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Pantheon — 2.1928 = Jg 1.1928

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Suida, Wilhelm: Einige Zeichnungen des Lorenzo Lotto
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Gronau, Georg: Ein wenig bekanntes Porträt Dürers in Padua
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https://doi.org/10.11588/diglit.57095#0231

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So erscheint mir der Hinweis, den L. Fröhlich-Bum ')
auf eine Federzeichnung in der Ecole des Beaux
1) L. Fröhlich-Bum, Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kuns;
in Wien 1928.

Arts in Paris gegeben hat, die schwebende Maria
mit dem Kinde, von Engeln umgeben, sehr be-
achtenswert. Zu dieser Frage kann ich aber erst nach
erneuter Prüfung des Originals Stellung nehmen.

EIN WENIG BEKANNTES PORTRÄT DÜRERS IN PADUA

VON GEORG GRONAU

Im Sommer 1915 veröffentlichte G. Fiocco in der
Zeitschrift „L’Arte“ einen Aufsatz über einige Fres-
ken in der Scuola del Carmine zu Padua, welche er
glaubte — auf Grund von Übereinstimmungen mit
den Stichen — dem Giulio Campagnola zuschreiben
zu können1). Fiocco wies bei dieser Gelegenheit
darauf hin, daß auf dem ersten dieser Fresken (Abb.
S. 534) mit der Darstellung der Vermählung der
Maria in der Assistenz ein Porträt Albrecht Dürers
zu finden wäre.
Eine Beobachtung, die in andern Zeiten gewiß nicht
verfehlt hätte, in Deutschland Interesse zu erwecken.
Aber Sommer 1915: wir hatten anderes im Kopf
und wie wenige mögen überhaupt damals jenes Heft
der italienischen Kunstzeitschrift zu Gesicht bekom-
men haben, wo der Kopf jener Figur klein und nicht
sehr deutlich abgebildet war.
Ich kannte jenen Freskenzyklus seit Jahrzehnten —
auch jenes Porträt war meiner Aufmerksamkeit nicht
entgangen: ich hatte gedacht, im Zusammenhang
mit andern Arbeiten es einmal den deutschen Fach-
genossen mitzuteilen. Es mag nicht überflüssig er-
scheinen, im Dürerjahr dies nachzuholen, zumal mir
durch gütige Vermittlung des stets hilfsbereiten Prof.
A. Moschetti eine Detailaufnahme zur Verfügung
steht, welche die ganze Figur klar wiedergibt.
Inmitten der rein venezianischen Gestalten, die ihn
umgeben, hebt sich Albrecht Dürer auffällig genug
heraus. Während alle andern den für das veneziani-
sche Gebiet in dieser Zeit charakteristischen Haar-
schnitt, die „Zazzera“, zeigen, fällt bei ihm das
dunkle Haar in dichter Fülle bis auf die Schultern
herab. Unter den behaglich gerundeten Gesichtern,
die ihn umgeben, hebt sich das seine — schmal, mit
hervorstehenden Backenknochen — fremdartig her-
aus ; man sieht sofort, es ist der Repräsentant einer
anderen Rasse. Sein Haupt bedeckt ein schwarzes
Barett, das in seiner länglich gestreckten Form eben-

1) G. Fiocco, La giovinezza di Giulio Campagnola, L’Arte 18, 1915, p. 147 ff.

falls von der gedrungeneren der Venezianer ab-
weicht. — Die schmalschultrige, schlanke Figur
ist ganz in einen unten mit weißem Pelz besetz-
ten, dunklen Mantel gehüllt, der tief, fast bis an
die Knöchel, herabreicht — ob es wohl jener fran-
zösische Mantel ist, auf den sein Besitzer so stolz
war, daß er ihn mehrfach in den Briefen an Pirk-
heimer erwähnt?
Bedarf es des Nachweises, daß der Paduaner, der
diese Fresken gemalt hat, Giulio Campagnola oder
wer immer es gewesen ist, den großen Deutschen,
den ebenso Bewunderten, wie Befehdeten, hier
porträtiert hat? Es sind völlig unverkennbar seine
schlanken, vergeistigten Züge, die starke, kühn ge-
bogene Nase, die schon in den Knabenbildnissen
auffällt, der schön gezeichnete Mund mit der sinn-
lich vollen Unterlippe. Die Beziehungen zu den
Selbstbildnissen in Paris und Madrid sind zu offen-
kundig, als daß ein Zweifel an der Bestimmung
dieser Figur auf Dürer möglich wäre.
Fiocco hat aus einer Reihe von Erwägungen heraus
den Freskenzyklus auf 1506 datiert und dieser An-
satz ist ja nur geeignet, unsere Annahme zu stützen.
Daß Dürer, der von Venedig aus einmal nach Bo-
logna fuhr, bei dieser oder einer anderen Gelegen-
heit die in deutschen Humanistenkreisen gefeierte
Stadt einmal aufgesucht haben wird, ist mehr als
wahrscheinlich : wenn aus keinem anderen Grunde,
um Mantegnas willen. Vielleicht entstand damals
das Porträt, vielleicht auch hat Campagnola die
Züge des Mannes, dessen Graphik er mehr als ein-
mal für die eigene Produktion benutzt hat, in Venedig
fixiert. Wie auch immer: auf diese Weise ist das
einzige zeitgenössische Bildnis Dürers von fremder
Hand, das wir besitzen, entstanden, das Werk eines
Künstlers aus dem Kreis, auf den Dürer so starken
Eindruck machte — nicht sowohl bedeutsam als
Kunstwerk, als weil es uns zur Kontrolle der Selbst-
bildnisse dient, deren sachliche Treue es erfreulich
bestätigt.

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