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deuteten Zweck verwendet habe, denn ein zur Erklärung eines nicht bekannten
oder nicht gesehenen Gegenstandes beigezogenes Ding muss selbst bekannt
oder nach Meinung des Schreibers bekannter sein als der zu erklärende
Gegenstand. Dies ist aber bei saepes muralis nicht der Fall.
Mit einer kleinen zulässigen Änderung aber erhalten wir einen allgemein
bekannten jedem zugänglichen Gegenstand, der sehr geeignet war, die erwähnte
Schutzmassregel deutlich vor Augen zu führen; wenn wir ruralis saepis
schreiben, d. h. Feld-zaun, Acker-Einfriedigung.
Diese Änderung wird unterstützt durch die Beschreibung eines solchen
Feldzauns, die uns Varro, de re rustica I c. 14 bietet. Er zählt vier Arten
von Zäunen auf, die zum Schutze der Felder hergestellt werden können, als
zweite das genus agreste und bringt dann einige Zeilen später dessen Be-
schreibung: „Secunda saepes est ex agresti ligno sed non vivit (d. h. er ist
ohne Wurzeln). Fit aut palis statutis crebris et virgultis implicatis; aut latis
perforatis et per ea foramina trajectis longuriis fere bims aut ternis; aut ex
arboribus truncis demissis in terram, deinceps constitutis/' d. h. er wird her-
gestellt aus zahlreichen aufrecht stehenden und durch Zweige verflochtenen
oder breiten durchbohrten Pfählen, durch deren Öffnungen je zwei oder drei
lange Stangen gezogen sind, oder aus Baumstümpfen, die nebeneinander in
die Erde eingelassen sind.
Varro hat hier als saepes agrestis (= ruralis) ganz das Verfahren be-
schrieben, das durch den Befund am Limes nach fast 2000 Jahren in die
Erscheinung getreten ist. Ich glaube demnach, dass in der Stelle Spartian,
Hadrianus c. 12 statt des unverständlichen oder nur gezwungen erklärbaren
in modum muralis saepis‘ zu lesen sei ,m modum ruralis saepis' das einen
klar verständlichen Vergleich enthält und leicht verschrieben oder wegen der
aufeinander folgenden m beim diktieren leicht verhört werden konnte.
Die gleiche Verschreibung scheint auch bei Caesar, de bello Gallico
III, 14 vorzuliegen, wo ein Werkzeug zur Zerreissung der Taue feindlicher
Schiffe beschrieben ist mit den Worten: falcespraeacutae insertae affixaeque
longuriis non absimili forma muralium falcium! „sehr scharfe Sicheln, in
(lange) Stangen eingelassen und befestigt, nicht unähnlich an Gestalt den
Mau er sicheln!“
Auch an dieser Stelle bietet der Vergleich mit der Mauersichel, deren
Aussehen wahrscheinlich den meisten Lesern, falls sie nicht selbst einmal die
Erstürmung einer Stadt mitgemacht hatten, nicht bekannt war, keine klare
Vorstellung, während die Schreibung ruralium falcium ein wohl jedem durch
Anschauung bekanntes Gerät vor Augen führte.
Unterstützt wird diese Vermutung durch die griechische Übersetzung
dieser Stelle, welche yswpyixfiiv Spexavtov lautet, also wahrscheinlich in ihrer
lateinischen Vorlage ruralium falcium las.
Der Vergleich gilt an dieser Stelle offenbar nicht dem ganzen Werkzeug,
dessen lange Stange als allgemein bekannter Gegenstand keiner Erläuterung
bedurfte, sondern nur dem Metallteil, dessen Gestalt durch die Ähnlichkeit
mit der Bauernsichel anschaulich gemacht werden sollte.
München. F. Ohlenschlager.
Rekonstruktion der römischen Moselbrücke bei Trier.
8. Von der römischen Moselbrücke in Trier ist bekannt, dass der Unterbau,
die Pfeiler, allein römischen Ursprungs sind. Dem verwendeten Materiale nach,
das uns mit seinen dunkelgefärbten, riesigen Quadern direkt an die Porta nigra
erinnert, muss die Brücke in derselben Zeit erbaut worden sein, wie die Porta
deuteten Zweck verwendet habe, denn ein zur Erklärung eines nicht bekannten
oder nicht gesehenen Gegenstandes beigezogenes Ding muss selbst bekannt
oder nach Meinung des Schreibers bekannter sein als der zu erklärende
Gegenstand. Dies ist aber bei saepes muralis nicht der Fall.
