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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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Firmenich-Richartz, Eduard: Der Meister des heiligen Bartholomäus: Studie zur Geschichte der altkölnischen Malerschule, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0174

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263

1899. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

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scherzen und mag mit Lachen zugeschaut
haben, wie die ersten Betrachter des Thomas-
altares die Brummfliege zu verscheuchen suchten,
die sich auf der rechten Flügeltafel am Boden
sonnt.

Völlig in seinem Element ist der Maler bei
der ausführlichen Veranschaulichung einer ein-
fachen Aktion der Hände, bei der die nervöse
Beweglichkeit der einzelnen langen, dünnen
Finger besonders hervortritt. Mit zaghafter
Umständlichkeit schiebt z. B. auf dem Mittel-
stück des Thomasaltares der bekehrte Jünger
seine Rechte — ein wahres Meisterstück mi-
nutiöser Durchführung mit ihrer weichen, fal-
tigen Haut, dem Geästel der blauen Adern —
in die Seitenwunde des verklärten Erlösers.
Christus hat mit gespreizten Fingern den Arm
des Apostels erfafst und leitet vorsichtig dessen
Bewegung.

Eine gesuchte übertriebene Regsamkeit der
Gliedmafsen, das Bemühen, jedes Motiv zu er-
schöpfen und mit äufserster Deutlichkeit durch-
zubilden, kann als ein wesentliches Merkzeichen
der bizarren Auffassungsweise unseres Künstlers
bezeichnet werden.

Es fehlte natürlich nicht an Versuchen, den
Namen und Bildungsgang dieses sonderbaren
Meisters und die Zeit seiner Thätigkeit ausfindig
zu machen. Als der Altar des hl. Bartholo-
mäus mit sieben Einzelfiguren2) im Beginn
unseres Jahrhunderts von den Brüdern Boisserde
aus der Kölner Columbakirche erworben wurde,
war die Feinheit und der Reiz der malerischen
Durchbildung dieser Tafeln der einzige Beweg-
grund für die irrige Zuweisung an den be-
rühmten Holländer Lucas van Leyden.

Aus derChronologia CarthusiaeColoniensis8)
gewann man später einiges zuverlässiges Ma-

*) München, Kgl. Pinakothek Nr. 48, 49, 50. —
Lithographien von Strixner, Photographien von Hanf-
stängl und Bruckmann. »Klass. Bilderschatz« Nr. 1603.
— Das Wappen (rother Adlerflug und zwei Kleeblätter
im grauen [weiisen?] Feld) sowie die bürgerliche
Marke finden vielleicht noch ihre Deutung auf eine
Kölner Patrizierfamilie.

3) Merlo „Kunst und Kunsthandwerk im Kart-
häuserkloster zu Köln" in den »Annalen des historischen
Vereins für den Niederrhein 45« — i,1481 11 augusti
s. Tiburtii mart. sacro die bina recenter in odaeo
erecta altaria ipsis manibus archipraesulis Ilermanni
consecrata fuerunt: dexterum in honorem ss. trinitatis,
gloriosae virginis Mariae, exaltationis sanctae crucis
specialis palronae, s. Joannis Baptistae, s. Andreae
apostoli, ss. Vincentii, Quintini et Viti martyrum,

terial, um wenigstens die Entstehungszeit und
die Stifter zweier Hauptschöpfungen, desThomas-
und des Kreuzaltares im Wallraf-Richartz-
Museum zu fixiren. Beide Flügelwerke stammen
aus der Kölner Karthause und zwar von den
Seitenaltären am Lettner, die 11. August 1481
durch den Erzbischof Hermann von Hessen
geweiht wurden. Zu deren Ausschmückung
mit Gemälden machte zuerst der Laienbruder
Johann von Strafsburg im Jahre 1485 eine
Schenkung von 105 Goldgulden. Beim Tode
des Patriziers Dr. utr. jur. Peter Rinck am
8. Februar 1501 wird dann ferner erwähnt,
dafs die Klosterkirche diesem Wohlthäter den
kostbaren Schrein auf dem Kreuzaltar verdanke,
und dafs er schon früher 250 Goldgulden für
die Gemälde des Thomasaltares gespendet
habe. Die erste Dotation erfolgte vermuthlich
noch 1485, da Rinck damals das Amt eines
Rektors der Universität innehatte.4) Der Chronist
gibt dem späteren Werk bei weitem den Vor-
zug, verschweigt aber den Namen des Urhebers
und so bleibt die Vermuthung, dafs jener
Meister Christophorus,5) der unter dem Prior
Hermann Apeldorn 1471 eine zartgetönte Tafel
für den Altar der hl. Engel in wunderbarem
Farbenschmelz schuf, nun auch jene uns er-
haltenen Bilder gemalt habe, ohne Beweisstück.

ss. Caeciliae, Agnetis, Eufemiae ac Dorotheae virgi-
num: repositis in eodem de s. cruce, ss. Joannis Bapt.)
Vincentii, Christinae, Dorotheae etc. reliquiis.

Sinistrum in honorem ss. Ariados, deiparae vir-
ginis, s. Thomae apostoli specialis patroni, s. Joannis
evang., s. Hypoliti mart., ss. Hieronymi, Ambrosi,
Aegidii confessorum, ss. Helenae reginae, Mariae
Magdalenae, Mariae Aegyptiacae, Afrae, Symphorosae
ac Felicitatis, reclusis de s. cruce, ss. Hypoliti, Ger-
mani, Caeciliae, Helenae etc. reliquiis . . ."

„Anno 1485. Ipso anno f. Joannes de Argentina,
conversus in sua professione deputavit 105 aureos pro
picturis tabularum duorum altarium in odaeo."

4) H. Keussen »Matrikel der Universität Köln«
255, 51. — Chronologia Chart. Col. „Anno 1501
8 februarii naturae debitum solvit clariss. d. Petrus
Rinck, i. u. d., quondam nostrae domus novitius, sed
invalescentibus morbis habitum exuere compulsus,
praecipuus noster maecenas, a quo praeter beneficia
in vita collata e testamenti sui tabulis adepti 200
florenos communes, medietatem capellae suae, tabulam
nempe pro ara s. crucis in odaeo (cuius similem prius
obtulerat ad aram s. Thomae, 250 aureis tunc tem-
poris, sed minus aestimatam, cum sit pretiosissima),
item . . . ."

6) „Ipso anno tabula altaris ss. angelorum a. m.
Christophoros egregiis picturae coloribus fuit adum-
brata."
 
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