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Allgemeine Literaturzeitung: Supplemente zur allgemeinen Literatur-Zeitung — 1785 (1787)

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Supplemente zur Allgemeinen Literatur-Zeitung vom Jahre 1785 - Erste Lieferung
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Numero 8
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https://doi.org/10.11588/diglit.47940#0040
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SUPPLEMENTE
fei entstartden. Er hat nemlich entdeckt, dass in
Ingermannland in versch edenen Kirchspielen eine
besondere Völkerschaft ist, welche sich Tschuden
nennt. Sie wohnen daselbst zerstreuet, und er hat
nur diejenigen, welche im kattilaischen Kirchspiele
wohnen, persönlich kennen gelernt. Vier russische
Dörfer sind damit ganz angefüllt, in zweyen aber
findet man nur wenige. Sie haben eine ganz eige-
ne und mit der ruffischen gar nicht übereinkom-
mende Sprache. Der Finnischen Sprache aber ist
sie so ähnlich} dass beide Völkerschaften einander
verliehen können. Mit der esthnischen hat sie eine
entferntere Aehnlichkeit» aber mit der keltischen
und kurischen gar keine. Zur Probe bringt er ein
tschudisches Volkslied mit einer deutschen Ueber-
setzung bey. Auch in der Kleidung unterscheiden
sie sich, jedoch am meisten in den Religions- und
andern Gebräuchen, wovon viele Beyspiele ange-
führt werden. Die Rußen Spotten ihrer, und psse-
gen sie schimpfweise: Gottesvergejsene Tfchuden zu
nennen. Sie geben sich übrigens für ein sehr altes
Volk, und für die Abkömmlinge der alten berühm-
ten Tschuden aus. Der Verf. schliesst daraus mit

Z. A. L. Z. I7SS.
vieler Wahrscheinlichkeit, dafs vielleicht dieseS
Volk in einem Theile Russlands, z. B. in Inger-
mannland , als Aborigines betrachtet werden könn-
ten. P'on dem gefetzmäfsigen Erbgange in Livland
(vermuthlich von dem Herausgeber selbst). Zuerst
die Quellen -dieses Rechts, deren nicht weniger als
dreyzehn sind. Ausser den beweglichen Gütern
giebt es hier noch dreyerley Arten: i) Erb - oder
Allodialgüter; 2) Mannlehn oder Norkiöpingsbe-
schlussgüter; und 3) Pfandgüter. Wir wollen zur
Probe aus dieser Abhandlung, welche im Ilten
Bande fortgesezt werden Soll, nur einiges anführen.
Von Erbgütern bekommen die Söhne das doppelte
Antheil der Töchter, und die Wittwe eines Sohnes
Theil. Auch bekommt diese, sie mag beerbt oder
unbeerbt seyn, alle bewegliche Güter des Mannes.
Gebiert die Frau nach ihres Mannes Tode einen
Sohn: so erlischt die Morgengabe; wird sie aber
von einer Tochter entbunden, so erlischt sie nicht.
Sind beide Eltern verdorben, so bekommen die
Söhne von den Erbgütern des Vaters oder der
Mutter zweimal so viel, als die Töchter.

KLEINE SCHRIFTEN.