Mit einer kleinen zulässigen Änderung aber erhalten wir einen allgemein
bekannten jedem zugänglichen Gegenstand, der sehr geeignet war, die erwähnte
Schutzmassregel deutlich vor Augen zu führen; wenn wir ruralis saepis
schreiben, d. h. Feld-zaun, Acker-Einfriedigung.
Diese Änderung wird unterstützt durch die Beschreibung eines solchen
Feldzauns, die uns Varro, de re rustica I c. 14 bietet. Er zählt vier Arten
von Zäunen auf, die zum Schutze der Felder hergestellt werden können, als
zweite das genus agreste und bringt dann einige Zeilen später dessen Be-
schreibung: „Secunda saepes est ex agresti ligno sed non vivit (d. h. er ist
ohne Wurzeln). Fit aut palis statutis crebris et virgultis implicatis; aut latis
perforatis et per ea foramina trajectis longuriis fere bims aut ternis; aut ex
arboribus truncis demissis in terram, deinceps constitutis/' d. h. er wird her-
gestellt aus zahlreichen aufrecht stehenden und durch Zweige verflochtenen
oder breiten durchbohrten Pfählen, durch deren Öffnungen je zwei oder drei
lange Stangen gezogen sind, oder aus Baumstümpfen, die nebeneinander in
die Erde eingelassen sind.
Varro hat hier als saepes agrestis (= ruralis) ganz das Verfahren be-
schrieben, das durch den Befund am Limes nach fast 2000 Jahren in die
Erscheinung getreten ist. Ich glaube demnach, dass in der Stelle Spartian,
Hadrianus c. 12 statt des unverständlichen oder nur gezwungen erklärbaren
in modum muralis saepis‘ zu lesen sei ,m modum ruralis saepis' das einen
klar verständlichen Vergleich enthält und leicht verschrieben oder wegen der
aufeinander folgenden m beim diktieren leicht verhört werden konnte.
Die gleiche Verschreibung scheint auch bei Caesar, de bello Gallico
III, 14 vorzuliegen, wo ein Werkzeug zur Zerreissung der Taue feindlicher
Schiffe beschrieben ist mit den Worten: falcespraeacutae insertae affixaeque
longuriis non absimili forma muralium falcium! „sehr scharfe Sicheln, in
(lange) Stangen eingelassen und befestigt, nicht unähnlich an Gestalt den
Mau er sicheln!“
Auch an dieser Stelle bietet der Vergleich mit der Mauersichel, deren
Aussehen wahrscheinlich den meisten Lesern, falls sie nicht selbst einmal die
Erstürmung einer Stadt mitgemacht hatten, nicht bekannt war, keine klare
Vorstellung, während die Schreibung ruralium falcium ein wohl jedem durch
Anschauung bekanntes Gerät vor Augen führte.
Unterstützt wird diese Vermutung durch die griechische Übersetzung
dieser Stelle, welche yswpyixfiiv Spexavtov lautet, also wahrscheinlich in ihrer
lateinischen Vorlage ruralium falcium las.
Der Vergleich gilt an dieser Stelle offenbar nicht dem ganzen Werkzeug,
dessen lange Stange als allgemein bekannter Gegenstand keiner Erläuterung
bedurfte, sondern nur dem Metallteil, dessen Gestalt durch die Ähnlichkeit
mit der Bauernsichel anschaulich gemacht werden sollte.
München. F. Ohlenschlager.
Rekonstruktion der römischen Moselbrücke bei Trier.
8. Von der römischen Moselbrücke in Trier ist bekannt, dass der Unterbau,
die Pfeiler, allein römischen Ursprungs sind. Dem verwendeten Materiale nach,
das uns mit seinen dunkelgefärbten, riesigen Quadern direkt an die Porta nigra
erinnert, muss die Brücke in derselben Zeit erbaut worden sein, wie die Porta