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Schwetzinger Wochenblatt — 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.30180#0159

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Schtvetzinger Wochenblatt

s

F°39.

Smnslag, 16. Mai

1863.

Erscheint Mittwoch und Samstag. — Preis: monatlich 12 kr., vierteljährlich 36 kr., unter Vorausbezahlung. —
Anzeigen werden die einspaltige Zeile oder deren Raum mit 2 kr. berechnet.

Man abonnirt sich in Schwetzingen bei Geschwister Schwab, auswärts bei den betresfenden Boten.

Die Boten haben für das Ueberbringen des Blattes monatlich 2 kr. anzusprechen.

Die Einweihimg des Schießhauses

des

Schühenvcreins Schwchingen

wurde riorigeu Souutag glücklich begouuen und ill ge-
lungenster Weise durchgeführt. Samstag Abend, als
am Vorabende des Festes, brachten die Schützen, ver-
stürkt durch die Gesangvereine „Liederkranz" und
„Sängerbund" und ein gutes Musikcorps, ihrem
ersten Schützenmeister, Herrn Kärcher, als Anerkennung
seiner Verdienste um die Gründung und seitherige Lei-
tung des Vereins ein. . . Fackelftändchen kann man's
nicht wohl nennen, wir müssen also ein eigenes Wort
hiefür erfinden und sagen: ein „buntsarbiges Laternen-
ständchen."

Ein schön beleuchtetes Bild bot der Zug dar, wel-
cher sich langsam in zwei langen Reihen unter den
Klüngen eines Festmarsches nach der Wohnnng des
Geseierten bewegte, wo einige Musikpiegen mit dem
Gesangvortrage der Vereine „Liederkranz" und „Sänger-
bund" abwechselten!

Nach beendigtem Ständchen zog die Gesellschaft nach
dem Mändler'schen Bierkeller, wo eine angenehme
Abendunterhaltung, gehoben durch Gesangs- und Musik-
Vorträge, Toaste re. die Gesellschast bis tief in die
Nacht hinein vereinigt hielt!

Herrlich, viel versprechend brach der Sonntag an;
schon am frühen Morgen prangten einzelne Straßen
ün Schmucke der deutschen uild badischen Farben und
gegen Mittag waren die Häuser, mit wenigen Aus-
nahmen, allgemein sestlich geschmückt, so daß es eine
helle Freude war, einen Gang dnrch das freundlich
aufgeputzte Städtchen zu machen.

Schon im Lause der Vormittagsstmlden trasen ge-
ladene Festgäste vereinzelt und in Schaaren eül. Wagen
und Omnibusse langten an, Neugierige und Schaulustige
strömten herein und ein reges, bewegliches Leben begann
sich zu eutwickeln.

Um ein Uhr Nachmittags versainmelten sich die
angekommenen Schützengäste vor dem Gasthofe „zum
Hirsch," woraus die hiesigeu Gesaugvereine, welche sich
iiu Lokale des „Liederkranzes," im Gasthause „zum
Bären" vereinigt hatteil, durch die Vorstände des
Schützenvereins unter Begleitung der Festmusik abgeholt
nild nach dem Sammelplatze geleitet wurden, wo die
gegenseitige Begrüßung unter herzlichen Hochrusen statt-
fand. Jetzt ordnete sich der Zug nach dem Schieß-
hause! Voran trat die Musik, ihr folgten die geladenen

Gäste von hier, welchen sich die Gesangvereine an-
schlossen, denen sich die fremden Schützen anreihten,
worauf der Schützenverein Schwetzingen den Schluß
des Zuges bildete.

Um zwei Uhr erfolgte der Abmarsch nach dem Fest-
platze! Unter deu rauschenden Klängen der Musik zogen
sie dahin, die Schützen uud Sänger, unter ihren lustig
wehenden Bannern! Sträußchen, von schönen Händeu
geworfen, flogen ihnen zu; aber so gar manches arme
Blümchen, das die schöne Bestimmung gehabt hatte,
anl Hute eines Schützen oder Sängers zu prangen,
fand seinen jähen Tod unter den Füßen der nebenher
strömenden Menge von Zuschauern und Neugierigen!
Die Hitze, der Staub waren während des Atarsches
aus der Landstraße fast uuerträglich und nur die lustig
schmetteruden Weisen der Musik wußten die Füße im
gehörigen Takte zu erhalten!

Endlich war das Ziel erreicht! Nach Ankunft auf
dem Festplatze stellten sich die Vereine iin Halbkreise
vor dem Schießhause auf. Jetzt betrat Herr Schützen-
meister Kärcher die kleine Tribüne uud hieß die An-
wesendeu herzlich willkommen, worauf er iu einer ge-
drängten, kräftigen Rede die Zwecke und Absichten des
deutschen Schützenwesens entwickelte uud hierauf deiu
Schützeuvereiu Schmetzingen das Schießhaus empfahl.
Die Schützen gaben nach beeudigter Festrede eiue Salve
ab, worauf die Gesangvereiue das schöne, patriotische
Lied: „Wenn sich der Geist auf Andachtsschwingen rc."
vortrugen, nach dessen Beeudigung der L)chützeunieister
die Schützeu eiulud, die Schießstäude nunmehr in Be-
nützung zu nehmen! Und nun löste sich die seitherige
Ordnung in den liebenswürdigsten Durcheinander auf!

Ueber diesem Waldleben der reine, blaue Himmel,
die lacheude Sonue, bisweileu ein kühlendes Lüftchen!
Rings umher schöne, grüne Tannen, sprossende Gräser,
srohe, muutere Gesichter, lustiges Geplauder, dazwischen
rauschende Atusik, Liederklänge, Büchsen- und Böller-
knall, daneben einen ächten deutschen Trank, darunter
den Boden oder eiue harte Bank! . . . Es war mehr,
als ein Sterblicher verlangen kann!

Viel zu srühe schmetterten die Trompetensiguale zum
Aufbruch; uugerne, widerstrebend, aber dem Unvermeid-
lichen sich fügend, formirte sich Abends gegen sechs Uhr
der Zug mieder und . . . vorwärts denn: „Lebe mohl,
schirm Dich Gott! Du schöuer Wald!"

Fröhlich gings im Feldschritte zurück, doch die Musik
hebt wieder au, die Tritte werden regelmüßig und der
Einzug in die Stadt beginnt! Jubel, Hochrusen, Bom-
 
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