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hinzuweisen, auf Paolo Fiamingo, der nach den einhelligen Angaben aller
Quellen zugleich mit Pietro Longo für den Dogenpalast arbeitete.*)
Gegen Weihnachten von 1577 war bekanntlich ein großer Teil der
alten malerischen Ausschmückung des Dogenpalastes durch einen Brand
vernichtet worden. Der damalige Doge Niccolo da Ponte zögerte nicht, die
Wiederherstellung des Palastes anzuordnen, wovon man schon aus dem
Jahre 1578 bestimmte Nachrichten hat.
Augenscheinlich wurde in einiger Eile und mit Hochdruck alles an
Malern herangezogen, was damals in Venedig Ruf und Namen hatte. .Unter
den Beratern des Dogen für die neue Ausschmückung des herzoglichen
Palastes war auch der Kamaldulenser Mönch Girolamo Bardi, der oben
schon genannt worden.**) Das hat für uns insofern große Bedeutung, als
wir daraus mit Wahrscheinlichkeit auf die Zuverlässigkeit der Bardischen An-
gaben schließen können. Dieser Bardi nennt nun mit Bestimmtheit einen
Pietro Longo als den Schöpfer mehrerer dekorativer Bilder in der Sala
del gran consiglio und in der Saia dello scrutinio. Ich habe die Stellen in
einer früheren Veröffentlichung vollständig mitgeteilt, als ich vor etwa
21 Jahren dem Pietro Longo der Bilder im Dogenpalast nachgespürt und
die Vermutung geäußert hatte, daß der jüngere Langenpier (Pieter Pietersz)
hinter dem Pietro Longo-versteckt sei (siehe Friedls „Weltpost“ Nr. 4 und
Nr. 9). Damals setzte ich mich über den Mangel einer bestimmten Nachricht
von der Abwesenheit des Künstlers aus Holland hinweg. Bei einem genaueren
Studium des Stammbaums der Aertszen-Familie fand ich dann aber nach-
träglich, daß es noch einen weiteren Pieter de Langhe gab, den Pieter
Dirksz de Lange, von dem es tatsächlich bekannt ist, daß er aus Holland
verschwand. In „Oud Holland“ VII schreibt de Roever über ihn „uitlandig
gewest, vermist; zajne nalatenschaft wordt 1636 verdeeld“. Er war ein Enkel
des alten Pieter Aertsz und ein Sohn des Dirk Pietercz, der in Fontainebleau
wohnte und starb. Für diesen Pieter Dirks de Lange ist es nun höchstwahr-
scheinlich, daß er nach Italien gegangen und dort verblieben und verstorben
ist. In der Familie galt er ja als verschollen und sein Nachlaß wurde 1636
verteilt.
Dieser Pieter Dirks de Lange könnte also wohl der Pietro
Longo sein.
Die ganze Angelegenheit kam mir wieder ins Bewußtsein, als ich im
Laufe dieses Jahres in der Wiener Sammlung Julius Brück ein großes Ge-
*) In den Lexika kommt er auch als Paolo Franceschi, bei Thieme-Becker als
Pauwels Franck vor. Ridolfi bietet einen ganzen Abschnitt über ihn. Dazu auch Gustav
Ludwig in: Italienische Forschungen, herausgegeben vom Kunsthistorischen Institut in
Florenz, Bd. IV, S. 97. Dieser Paolo Fiamingo ist 1596 gestorben. Sein Gemälde in der
Sala del maggior consiglio gemahnt stark an Rubens, der ja zur Zeit der Ausschmückungs-
arbeiten für den großen Ratsaal einige Monate lang in Venedig gewesen. Sollte er das
Bild, das Paolo Fiamingo etwa unvollendet hinterlassen hätte, fertig gemalt haben?
Andere beglaubigte Werke des Paolo Fiamingo zeigen einen anderen Stil als das Bild
im Dogenpalast, so z. B. die zwei Altarflügel aus Nicoletto dei Frari, die ich in der Fab-
brica nuova des Palazzo reale zu Venedig gesehen habe, und die Pieta in der Wiener
Akademie (Nr. 20).
