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Pantheon — 2.1928 = Jg 1.1928

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von Falke, Otto: Quattrocento-Majoliken
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https://doi.org/10.11588/diglit.57095#0078

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Abb. 1. FAENZA UM 1470 Abb. 2. FAENZA UM 1500
BERLIN, SCHLOSSMUSEUM

QU ATTRO CENTO -MAJO LIKEN

Obwohl Faenza für die Majolikakunst der Renais-
sance in der Tat die Mutterstadt war, die ihre Mei-
ster nach Venedig, Siena, Caffagiolo, Deruta und
anderen Orten abgab und damit den ornamentalen
Stil der Hochblüte ausbreitete, erscheinen die Lei-
stungen der Faentiner Kunsttöpfer in der archaischen
Periode des 15. Jahrhunderts noch spärlich und wenig
bedeutend, wenn man sie mit der großen Menge
wohlerhaltener Frühmajoliken aus Toskana ver-
gleicht. Erst im 3. Viertel des 15. Jahrhunderts, als
die Fayencemaler mit reicher gewordener Palette
anspruchsvollen Dekorationen sich gewachsen glaub-
ten, suchte Faenza den Vorsprung der Florentiner
einzuholen. Ein gewichtiges Zeugnis dessen ist die
große spätgotische Majolikaschüssel mit einer Bä-
renjagd (Abb. 1, Schloßmuseum Berlin), die in der
keramischen Literatur unbeachtet geblieben ist,
hauptsächlich deshalb, weil sie sich unter die gleich-
zeitigen Majoliken Toskanas nicht einreihen ließ.
Die Darstellung der Bären jagd mit drei Figuren, einem
nackten Reiter, einem Ritter und einem Jäger in der
Zeittracht, deren Umschrift „Dali Achiarino Tradi-
tore“ auf eine novellistische Deutung schließen läßt,
geht über das in der damaligen Majolikamalerei um
1460— 1470 Übliche hinaus, verrät aber zugleich eine
gewisse Llnbeholfenheit der Komposition. Beides
erklärt sich daraus, daß die Mittelgruppe des Jägers,

des Bären und der vier an diesem hängenden Hunde
einem anonymen Florentiner Kupferstich der Fini-
guerraschule (S. Colvin, Early Italian Engravings,
Tafelb. A. V. 13) entnommen ist, während der Reiter,
der Ritter und die zwei Hunde hinter dem Hasen vom
Majolikamaler zugefügt wurden. Es ist eines der frühe-
sten Beispiele der Verwendung graphischer Vorla-
gen in der Majolikamalerei; sehr ungewöhnlich auch,
daß dem Bild eine schriftliche Erklärung beigegeben
ist. Das Bild ist in kühlem Graublau, Hellgrün, Braun
und Schwarz ausgeführt und erreicht eine sehr star-
ke Farbenwirkung dadurch, daß die Figuren auf in-
tensiv ockerbraunen Grund gestellt sind.
Die Herkunftsbestimmung dieses anscheinend ganz
singulären Beckens wird durch drei jüngere, fraglos
faentinische Schüsseln ermöglicht, die sich durch ähn-
liches Randornament und durch die knapp an der
Grenze des Bildfeldes entlanglaufenden Spruchbänder
als Nachkommen der Bärenjagdschüssel zu erkennen
geben. Bei einer Schüssel im Berliner Schloßmuseum
mit einer humoristischen Szene häuslicher Kranken-
pflege (Abb. 2) sind auf dem Rand Halbkreise mit
dem in Faenza häufigen Pfaufedermuster an die Stelle
der Spitzbogenfelder der Bärenjagdschüssel getreten
und die Blüten in den Bogcnzwickcln sind summari-
scher angedeutet, aber sonst ist die Randdekoration
die gleiche. DicKlage desMannes auf dem Spruchband

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