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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 4.1918/​1919

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Frimmel, Theodor von: Aus dem Wiener Künstlerhause: (Neuerwerbungen der Staatsgalerie)
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https://doi.org/10.11588/diglit.52777#0049

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Die Sprungbildung, die mit langen Zügen begonnen hat, dann Quersprünge
ansetzte, die wieder der Quere nach rissen, was sich dann im kleinen noch
oft wiederholen konnte und noch jetzt wiederholen kann, ist im vorliegen-
den Tafelbild bis nahe an die Zerbröselung mancher Stellen vorgeschritten.
Derlei Bilder vertragen keine starken Erschütterungen mehr, ohne in den
schwächsten Teilen zu zerfallen. Eine Weiterbeförderung bringt besondere
Gefahren mit sich, die zur Vorsicht mahnen. Mindestens wird für die Er-
haltung einer elastischen Firnisschicht zu sorgen sein.
Im Mittelsaal und den übrigen Räumen des Künstlerhauses sind neuere
Werke zur Schau gestellt, Zeichnungen, Gemälde, Plastiken aus dem 18.
und 19. Jahrhundert. Die lebenden Künstler sind diesmal bei den Ankäufen
unberücksichtigt geblieben. Ganz im Sinn einer Pendelschwingung geschah
dies. Nach den wahllosen, überhasteten Einkäufen von neuen Bildern in der
Kinderzeit der Staatsgalerie, unter denen sich hie und da das ungefähr
Schlechteste befand, das gerade zu haben war, schwingt jetzt das Pendel
nach der anderen Seite aus, zu den Meistern der Vergangenheit. Unter
diesen haben einige Barockkünstler, einige Übergangsmeister und viele so-
genannte Altwiener, man meint damit hauptsächlich die Vormärzlichen, Ein-
gang in die Staatsgalerie gefunden. Es gibt viel Anregendes da zu schauen.
Je eine Zeichnung des fruchtbaren Martino Altomonte, des faustfertigen
Paul Troger und des seltenen Johann Tribus vertreten die Barocke und ihr
Ausklingen. Erwähnenswert sind Landschaften von Chr. Hilfgott Brand (der
Abendhimmel ist an vielen Stellen übermalt und daher fleckig) und solche
von Jos. Rosa, die man freilich beide nicht als nachahmenswerte Vorbilder
hinstellen dürfte. Von den zwei Norbert Grundschen Landschaften ist das-
selbe zu sagen. In diesem Fall liegt der Mangel an Qualität nicht im Meister,
sondern in der Erhaltung. Es wären im Laufe der jüngsten Jahre viel besser
erhaltene Bildchen von Grund aufzufinden gewesen. Auch die Ankäufe von
Fügerschen Arbeiten können nicht unbedingt gut geheißen werden, besonders
deshalb, weil sich bessere Arbeiten Fügers als die neuangeschafften schon
längst im Staatsbesitz befinden.
Von Bedeutung ist der Zuwachs an Werken der Stilisten aus dem
frühen 19. Jahrhundert, wie eines Scheffer von Leonhardshof, der beiden
Olivier, des J. M. Rohden. Komischerweise war die Tivolilandschaft von
Rohden jahrelang Ladenhüter beim Antiquitätenhändler Schnabel, ehe sie
von den Sammlern entdeckt wurde.
Die sogenannten Altwiener und die nächste Generation nehmen in
der neuen Vorführung einen breiten, wohlverdienten Platz ein. Von Wald-
müller haben sich einige sonst noch unbekannt gebliebene Sachen gefunden,
darunter Skizzenbücher aus seiner frühen Zeit und eine Kopie Waldmüllers
nach dem alten Fügerschen Vorhang im Burgtheater, die im Zusammenhang
mit früheren Mitteilungen Erwähnung verdient. Eybl ist mit einem guten
großen Bildnis vertreten, durch kleinere Werke sind es P. Fendi und Karl
Schindler. Eine Amerlingsche Bildnisstudie wird an dieser Stelle hervor-
gehoben (und demnächst abgebildet), um eine weitere Bestätigung meiner
Mitteilungen über die Technik der eingekratzten Striche (siehe Bd. III) zu
geben. Es ist das Bildnis des Bildhauers Marchesi und zeigt das flotte
Einkratzen der Schrift in die nasse Farbe besonders deutlich. Ein weiteres
Beispiel dieser Art ist die ins Nasse eingekratzte Schrift Rahls auf seinem
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