Abb. 2a. HALBERSTADTER DOMBILD
KAPITELLFIGUR
Abb. 2b. GOLDENE TAFEL, HANNOVER
ENGEL AUS DER TAUFE CHRISTI
vornherein aus dem Kreis der lebhafter bewegten
und untereinander in Beziehung gesetzten Kom-
positionen der „sacra conversazione“ und des „Para-
diesgärtleins“ der kölnischen Schule scheidet1).
Und auch die Gruppe der singenden Engel in ihrer
schlichten, innigen und ein wenig unbeholfenen Hin-
gebung ist weit entfernt von der weichen Eleganz
und geschmackvollen Kurvenführung der Engel-
gruppen kölnischer Schule. Direkte Beziehungen
zum Niederrhein sind für den Aufbau des Bildes,
für Typen und Einzelformen nicht nachweisbar. So-
weit Anklänge an die kölnische Malerei vorhanden,
sind diese durch das Medium eines anderen Kunst-
zentrums vermittelt worden.
Die Eingruppierung in die westfälische Malerei, die
Aldenhoven auf Grund der Gesamtanordnung, die
westfälisches Vorbild verrät, und derTypenverwandt-
schaftmit den Köpfen der hl. Dorothea und Odilia2)
vornahm, während Hölker enge Beziehungen zu dem
Altarwerk in der Marienkirche in Bielefeld3) fest-
stellte, läßt sich kaum aufrecht halten. Die Kopftypen
des Conrad von Soest sind breiter, auch Modellierung
1) Vgl. das von Doering herangezogene Bild des älteren Sippenmeisters im Kaiser-
Friedrich-Museum, Berlin.
2) Münster, Landesmuseum. 3) Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, Bd.21.
und Ausdruck sind abweichend. Die Architektur des
Thrones mit den vorspringenden Baldachinen und
der mittleren Bekrönung ist nicht Sondergut der west-
fälischen, insbesondere der Soester Schule, sondern
gehört zum allgemeinen Formenkanon der Malerei
um 1400, so daßdieVerwendung dieser Formeln kein
Argument für die westfälische Herkunft des Halber-
städter Bildes bedeutet.
Dagegen ist die äußere und innere Verknüpfung des
Halberstädter Bildes mit der Goldenen Tafel in
Hannover1) so eng, daß sie nicht nur durch die
gleiche Stammeszugehörigkeit der Hauptmaler be-
gründet sein kann, sondern auch die Kenntnis der
Malereien der Goldenen Tafel für die Entstehung der
Madonna mit der Korallenkette zur Voraussetzung
macht. Zu den Vergleichsmomenten gehören die Scha-
blonierung des farbigen Bildrahmens, das starke Mit-
sprechen des Goldgrundes in der farbigen Wirkung,
die reiche Verwendung des Granatapfelmusters der
Brokatgewänder, deren großflächige Musterung
durch den darüber gelegten Mantel stets abgedämpft
und nur in kleinen Ausschnitten sichtbar wird,
i) Ich gehe nicht auf die Hypothese frankoburgundischer Autorschaft bei der
Goldenen Tafel ein, sondern setze mit Heise niedersächsische Entstehung
voraus.
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