Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

DOI Artikel:
Hager, Georg: Mittelalterliche Kirchhofkapellen in Altbayern
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0112

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
165

1899.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

160

haus schliefst sich östlich ein ebenso breiter,
aber nur 2,6 m langer Raum, der ein Quer-
tonnengewölbe hat, 2,4 m hoch ist und mittels
einer Treppe vom Friedhofe aus zugänglich
war. Ueber dem Quertonnengewölbe lag der
um mehrere Stufen erhöhte Chorraum der
Kapelle und die Apsis, welch' letztere aber
mit ihrer gröfseren Hälfte über die Ostflucht
des unteren Raumes hinausragte. Da ein
liturgischer Grund für die Ausscheidung eines
schmalen, unterirdischen Raumes im Osten des
Beinhauses sich nicht erkennen läfst, so ver-
muthe ich, dafs dieses Gewölbe zur Aufbe-
wahrung der Geräthe für den Todtengräber,

Abb. 2. Die ehemalige Michaelskapelle bei St. Emmeram in Regensburg. (Längsschnitt.)

der Todtenbahre etc. bestimmt war. Als beim
Neubau des Pfarr- und Mefsnerhauses die obere
Kapelle abgebrochen wurde, kamen in den
Längsmauern die ursprünglichen kleinen roma-
nischen Fenster zum Vorschein und zwar in
zwei Reihen übereinander. Da zwischen den
beiden Fensterreihen aufserdem die Spuren einer
ehemaligen Zwischendecke zu Tage traten, so
mufs die obere Kapelle wenigstens in der west-
lichen Hälfte einst doppelgeschossig gewesen
sein. Vielleicht hatte sie eine tiefe Westempore.
Von besonderem Interesse ist, dafs die Rahmen
der kleinen romanischen Fenster nicht wie ge-
wöhnlich aus Stein, sondern aus einem Stück
Holz bestanden. Mehrere dieser romanischen
Fensterrahmen werden im Ulrichsmuseum in
Regensburg und im bayerischen Nationalmuseum
in München aufbewahrt. Hölzerne Fenster-

rahmen sind an romanischen Kirchen selten.
In Oberbayern kenne ich solche nur noch an
der romanischen Basilika von Isen aus dem
Ende des XII. Jahrh. Doch sind sie hier aus
mehreren Stücken Holz zusammengesetzt.8]

Die eigenartige Anlage des Beinhauses der
Michaelskapelle von St. Emmeram verdient um
so mehr Beachtung, als sie in ähnlicher Weise
noch einmal in der Oberpfalz wiederkehrt,
nämlich in Chammünster. Hier steht in der
Nordostecke des ausgedehnten Friedhofes ein
romanisches Beinhaus, das erst im Jahre 1820
in einem Schutthügel wieder entdeckt worden
ist. Durch die Volkssage, in Chammünster sei
eine Kirche versunken,

aufmerksam gemacht,
liefs Dekan Dr. Bon-
gratz 1820 in diesem,
mit Gras und Obst-
bäumen bewachsenen
Hügel graben. Bald

stiefs man gegen
Westen auf eine Mauer
!und in derselben auf
eine Thüre, welche in
ein mit künstlich auf-
geschichteten Todten-
gebeinen gefülltes Ge-
wölbe führte. Ein öst-
lich angrenzendes
schmales Gewölbe war
ebenfalls mit Gebeinen
gefüllt.9) Dekan Bon-
gratz war der Meinung,

er habe die Cella gefunden, welche in einer Ur-
kunde vom 14. Dezember 819 als St.Emmeramer
Besitz in Chammünster erwähnt wird. Als die
Cella nach Erbauung der Kollegiatkirche über-
flüssig erschien, sei sie als Beinhaus benützt wor-
den, das endlich auch unter dem Schutte ver-
schwand. Da Bongratz seinem Funde grofsehisto-

8) Zu den Abbildungen bemerke ich, dafs in dem
Grundrifs, welcher den Neubau des Pfarr- und Mefsner-
hauses von St. Emmeram zur Klarstellung der Situa-
tion mitenthält, die ursprüngliche Form der Kapelle
durch Schraffirung gekennzeichnet ist. In dem Längs-
schnitte ist die spätere Verlängerung der oberen
Kapelle gegen Westen weggelassen, im übrigen aber
der Bestand vor dem Abbruche gegeben mit Zu-
fügung der beim Abbruche entdeckten romanischen
Fenster und der Zwischendecke.

9j Kurzer Fundbericht im »Intelligenzblatt des Unter-
donau-Kreises« (1820) S. 314. Ich benütze aufser-
dem Akten.
 
Annotationen