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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 4.1918/​1919

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Frimmel, Theodor von: Van Dycks Fesselung des Samson
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https://doi.org/10.11588/diglit.52777#0088

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Gelb und Blau an den Gewändern im Mittelgrund (klares Blau an der
flatternden Schärpe oben mitten; helles Goldgelb im Gewand des großen
Soldaten etwas rechts von der Mittellinie). Man kann dieselben Töne bei
Van Dyck nicht wieder finden, wobei ich zwar etwas verallgemeinere, doch
auf die lebhafte Erinnerung an die herrliche Van-Dyck-Ausstellung in Ant-
werpen und auf viele andere Reiseerinnerungen bauen darf. Wo ähnliche
Zusammenstellungen von Gelb und Blau bei Van Dyck überhaupt vor-
kommen, sind es mehr gedämpfte Töne. So finden wir es beispielsweise
auf der Madonna mit dem seligen Hermann im Wiener Museum (Nr. 1039)
und auf der großen Madonna ebendort (Nr. 1040). Gelb und Blau sind auf
diesen Bildern viel stumpfer als auf dem Samsonbild, auch wenn man von
vielen Übermalungen absieht, welche die Helligkeit der Farben hie und da
trüben.
Im Samsonbild des Hofmuseums sind aus dem Rubensschen Atelier
noch die Helme und anderes Rüstzeug herübergenommen. Die Pinselführung
ist nicht gleichmäßig die des Van Dyck. Es fällt doch recht sehr der Gegen-
satz auf zwischen der Weichheit der Modellierung im Nackten des^Simson
und der Dalila zur Rauheit in der Ausführung der Rüstungen und der
schon erwähnten Gewandstücke in hellem Gelb und frischem Blau. Doch
will ich nicht etwa an der Benennung Van Dyck rütteln, auch wenn ich
nicht für jeden Pinselstrich einstehe und an fremder Mitarbeiterschaft fest-
halte. Die Benennung des Bildes ist bestens beglaubigt durch das Inventar
der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm von 1659 (dort als Nr. 112)*)
und durch Belloris „Vite« von 1672 (S. 262).**) Die Entstehungszeit des
Bildes im Hofmuseum ist noch nicht genau festgestellt. Ich möchte vermuten,
daß es gegen 1620 gemalt ist. Eine alte Wiederholung, ehemals bei Jo. Rey-
nolds, und einige Kopien werden in der Literatur erwähnt.***)
Um das angegebene Jahr wird wohl auch eine weitere Darstellung aus
der Geschichte des Samson entstanden sein, die aus dem Rubensschen
Atelier stammt und auch als Werk des Van Dyck gilt. Ich meine das Ge-
mälde: Simson wird geschoren, das sich im Dulwich-College zu London
befindet. Es ist noch mit Rubensschen Typen ausgestattet. Dieses jedoch
nur nebenbei. Wir haben es mit den Darstellungen der Gefangennahme
zu tun.
Das Exemplar bei Frau Geheimrat Bitto, dessen Entstehungszeit
noch zu erörtern ist, wird anbei zu bequemer Vergleichung abgebildet (auf
Tafel XXVII).
Überdies bringe ich eine Skizze aus dem Museum Ferdinandeum
in Innsbruck zur Abbildung, da sie in denselben Kreis des Rubens und

*) Siehe meine Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen, Bd. I, S. 152, und
die dort benutzte Literatur, einschließlich des Engerthschen Katalogs.
**) Bellori teilt u. a. mit, was späterhin nicht beachtet wurde, daß Van Dycks
Samson und Dalila als Geschenk eines Herrn Van Vonsel an den Erzherzog Leopold
Wilhelm gelangt ist. Bei Smith' ist die Herkunft unrichtig angegeben. Siehe die
nächste Note.
•**) Die Komposition ist auch mehrmals gestochen. Zum Wiener Bild Smith:
Catalogue raisonne, Bd. II, 1831, S 32, Nr. 110. (Die Herkunftsangabe, als Stamme das
Bild aus der Amsterdamer Sammlung Van Amory 1722, ist unrichtig. Damals war das
Bild längst im kaiserlichen Besitz ) Guiffrey: Van Dyck. Engerths Katalog. — Zur alten
Kopie in Hampton Court vgl. Laws Katalog Nr. 387 (S. 154).
 
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