FreyberG bey Craz : Bergmännischer Beytrag zu der
von der Königl. Grossbrit. Societät der Wissenschaften auf
das lahr 1781 ausgestellten Preissrage: Wie waren die Berg-
werke der Alten eigenthümlich beschcissen und eingerichtet?
Und l'dsst sich nach aiigeftellter Vergleichung derselben, mit den
unsrigen, zum Vortheil des Bergbcmes , und (der) Hüttenwerke
in unsern Zeiten, etwas von den Alten lernen ? von Chriftian
Hieronimus Lommer, Churfiirstl. Sächs. Bergmeister ^auf
St. Annaberg, 1785· 44· S. 4. (7 gr.) .
Im Eingänge bezeugt Hr. Lommer, dass es nicht wohl
möglich sey, aus Autoren eine so zus immenhängende Ge-
schichte der Bergwerke der Alten herauszubringen, dass man
eine vollständige Vergleichung zwilchen den Vorzügen der
Alten und der Neuern im Betrieb und Versasfung der Berg-
werke ziehen könnte , und will lieber diesen Gegenstand aus
dein Steigen und Fallen der zum Bergbau erforderlichen Htilfs-
wissenschaften beurtheilen. Nachdem er eine kurze Erklärung
von dem Umfange des Wortes Bergbau gegeben, unternimmt
er den ausführlichen Beweis, dass mit Erhebung der mathe-
matischen, physischen, naturhistorischen und chemiichen
Wisfenschaften lieh auch die Bergwerkswissenschaft über alle
vergangene lahrhunderte erhoben hat. Er zeigt, wie sehr
man in allen einzelnen Theilen des praktischen Bergbaues zu-
riickgewelen, vorzüglich aber in der Mineralogie, Gebirgs-
kunde, Markscheidekunst, der Förderung und Aufbereitung
der Erzte, im Maschinenwesen, der Schmelzkunst u. s. w., von
denen man einige, als die Gebirgskunde und Markscheide-
kunst, gar nicht einmal gekannt hat, weil der Gebrauch des
Compaises 1302 entdeckt (?) und, nachher erst bey der Schif-
farth und noch Ipäter beym Bergbau eingefiihret worden.
Da man gegenwärtig im Sächsischen Erzgebirge auch alte
Gruben wieder aufgewältiget, die länger als 200 Iahre ganz
gelegen haben ; so hatte Hr. L. häufige Gelegenheit, Arbeiten
und Gezähe (Werkzeuge) der Vorfahren zu betrachten, wor-
aus deutlich erheliete, dass es ihnen nicht darum zu thun
gewesen sey , Mühe und Kosten zu sparen, und ihren Gruben
lange Dauer auf die Zukunft zu geben. Eben so mangelhaft
war die politilcne Verfalsung bey inren Bergwerken, und die
Schmelzkunst.
Aus allem Obigen wird also sehr klar ins Licht gesetzt,
wie sehr der Bergbau unserer Zeit nach seinem Zustande,
Einrichtung und y ertaiiung lowolil, als nach Anleitung der

dieses Geschäft begleitenden Hiilfswisienschaften gegen vorige
Zeiten einen grolsen Vorzug erlangt hat. Uebrigens ist die
ganze Ausführung des Η. V. sehr leienswerth und unterhaltend
und mit Entfernung aller unsichern Speculation lediglich auf
den grolsen Vorrath praktischer Kenntnisse gegründet, die den
Herrn V. als einen verdienten Bergbeamten rühmlich auszeich-
nen. Nur hat Hr. L., so angenehm seine hier gegebnen Nach-
richten sind, den wahren Gegenstand der Preisfrage verfehlt,
die nicht sowohl eine Vergleichung der neuern Bergwerke
mit den altern deutschen , als mit den Bergwerken der sonst
gewöhnlich sogenannten Alten, d. i. der Griechen und Rö-
mer, foderte.
Breslau, bey Löwe, Ueber den Werth und die
Rechte der öffentlichen Erziehung. Eine Einladungsschrift von
Phil. Jul. Lieberkühn, Reet, und Prof, des Elisab. Gymnas.
und Insp. der evangel. Schulen in Breslau. 17S5. 60. Seiten,
gr. 8. (Preis 4 gr.)
Die vornehmsten Vortheile der öffentlichen Erziehung
sind: dass sie einen Volkscharakter bildet, (wenn sie darnach
eingerichtet ist); dass sie alle Stände der Gesellschaft umfasst,
(sie sollte und könnte es, bis hieher aber thut sie es nicht, aus
Mangel der Aufsicht von Polizey wegen; für den Biirgerstatid
giebt es fast keine Schulen) ; dass sie unter der Aufmerkfam-
keit des Publikums steht; dais die Lehrer geprüft und gewählt
werden, (wollte es der Himmel doch!); dass die Jugend durch
Nacheiferung beseelt wird , und Gemeingeist bekömmt; dass
sie in ihren Anstallten manche Hülfsmittel hat, die bey.der
Privaterziehung fehlen. (Recens. würde zum Leben der öffent-
lichen Erziehung sagen, wenn sie das wäre, was sie seyn soll-
te , dass dadurch 1. die Jugend wirklich erzogen würde., weil
die Polizey darüber wachen könnte, was sie bey der Privater-
ziehung nicht kann, daher denn manche Kinder gar nicht er-
zogen werden. 2. Die Jugend einsörmig erzogen, und 3. für
den Staat gebildet werde.) Die Rechte der ösfentlichen Erz.
gehen auf die Theilnehmung un i gemäßigte Beurtheiung des
Publikums. _ Die Vorsteher derselben haben das Recht den
Unterricht anzuordnen, etc. Der Verf. schliesst mit der
Beurtheiltmg einiger jungen Leute, die sein Gymnasium
verlassen. Die Schrift ist so, wie man sie von dem Verf. er-
warten kann.
 
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