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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 8.1904

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Heft 13
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Moeller van den Bruck, Arthur: Die Komödie
DOI Artikel:
Rilke, Rainer Maria: Ein Märchen vom Tod und eine fremde Nachschrift dazu
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19988#0325

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OIL LOMOOIL.

IVlLN kLt Ltüclre, LlNÄkter Aedoteil, clie Xo-
rrlöäieil, so etwss wie moäerne LLtirspiele seirr
sollten imcl clie wie rriit Oedirrrleere Aescdrieberr
2ii seirr sobierrerr.

Ls bat beirrerr 2weclc, clis betreberrcleli ^rrtoreri
bier Llle riÄirientlicb so nieäriZ 211 bönAen, wie
sie es verclienen. blnr äsb OnöwiA 1'kornn,
äer „3inipli2issiinu8"leiter, nnter äenen wsr, cbe
sicb Icornproniittierten, nrnb erwnbnt weräen.
OnäwiZ LkoniL bnt sls „?eter 3cbleniik1" inr
„8inip1i2i8sirnn8" nicbt nble 8Ltir§eäicbte ver-
öbentlicbt, cüe Ireilicb InnZe nickt so sckroik
nnc! pointenstnrb wnren, wie öie k'rLrnb Weöe-
bincls. IVIit seiner „IVIeclLille",* clie er snk clern
„Lnnten Ikenter" spielen lieb, bewies er, clnb
ibnr 2urn OrLniLtiber clis cln vor nllenr nöti§e
?ointe erst recbt leblt. Oncl nnbercleni 2ei§te
clie „IVIeclLille", clnb er sebr bescbeiclen nber
clie I^üIIe von Wit^en nncl ^itnntionseinlsllen
üenbt, clie in einern wirblicben 8ntirspiel 2N
stecben bnt: nrit etwn ürei Witsen nncl beinern
LinkLll lüllte er üreibiA IVIinnten 8piel2eit. ke-
snltat: b,3n§ewei1e nncl clie Lrkabrnn§, ÜLÜ cler
3inrp1i2issinrnsleiter unILKi^ ist, clen ^irnpli^issi-
nrnston Lnk cler Vübne nn^nwenclen. Oie „IVIe-
ÜLille" aber wnr nock clie beste Lonröclie, üie
rnnn Zsboten.

* VerlL§ vvn -^lbert I^anZsen. IVlüneberi 1901.

in ITlärchen vom Tod und eine
fremde Nachschrift dazu.

Von Rainer Naria Rilke.

(Aus „Keschichten vom lieben Lott". 2m Insel-Verlag.

Leipzig (SO^.)

Ich schaute noch iinmer hinaus in den langsam
verlöschenden Abendhimmel, als jemand sagte:
„Zie scheinen sich ja sür das Land da oben sehr
zu interessieren?"

Nein Blick siel schnell, wie heruntergeschossen,
und ich erkannte: 2ch war an die niedere Nauer
unseres kleinen Rirchhofs geraten und vor mir,
jenseits derselben, stand der Nann mit dem Zpaten
und lächelte ernst. „2ch interessiere mich wieder
sür dieses Land hier," ergänzte er und wies
nach der schwarzen, seuchten Lrde, welche an
manchen Ztellen hervorsah aus den vielen welken
Blättern, die sich rauschend rührten, während ich
nicht wußte, daß ein Wind begonnen hatte. Plötz-
lich sagte ich, von hestigem Abscheu ersaßt: „Warum
tun Zie das da?" Der Totengräber lächelte immer
noch: „Ls ernährt einen auch — und dann, ich
bitte Lie, tun nicht die meisten Nenschen das
gleiche? Lie begraben Tott dort, wie ich die
Nenschen hier." Lr zeigte nach dem Himmel und
erklärte mir: „2a, das ist auch ein großes Trab,
im Zommer stehen wilde Vergißmeinnicht draus —"

Lleibeii slso tLksückIicb nur <Iie „nn§espie1ten"
Lornöclien, be^iebnnZsweise cüe LbZeleknten.
In OncbürLrnen scblnrnniert üie Hokknnn§ cler
äentscben Bosse uncl cles üentscben ünstspiels!!!

IVlLn scblieüt wobl, ÜLb irn Vsriete clie
IVIöAlicbbeit 1ie§e, in niLÜloser, possenbLkter,
ÜLrilrLturistiscber Weise so tzcpenbilclenll vor-
2NAeben, wie ÜL8 ^ristopkLnes niit seiner 2ü§el-
losiZbeit nncl tLusenükLrbiA scbillernclen 8ewe§-
licbbeit, clie kür QrieckenlLncl eckteste VLriete-
Irunst wLr, wobl AetLN.

Oiese LucbclrLnien — ick clenke Ln clie
8tüclre LrLnb Weüellincls unü LN ^osepb
I^neclerers bostbLre ,LLbnenweibe" — baben
VLriete§eist. In ibnen Lllein wirü bent^ntLAS
ÜLS Lristoteliscke Wort von cler „Locbter cles
bLckens" ^erecbtkertiAt.

* -i-

80 baben wir slso clie Lornöclis ZerLÜe so
weni§ wie clie IrLZöclie. ^ber 2N beiüen sinc!
clie ^VnsLt^e ÜL. Oncl es ist sicker, wenn ÜLS
üeben sick Aeüeiblicb nncl so stsrl;: weiterent-
wicllelt, wie es clas seitber Aetan, ÜLnn werclen
cliese ^Vnsät^e nicbt verbüniniern. Oncl wir
werüen sie beiüe belcornrnen, clie 1?rL§äc1ie —
seeleclnrcbrüttelncl, clie Loniöüie — 2werckke1I-
ersckütterncl.

2ch unterbrach ihn: „Ls gab eine Zeit, wo die
Menschen Tott im Himmel begruben, das ist wahr —"
„2st das anders geworden?" fragte er seltsam
traurig. 2ch suhr sort: „Linmal wars jeder eine
tzand Himmel über ihn, ich weiß. Aber da war
er eigentlich schon nicht mehr dort, oder doch —"
ich zögerte.

„Wissen Zie," begann ich dann von neuem, „in
alten Zeiten beteten die Aienschen so." 2ch breitete
die Arme aus und fühlte unwillkürlich meine
Brust groß werden dabei. „Damals wars sich Tolt
in alle diese Abgründe voll Demut und Dunkelheit
und nur ungern kehrte er in seine Himmel zurück,
die er, unvermerkt, immer näher über die Lrde
zog. Aber ein neuer Glaube begann. Da dieser
den Nenschen nicht verständlich machen konnte,
worin sein neuer Gott sich von jenem alten unter-
scheide (sobald er ihn nämlich zu preisen begann,
erkannten die LNenschen sosort den einen altei?Gott
auch hier), so veränderte der verkünder des neuen
Gebotes die Art zu beten. Lr lehrte das Hände-
salten und entschied: Leht, unser Tott will so
gebeten sein, also ist er ein anderer als der, den
ihr bisher in euren Armen glaubtet zu empsangen.
Die Nenschen sahen das ein, und die Gebärde der
osfenen Arme wurde eine verächtliche und schreck-
liche und später hestete man sie ans Areuz, um
sie allen als ein Lymbol der Not und des Lodes
zu zeigen.

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