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Schwetzinger Wochenblatt — 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.30180#0267

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Schwetzinaer Wochenblatt

K 66._MMimich, 19. August_1863.

Erscheint Mittwoch und Samstag. — Preis: monatlich 12 kr., vierteljährlich 36 kr., unter Vorausbezahlung. —
Anzeigen werden die einspaltige Zeile oder deren Raum mit 2 kr. berechnet.

Man abonnirt sich in Schwetzingen bei Geschwister Schwab, auswärts bei den betreffenden Boten.

Die Boten haben sür das Ueberbringen des Blattes monatlich 2 kr. anzusprechen.

R u n d s ch a u.

OesLerreitt). Salzburg, 4. August. Es hatte
hier eine Feier statt, die Grundsteiulegung einer neuen
protestantischeu Kirche, der ersten im Lande Salzbnrg.
Sie ist ein Beweis, wie die österreichischen Versassnngs-
Zustände nicht nur immer tiefer wnrzeln, trotz der ge-
rade in diesem Punkte allergrößten Hindernisse, und
wie praktische Resultate sie liesern, wobei es nnr jedem
Oesterreicher höchst angenehm sein mußte, daß sie in
Gegenwart des hier versammelten Eisenbahn-Congresses
Statt sand, dessen Mitglieder aus ganz Mittel-Europa
nach allen Richtungen hin die Mittheilnngen hiervon
bringen werden, gleich den Künstlern im vorigen Jahre
die Apostel, welche über das lange verkannte Oester-
reich eine bessere Erkenntniß verkünden werden.

Bayern. Speper, 14. August. Das großh.
badische Osfizier-Corps von Mannheim stattete gestern
Nachnlittag dem hiesigen Osfizier-Corps einen Besuch
ab. Als Ort der Zusanlnlenkunst diente der Bierkeller
des Herrn Heinr. Weltz, wo die beiden Regimentsmn-
siken ans Mannheim abwechselnd sehr gelungene Pro-
duktionen gaben. Leider ward die Unterhaltung durch
das gegen 6 Uhr eingetretene Unwetter etwas gestört.

Landau, 16. August. Gestern Abend hatten wir
hier einen großartigen Bierkrawall, der von den Be-
tresfenden deshalb angestellt wurde, weil mehrere hiesige
Brauer ihre hiefigen Wirthschaften geschlossen hatten,
aber noch Bier haben und solches nach auswärts ver-
senden. Jn drei Brauhäusern, am ärgsten bei Kaul
uild Hacker, wurde in den Wirthschaftsräumen alles
zerstört, und hörte der Spektakel erst dann auf, aks
Generalmarsch geschlagen wurde.

Sachseu. Dresden, 15. August. Der Mai-
Flüchtling Advokat Tschirner aus Bailtzen, der bekannt-
lich 1849 Mitglied der provisorischen Regierung war,
ist begnadigt worden.

Baden, 16. August. Die gestrige Fremdenlifle'
ist bereits auf-den Stand von 29,082 Fremden ange-
kommen. Unter den Neuangekommenen befinden fich
u. A. Jhre Erlauchten die Grafen vou Stolberg, vou
Solms-Aödelheim, voil Castell mit Gemahlin, sowie
mehrere Angehörige des hohen Adels aus Frankreich
und Belgien. — Der König von Preußen trifft Mor-
gen hier ein. Se. Majestüt wird iin Meßmer'schen
Hanse, sein Gefolge im „Englischen Hof" logiren. —
D:e neu eröffnete permanente Kunstausstellung in der
Kun>thalle nebeu dem Theater erweist sich als eine er-

wünschte Bereicherung der Sehenswürdigkeiten unserer
Badestadt.

Frankfurt, 16. August Mittags. Ueber deu
Verlauf des gestrigen Abends ersahren wir noch sol-
gende Einzelheiten: Angekommen find noch die Könige
von Hannover und Sachsen, der Kurfürst von Hessen
und der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin. Der
König von Bayern ist bei seiner Ankunst von der ver-
sammelten Meuschenmasse besonders herzlich empfangen
worden. Als er nach eingebrochener Dunkelheit in Civil
einen Spaziergang aus der Zeil machte, wurde er er-
kannt und von der auf- und abwogenden Menge der-
maßen umringt und mit Zurufen begrüßt, daß er in
die Hauptwache flüchten und von dort sich einen Wagen
holen lassen mußte. Noch rauschender war der Jubel-
ruf, als das Volk den Großherzog von Baden aus
dem Palais des Großherzogs von Hessen, dem er einen
Besuch gemacht hatte, kommen sah. Hier wollte der
Jubel uud das Vivat gar kein Ende nehmen. Der
Großherzog von Hessen sah vom Balkon seines Palais
herab, eine Cigarre rauchend, auf das Menschengewühl.
Heute Vormittag wohnten der Kaiser von Oejterreich
und die übrigen katholischen Fürsten einem Gottesdienste
im Dom bei; die protestantischen Souveräne waren zu
gleichem Zweck in der Paulskirche. Spüter machten sie
sich gegenseitig Besuche. Der Kaiser wurde auf seinen
Fahrten immer mit Hochrufen begrüßt und nickte freund-
lich dankend nach allen Seiten hin. Heute Morgen um
11 Uhr wußte man in diplomatischen Kreisen noch nicht,
wann die erste Conferenz stattfinden werde; auch über
die kaiserliche Vorlage war noch nicht das Geringste
bekannt.

Frarrkfurt, 16. August Abeuds. Heute Nachmit-
tag um 4 Uhr versammelten ^ sich die Bundesfürsten
beiin Kaiser zum Diner. Der kaiserliche Eutwurf zur
Bundesreform ist noch vor dem Diner an die Staats-
männer der Bundesfürsten autographirt ertheilt wor-
den. Da Se. Maj. der Kaiser morgen in der ersten
Conferenzfitzung die Beweggründe seines Vorgehens münd-
lich den versammelten Fürsten eröffnen wird, und über-
morgen wegen des kaiserlichen Gebur'tstnges keine Sitzung
stattfindet, so wird den Souveränen die Zeit gegeben
sein, mit ihren Räthen die Vorlagen reiflich zu prüfen.
Gleichzeitig mit der hiesigen Vertheilung der Vorschläge
ist auch deren Versendung au das Berliner Cabinet
mit der Einladung zur Rückäußerung darüber erfolgt.
Man sieht mit gespanntester Erwartung der Entmicklung
der Dinge entgegen.
 
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