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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 4.1918/​1919

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Frimmel, Theodor von: Ein mählersches Bild mit einem vermutlichen Bildnis Beethovens
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https://doi.org/10.11588/diglit.52777#0064

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bittet, ihm das von Mähler ausgeliehene Bildnis bald wieder zurückzustellen,
da er es seinerseits einer fremden Dame leihen wolle. Mähler wollte das
Bild wiederholen.*) Mit Unrecht, so meine ich, ist dieser Brief auf das erste
Mählersche Beethoven-Bildnis von etwa 1804 bezogen worden. Denn von
einer Mählerschen Wiederholung des ersten Beethoven-Porträts ist ganz und
gar nichts bekannt. Das erste Porträt, das mit der Lyra, ist erst viel später
für den Beethoven-Forscher Al. W. Thayer kopiert worden.
Die Gruppe der drei Brustbilder Beethovens von Mähler fällt, wie
schon angedeutet, um mehr als zehn Jahre später als das Bildnis mit der
Lyra. Für die Ausführung des Brustbildes, die bei Mähler verblieb, ist (nach
Karajanscher Angabe) die Zeit vor dem 27. Mai 1815 anzunehmen. Das
Exemplar für Sonnleithner muß im August 1815 schon fertig gewesen sein,
da es in der Augustnummer von 1815 der Wiener „Allgemeinen Musik-
Zeitung“ schon erwähnt ist, und zwar im Zusammenhang mit Sonnleithners
Tonkünstlerporträten. Eine weitere Ausführung, die entweder verschollen ist
oder nicht zur Vollendung kam, scheint etwa erst 1820 gemalt worden zu sein.
Wenigstens ist in Beethovens Gesprächsbüchern (den Konversationsheften)
im März 1820 von einem begonnenen Bildnis des Meisters Beethoven die
Rede. Mähler fragt den Meister: „Haben Sie nach Frankfurt geschrieben, daß
ich Ihr Porträt angefangen habe?“ — „Kügelgen ist sehr geschickt“ [was
über das Bonner Kind, den Landsmann Beethovens, den Maler G. v. Kügelgen,
gesprochen wurde, läßt sich kaum mehr erraten. Vielleicht hatte Mähler,
Rheinländer, wie Beethoven und Kügelgen, persönliche oder künstlerische
Beziehungen zum Maler Kügelgen]. — „Sie müssen ja die Bestimmung Ihres
Bildes niemand sagen. Ich sage, daß ich für mich male“ — so schreibt Mähler
weiterhin auf. Ferner: „Heute habe ich eine gute Sitzung gehabt, weil ich
Ihnen viel beobachtet habe.“**)
Durch diese Mählerschen Eintragungen in eines der Konversationshefte
Beethovens und alles, was sonst über Mähler bekannt ist, wäre zunächst
ein verhältnismäßig vertraulicher Verkehr der beiden Rheinländer festgestellt.
Wenn nun auf einem Mählerschen Bildchen eine kleine Figur vor-
kommt, die glatt und zwanglos mit der Gestalt Beethovens übereinstimmt,
ist doch der Wahrscheinlichkeitsschluß nicht zu gewagt, daß Mähler Beet-
hoven, den Freund freier Luft und begeisterten Anbeter der Natur, einmal
auch dargestellt hätte, wie dieser im Freien dasteht, ruhig sinnend. Auf
dem Bildchen bei Dux ist, sagen wir sogleich: Beethoven in der Nähe einer
kleinen Kaskade auf einer schmalen Brücke dargestellt. Aus der einen hinteren
Rocktasche sieht etwas hervor, das man für eines der großen Notierungs-
hefte Beethovens ansprechen könnte. Oder ist das Taschentuch gemeint?
Dux hat nun längst ermittelt, daß die schmale Brücke auf dem Mähler-
schen Bild dem ehemaligen Steg über den Forstmeisterkanal im Laxen-
burger Park entspricht, wobei er sich auf die Herren im Baudepartement
der Wiener Hofburg beruft, denen er die Photographie des Bildes vorgelegt
hatte. „Sie erkannten sofort die Situation der Landschaft“ und sagten, es
sei dies der Forstmeisterkanal in der Nähe des Kaffeehauses, über den wegen
*) Siehe „Beethoven-Studien“ I, S. 63, wo der Brief nach der Urschrift abge-
druckt ist. Das Briefchen aus dem Jahr 1811 steht im „Beethoven-Jahrbuch“ II, S. 190.
**) Dieses Gespräch ist abgedruckt bei Friedrich Kerst, „Die Erinnerungen an
Beethoven“ II, S. 260 f.
 
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