen Motive an dem einem Grabmonument
kann man als Reminiszenzen an das Trierer Denk-
mal erklären, das wenige Jahre vorher entstanden
sein wird. Schon 1686 ist Rauchmiller in Wien ge-
storben, bevor er noch die Wirksamkeit entfalten
konnte, die sein ungewöhnliches Talent erwarten
ließ. Vielleicht wäre sonst sein Werk ein Damm ge-
worden gegen die welsche Flut, die um die Jahrhun-
dertwende ungehindert das Land überschwemmte.

KENTAUREN- UND REITER-AQUAMANILIEN. II

VON OTTO v. FALKE

Die im Maiheft dieser Zeitschrift (Pantheon V, S. 246)
besprochenen Bronzegefäße in Ritterform bilden
den älteren, vorn 13. bis zurMitte des 14. Jahrhunderts
reichenden Denkmälerbestand. Damit war wohl die
Blütezeit dieser merkwürdigen Gattung figürlicher
Wassergefäße abgeschlossen, ihre Herstellung ist
aber noch ein Jahrhundert weitergegangen. Auf der
französischen Seite, im Maasgebiet, scheint aller-
dings die Vorliebe für figürliche Aquamanilien nach
1400 sehr nachgelassen zu haben; wenigstens sind
solche von westlicher Herkunft aus spätgotischer
Zeit kaum mehr bekannt. In Deutschland dagegen,
wo der Gebrauch von Wasserkannen in Tier-

formen offenbar am meisten verbreitet und bis ins
16. fahrhundert hinein festgewurzelt war, tritt um
1400 noch eine Messingguß-Werkstatt mit Reiter-
aquamanilien und figürlichen Leuchtern in beträcht-
licher Zahl hervor, die sich von westlichen Vor-
bildern — künstlerisch nicht zu ihrem Vorteil — mehr
und mehr entfernen.
Vorerst sind hier zurVervollständigung jener älteren
norddeutschen Gruppe von Rittergefäßen mit gra-
vierter Verzierung (Pantheon V, S. 248, Abb. 5, 6,
7, 11, 12) noch einige als Kentauren gestaltete
Aquamanilien aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts
nachzutragen. Der in der Nähe von Kaschauin Ober-

557

70*
 
Annotationen