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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 5.1920/​1921

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Frimmel, Theodor von: Gemälde und Kunstblätter in der Beethovenausstellung der Stadt Wien: (Bildnisse Beethovens - Porträte aus seinem Kreis - Die Halmschen Beethovenlocken)
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https://doi.org/10.11588/diglit.52778#0113

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er von seiner Militärzeit her das frische, stramme Wesen beibehalten, das
später Beethoven recht wohl gefiel. Als die Dienstzeit abgelaufen war, kehrte
er wieder zur geliebten Musikpflege nach Graz zurück. Nach dem, was der
Beethovenforscher A. W. Thayer noch von Halm selbst erfragen konnte,
hätte Halm schon als ganz junger Mensch noch vor dem Militärdienst einige
Kompositionen Beethovens öffentlich gespielt, so das C-Moll-Trio aus op. 1
und das Klavierkonzert in C-Dur. Von anderen Werken Beethovens konnte
er 1811 in Graz auch die Pastoralsymphonie und die Chorphantasie kennen
lernen, die (nach Bischoffs Mitteilungen im Beethovenjahrbuch) im Sommer
und Herbst 1811 in Grazer Musikakademien aufgeführt wurden Zu jener
Zeit konzertierte Halm schon selbst in Graz, und das mit durchschlagendem
Erfolg. Um 1813 war Halm lange Zeit bei der freiherrlichen Familie Duka
Ghika (in anderen Quellen Gyike genannt) in Ungarn als Musiklehrer. Dort
lernte er Fräulein Sebastiani kennen, welche Gesellschaftsdame von feiner
Bildung bei Ghikas war und die bald Halms Ehegenossin werden sollte.
Gegen Ende seines Aufenthaltes in Ungarn wohnte er (es wird nicht gesagt
wo; man kann schwanken, wählen zwischen Ofen, Marton-Vaszar und Ko-
rompa) bei Beethovens jungem Freund Franz Brunsvik. Und dieser gab Halm
einen Empfehlungsbrief an Beethoven nach Wien mit. Etwa 1814 oder 1815
zog das Ehepaar Halm nach Wien, und zwar zu bleibendem Aufenthalt
Wenn gelegentlich frühere Jahreszahlen für die Übersiedlung in die Kaiser-
stadt genannt werden, so hängt das wohl damit zusammen, daß Halm schon
vor 1814 vorübergehend in Wien gewesen wäre, was ohnedies mehr als
wahrscheinlich ist Halm wird nicht allzu lange gezögert haben, sein Emp-
fehlungsschreiben bei Beethoven abzugeben. Jedenfalls muß man den Beginn
einer persönlichen Verbindung spätestens 1815 ansetzen. Durch einen un-
datierten Brief Beethovens, vermutlich an Steiner, ist bei Lamara und Kalischer
einige Verwirrung in dieser Angelegenheit angerichtet worden, die übrigens
durch Thayer und Riemann aufgeklärt wurde. Dieser Brief gehört nicht ins
Jahr 1815, sondern 1826. Das Ehepaar Halm wußte es in Wien so einzu-
richten, daß Beethoven eine Einladung in die Familie Ghika (oder Gyike)
erhielt. Halm erinnerte sich daran, wie Beethoven in jener Gesellschaft sich
auf den Tisch setzte, den Damen zuschaute und dabei lachte. „Natürlich
konnte er nichts von dem verstehen, was gesprochen wurde.“ Halm scheint
zu meinen, daß die Damen eine fremde Sprache gebrauchten (er nennt die
Familie eine griechische), die Beethoven nicht verstand. Vielleicht spielt er
auch auf Beethovens Schwerhörigkeit an, die um jene Zeit schon recht
merklich war. „Auf dem Tisch lag Halms Trio, op. 12, ganz neu gestochen.
Beethoven bemerkte es, las den Titel, nahm seinen Bleistift und schrieb
zwischen die Namen Antoine und Halm das Wort „Stroh“. Dann suchte er
Halm auf, nahm ihn bei der Hand, führte ihn zum Tisch und zeigte, herz-
lich lachend, mit dem Finger auf das Geschriebene. 1816 fragte sich Halm
bei Beethoven wegen einer Widmung an. Er wollte seine C-Moll-Sonate,
op. 15, dem Meister widmen. Beethoven nahm die Widmung freundlich an,
wie er ja auch die Widmungen von Ries, Schubert und Sechter annahm. Er
schrieb dem jungen Tonkünstler: „Recht gern mein H(err) V(on) Halm,
werde ich die mir Von ihnen gemachte Zueignung ihrer Sonate fürs Klavier
in C-Moll auch im Stich annehmen —- ihr ergebenster
Wien, am 2. April 1816. Ludwig van Beethoven.“
 
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