**) Vgl. Francesco Zanoto, „11 palazzo ducale“, I., S. 119ff., 128 ff., 145 f. Moschini
in der Guida di Venezia, I., S. 443, teilt mit, daß Bardis erste Ausgabe schon erschienen
ist, ehe noch alle Bilder fertig waren, daß die Schrift also weniger eine Beschreibung
als ein Programm bietet.
hinzuweisen, auf Paolo Fiamingo, der nach den einhelligen Angaben aller
Quellen zugleich mit Pietro Longo für den Dogenpalast arbeitete.*)
Gegen Weihnachten von 1577 war bekanntlich ein großer Teil der
alten malerischen Ausschmückung des Dogenpalastes durch einen Brand
vernichtet worden. Der damalige Doge Niccolo da Ponte zögerte nicht, die
Wiederherstellung des Palastes anzuordnen, wovon man schon aus dem
Jahre 1578 bestimmte Nachrichten hat.
Augenscheinlich wurde in einiger Eile und mit Hochdruck alles an
Malern herangezogen, was damals in Venedig Ruf und Namen hatte. .Unter
den Beratern des Dogen für die neue Ausschmückung des herzoglichen
Palastes war auch der Kamaldulenser Mönch Girolamo Bardi, der oben
schon genannt worden.**) Das hat für uns insofern große Bedeutung, als
wir daraus mit Wahrscheinlichkeit auf die Zuverlässigkeit der Bardischen An-
gaben schließen können. Dieser Bardi nennt nun mit Bestimmtheit einen
Pietro Longo als den Schöpfer mehrerer dekorativer Bilder in der Sala
del gran consiglio und in der Saia dello scrutinio. Ich habe die Stellen in
einer früheren Veröffentlichung vollständig mitgeteilt, als ich vor etwa
21 Jahren dem Pietro Longo der Bilder im Dogenpalast nachgespürt und
die Vermutung geäußert hatte, daß der jüngere Langenpier (Pieter Pietersz)
hinter dem Pietro Longo-versteckt sei (siehe Friedls „Weltpost“ Nr. 4 und
Nr. 9). Damals setzte ich mich über den Mangel einer bestimmten Nachricht
von der Abwesenheit des Künstlers aus Holland hinweg. Bei einem genaueren
Studium des Stammbaums der Aertszen-Familie fand ich dann aber nach-
träglich, daß es noch einen weiteren Pieter de Langhe gab, den Pieter
Dirksz de Lange, von dem es tatsächlich bekannt ist, daß er aus Holland
verschwand. In „Oud Holland“ VII schreibt de Roever über ihn „uitlandig
gewest, vermist; zajne nalatenschaft wordt 1636 verdeeld“. Er war ein Enkel
des alten Pieter Aertsz und ein Sohn des Dirk Pietercz, der in Fontainebleau
wohnte und starb. Für diesen Pieter Dirks de Lange ist es nun höchstwahr-
scheinlich, daß er nach Italien gegangen und dort verblieben und verstorben
ist. In der Familie galt er ja als verschollen und sein Nachlaß wurde 1636
verteilt.
Dieser Pieter Dirks de Lange könnte also wohl der Pietro
Longo sein.
Die ganze Angelegenheit kam mir wieder ins Bewußtsein, als ich im
Laufe dieses Jahres in der Wiener Sammlung Julius Brück ein großes Ge-
*) In den Lexika kommt er auch als Paolo Franceschi, bei Thieme-Becker als
Pauwels Franck vor. Ridolfi bietet einen ganzen Abschnitt über ihn. Dazu auch Gustav
Ludwig in: Italienische Forschungen, herausgegeben vom Kunsthistorischen Institut in
Florenz, Bd. IV, S. 97. Dieser Paolo Fiamingo ist 1596 gestorben. Sein Gemälde in der
Sala del maggior consiglio gemahnt stark an Rubens, der ja zur Zeit der Ausschmückungs-
arbeiten für den großen Ratsaal einige Monate lang in Venedig gewesen. Sollte er das
Bild, das Paolo Fiamingo etwa unvollendet hinterlassen hätte, fertig gemalt haben?
Andere beglaubigte Werke des Paolo Fiamingo zeigen einen anderen Stil als das Bild
im Dogenpalast, so z. B. die zwei Altarflügel aus Nicoletto dei Frari, die ich in der Fab-
brica nuova des Palazzo reale zu Venedig gesehen habe, und die Pieta in der Wiener
Akademie (Nr. 20).
**) Vgl. Francesco Zanoto, „11 palazzo ducale“, I., S. 119ff., 128 ff., 145 f. Moschini
in der Guida di Venezia, I., S. 443, teilt mit, daß Bardis erste Ausgabe schon erschienen
ist, ehe noch alle Bilder fertig waren, daß die Schrift also weniger eine Beschreibung
als ein Programm bietet.